Der Bund will den Nationalen Finanzausgleich zugunsten der Geberkantone anpassen – doch die Nehmerkantone sperren sich. Jetzt fordern Basler und Baselbieter Parlamentarier, dass sich die beiden Kantonsregierungen stärker einsetzen.
Der Nationale Finanzausgleich (NFA) ist ein Zankapfel sondergleichen. Das System meint es an sich gut: Finanzstarke Kantone sollen finanzschwachen Kantonen Geld bezahlen. Damit will der Bund eine finanzielle Balance zwischen den Wirtschaftstreibern und den ländlichen Regionen herstellen: die Schweiz, ein einig Volk von Gebenden und Nehmenden. Und zu Ersteren gehören auch die beiden Basel.
Doch der NFA ist mittlerweile arg belastet. Mittlerweile sagt auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, dass der NFA-Topf, in den die sogenannten Geberkantone einzahlen, «überdotiert» sei. Weil selbst der finanzschwächste Kanton Uri in den vergangenen Jahren über der Zielgrösse von 85 Prozent des Schweizer Durchschnitts lag, sollen die Geber 2016 um satte 134 Millionen Franken entlastet werden. So will es der Bundesrat, so wollen es die Geberkantone.
Beide Basel sehen sich im System benachteiligt
Doch der Ständerat wehrte sich in der Wintersession gegen die Entlastung der Geber: Die Nehmerkantone zeigten sich nicht bereit, auf die harten Franken zu verzichten. Das führte sogar so weit, dass der Geberkanton Zug ankündigte, auf die Zahlung schlicht zu verzichten.
Angesichts der angespannten Budgets in beiden Basel treten nun auch in beiden Kantonen Parlamentarier auf den Plan. FDP-Grossrat Christophe Haller und Grünen-Landrat Klaus Kirchmayr fordern, dass ihre Regierungen prüfen, mit welchen Massnahmen sie die Nehmerkantone überzeugen wollen, um den NFA substanziell zu revidieren.
«Wir sehen beide Kantone in diesem System benachteiligt», sagt Christophe Haller, der seinen Anzug heute einreichte. «Wir wollen nicht, dass unsere Steuergelder über Gebühr in die Nehmerkantone gehen.» Für seinen Vorstoss habe er aus allen Grossfraktionen Mitunterzeichner gefunden, er geht also davon aus, dass der Anzug gute Chancen hat, überwiesen zu werden.
Standesinitiative als nächster Schritt
Gerade angesichts der Infrastrukturprojekte wie dem Doppelspurausbau der Gleise im Laufental oder der Basler Osttangente, die vom Bund vernachlässigt würden, sehen Haller und Kirchmayr Handlungsbedarf. Kirchmayr wird sein Postulat morgen Donnerstag im Landrat einreichen.
Der Druck aus den Geberkantonen nimmt damit zu. Der Kanton Waadt hat bereits eine Standesinitiative formuliert, die in der Frühjahrssession des Nationalrats auch behandelt wird. So weit wollen Haller und Kirchmayr noch nicht gehen, «aber es wäre ein nächster Schritt», sagt der FDP-Grossrat. Auch Kirchmayr sagt: «Wir müssen das Pulver nicht schon jetzt verschiessen.» Kirchmayr hofft darauf, dass über eine Lösung diskutiert wird, «die verhindert, dass wir alle paar Jahre wieder in derselben Situation sind».
Der Nationalrat bereitet sich derweil schon mal auf eine heftige Debatte vor. Dabei stehen die Zeichen gut, dass die Geberkantone erhört werden. Gestern Montag hat die Finanzkommission des Nationalrats mitgeteilt, dass sie den ständerätlichen Entscheid korrigieren will. Die Kommission hiess den Vorschlag von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die Geber zu entlasten, mit 16 zu 9 Stimmen gut.
Chancen stehen für Nationalratsdebatte gut
«Die Stimmung war auch bei den Kollegen aus den Nehmerkantonen positiv», sagt die Baselbieter FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger, die in der Finanzkommission Einsitz hat. «Ihnen ist offenbar bewusst, dass die Geberkantone derzeit zu stark belastet werden.» Deshalb sei die Kommissionsmehrheit für die Bundesratsvorlage überhaupt zustande gekommen.
Die Diskussion habe nun begonnen – das sei ein erster Schritt, sagt Schneeberger: Obwohl die Geberkantone auch im Rahmen der eidgenössischen Finanzdirektorenkonferenz sehr aktiv seien und im Nationalrat das Bewusstsein für die Anliegen der Geber wachse, werde die Debatte intensiv.
Die Zeit für Hallers und Kirchmayrs Aufforderung zum Einwirken ist allerdings knapp. Das Geschäft ist im Nationalrat bereits auf die Frühjahrssession angesetzt, die am 2. März beginnt. Folgt der Nationalrat seiner Kommission und korrigiert er den Ständeratsentscheid, wird es zur Differenzbereinigung zwischen den Räten kommen. Damit wäre zumindest nach Kirchmayrs Ansicht die Diskussiongrundlage geschaffen, um weitergehende Schritte zur Revision des Finanzausgleichs einzuleiten.
Nettoausgleichszahlungen pro Kanton per Dienstag, 8. Juli 2014. (Bild: KEYSTONE/GERHARD RIEZLER)