Basel-Stadt unterstützt natürliches Gebären

Das Basler Geburtshaus hat vom Kanton eine neue Betriebsbewilligung erhalten. Für die Hebammen hat das auch einen symbolischen Wert: Ihr Einsatz für die natürliche Geburt wird endlich ernst genommen.

Die Hebammen Monika Barth, Safak Ferahkal und Christine Eigenmann (v.l.) vor dem Geburtshaus Basel. (Bild: Jasmin Schraner)

Das Basler Geburtshaus hat vom Kanton eine neue Betriebsbewilligung erhalten. Für die Hebammen hat das auch einen symbolischen Wert: Ihr Einsatz für die natürliche Geburt wird endlich ernst genommen.

Betritt man den Geburtsraum, ist man im Herz des Geburtshauses Basel. In einem schlichten, aber warmen Umfeld findet hier das emotionale Erlebnis statt. Einige Wände sind orangefarben, eine Badewanne steht dominant im Raum. Der Wickeltisch aus Holz erinnert an die Kinderzimmer von früher.

Der Moment nach der Geburt sei immer still, sagt Safak Ferahkal. Er habe etwas Heiliges an sich. Die Hebamme zeigt auf den weissen Steinboden: «Hier legen wir dann eine grosse Matte aus». Manche Frauen gebären auf dem Bett, andere auf dem Boden.

Nicht wie im Spital: Im Geburtshaus Basel soll sich die Geburt in einer vertrauten Atmosphäre abspielen.

Nicht wie im Spital: Im Geburtshaus Basel soll sich die Geburt in einer vertrauten Atmosphäre abspielen. (Bild: Jasmin Schraner)

Wer hier sein Kind zur Welt bringt, hat sich gegen die klinische Atmosphäre und für ein vertrautes Umfeld entschieden. Eine Entscheidung, die im Wissen getroffen wurde, dass der nächste Operationssaal nicht nebenan ist. Nach der Geburt wird Ferahkal draussen Papierkram erledigen: Die neue Familie soll sich in Ruhe kennenlernen.

Raus aus dem Nischendasein

Für die fünf freiberuflichen Hebammen, die hier arbeiten, hat eine neue Ära begonnen. Das Gesundheitsdepartement hat ihnen kürzlich als erste Institution auf der Kantonalen Spitalliste eine neue Betriebsbewilligung erteilt. Die Gemeinschaftspraxis – bisher so etwas wie ein Tipp für Insiderinnen – wurde zum Geburtshaus mit offiziellem Auftrag des Kantons.

Das ist bemerkenswert, denn ihre Philosophie entspricht so gar nicht dem Effizienzdruck im Gesundheitswesen. «Sie haben erkannt, dass wir wirklich für die Frauen arbeiten. Auch wenn es für uns nicht wirklich rentiert.», sagt Christine Eigenmann.

Gemeinsam mit Safak Ferahkal und Monika Barth leitet sie das Geburtshaus Basel.«Eine Frau soll an einem Ort gebären können, der für sie stimmt: zu Hause, im Spital oder im Geburtshaus», ist Monika Barth überzeugt. Wie die Hebammen erzählen, wird deutlich: In ihrer Arbeit steckt echte Überzeugung, und für diese haben sie schon einiges auf sich genommen.

Permanent auf Abruf

Sieben Tage pro Woche sind die Hebammen erreichbar für ihre eins-zu-eins betreuten schwangeren Frauen. Die Zusammenarbeit  ist sehr persönlich, fast familiär. Schwangerschaftskontrollen brauchen hier manchmal viermal so lange wie beim Arzt – doch die Zeit müsse man sich nehmen.

«Es geht nicht nur um das verbale Kennenlernen, sondern um die Beschaffenheit des Körpers. Und wir schauen, wie das Kind wächst. Das ist ein Handwerk», sagt Barth. Für dieses Handwerk verdienen die freiberuflichen Hebammen seit zwanzig Jahren den gleichen Lohn. Ohne Leidenschaft hätten sie diesen Beruf vielleicht längst aufgegeben.

In den letzten Jahren sind zudem einige administrative Arbeiten hinzugekommen; die Bewilligung verlangt viel mehr Zahlen und Statistiken als früher. Doch werden sich deshalb mehr Frauen für eine Geburt im Geburtshaus entscheiden?

Die Hebammen lassen das auf sich zukommen. Ideen haben sie bereits. «Wenn die Nachfrage jetzt tatsächlich steigt, wäre ein zweites Geburtshaus in der Stadt eine Möglichkeit.» Auch ein Umzug ziehen die drei Frauen in Betracht. «Wir träumen ein bisschen von mehr Luxus», sagt Ferahkal. «Ein Garten oder ein Kursraum, das wäre schon toll.» 

Sieg gegen die grossen Versicherungen

Bestärkt wurden die Hebammen im November auch von einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses entschied, dass die Grundversicherungen ab sofort die Infrastrukturkosten von 700 Franken bei einer Geburt im Geburtshaus übernehmen müssen.

Die Versicherer wehrten sich zuvor dagegen: Ein Geburtshaus sei ineffizient und nicht genügend ausgelastet. Die Schwangeren wurden lange Zeit privat zur Kasse gebeten.

Damit ist jetzt Schluss. «Gebären und Effizienz: Diese zwei Begriffe kann man nur am Schreibtisch zusammenbringen, nicht aber, wenn man bei einer Geburt dabei war», sind die drei Hebammen überzeugt. Dass nun Geburtshäuser gleich behandelt werden wie Geburtsabteilungen von Spitälern, ist für sie ein grosser Erfolg, für den sie sich lange eingesetzt haben.

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