Basel und die Krux mit den Parkings

Kaum werden Pläne für ein Parking publik, regt sich Widerstand. Die einen stört der Baulärm, die anderen wollen mit ihren Autos nicht unter die Erde. Ein Dilemma in vier Akten. 

Es ist ein Dilemma: Jeder will einen Parkplatz, niemand will Suchverkehr und teuer soll es bitte auch nicht sein.

Parking. Pumpt Ihnen dieses Wort das Blut schneller durch die Adern? Falls ja: Sie sind nicht alleine. Wo auch immer in der Stadt ein Parkplatz weggemalt und dafür unter der Erde neu angelegt werden soll, gehen die Wogen hoch.

Dabei sind es doch eigentlich hehre Ziele, die Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels mit seiner Strategie verfolgt. Er will eine lebhafte, moderne Stadt – mit wenigen Autos. Sie sollen in der Innenstadt langsamer fahren, in manchen Strassen gar nicht und möglichst überhaupt nicht auf der Allmend parkieren.

Sie sollen deshalb in der Innenstadt in den Untergrund und in Wohnquartieren in Quartierparkings. Die Anwohner finden das gar nicht fair. Denn für die Finanzierung sollen sie vorab mit einer doppelt so teuren Anwohnerparkkarte aufkommen, damit sie hinterher neue Parkplätze haben, die noch mal teurer sind.

Es ist also ein Interessenskonflikt, ein klassisches Dilemma. Um diese vier Parkings zanken sich die Basler aktuell:

1. Kunstmuseum

Ausgangslage: Nach zwanzig Planungsjahren ist endlich die Finanzierung geklärt: Die Credit Suisse übernimmt die rund 52 Millionen Franken.

Die Baustelle wird oberirdisch rund ein Jahr lang für Behinderungen sorgen. In erster Linie ist der öffentliche Verkehr eingeschränkt, der nur einspurig über die Wettsteinbrücke fahren kann.

Zankapfel: Die Parkplatz-Kompensation. Laut Umweltschutzgesetz müssen 60 Prozent der neuen unterirdischen Parkplätze oberirdisch abgebaut werden. Hier sind es 210 Plätze, die im Quartier verschwinden müssen.

Pragmatische Lösung: Der Regierungsrat will, dass die abgebauten Parkplätze auf der Kaserne oder beim Birsigparking auch dazuzählen. Macht netto nur noch 100 oberirdische Parkplätze weniger.

2. Landhof

Ausgangslage: Am 23. Juni 2017 kam die Info per Regierungsmitteilung: Unter den Landhof soll ein Parkhaus gebaut werden. Begründung: «Insbesondere in den Zeiten unter der Woche zwischen 7.00 und 9.00 Uhr besteht eine erhöhte Nachfrage nach Parkplätzen, da viele Anwohnende noch nicht zur Arbeit gefahren, aber Mitarbeitende sowie Besucherinnen und Besucher der umliegenden Firmen bereits auf Parkplatzsuche im Quartier sind.»

Zankapfel: Die Anwohner aus dem Wettsteinquartier waren empört, da sie keine Baustelle, sondern weiterhin ihre Grünfläche nutzen wollen. Widerstand gibt es von denen ohne wie auch von denen mit Auto. Beide Parteien sehen sich benachteiligt.

Kontra der Bewohner ohne Auto: Sie wollen nicht für die Parkplätze der Autobesitzer büssen müssen.

Kontra der Autobesitzer: Bisher können sie mit Anwohnerparkkarten auf öffentlichem Grund parken. Künftig müssten sie eine deutlich teurere Dauerkarte im Parkhaus bezahlen. Für die Pendler soll es weiterhin Tageskarten für oberirdische Parkplätze geben. Das finden die Anwohner ungerecht.

3. Tschudi-Park

Ausgangslage: Bevor das Kinderspital UKBB 2011 seinen Betrieb aufnahm, hiess es, es brauche kein Parkhaus. Schliesslich befindet sich in unmittelbarer Nähe das City Parking mit 900 Plätzen. Doch diese Überlegung hat sich aus Sicht der Verantwortlichen als falsch erwiesen. Gerade Eltern, die in den Notfall kommen, wollen nicht noch rasch ihr Auto umparken, während ihr Kind in der Notaufnahme ist. Deshalb brauche es ein näher gelegenes Parking.

Zankapfel: Der Baulärm. Die Anwohner müssen seit 2013 Abriss- und Bauarbeiten über sich ergehen lassen, weil auf dem Schällemätteli-Areal ein neuer Campus entsteht. Die Bauarbeiten am Biozentrum ziehen sich nervig lange hin. Tenor: «Jetzt reichts!»

Lösung des Konflikts: Nicht in Sicht. Wer sieht schon ein, für Planungsfehler eines Spitals büssen zu müssen?

4. Erdbeergraben

Ausgangslage: Der Zolli will 100 Millionen Franken in das Ozeanium stecken, das mit Oktopus, Haien und selbstgezüchteten Korallen Zuschauerscharen nach Basel locken soll. Aber schon jetzt sind die Parkplätze knapp und die heutigen Plätze sollen Zoo-Fläche werden.

Zankapfel: Dass nicht nur die 140 wegfallenden Parkplätze in ein Parking wandern sollen, sondern dort Platz für 300 Autos entstehen soll. Das heisst, dass andernorts im Quartier weitere Parkplätze wegfallen müssen. Anwohner befürchten deshalb, dass sie keinen Parkplatz mehr auf der Strasse finden.

Umweltverbände wehren sich dagegen, dass am Erdbeergraben zusätzliche Parkplätze entstehen sollen. Der Zolli sei mit dem öffentlichen Verkehr so gut erschlossen, dass die Anfahrt per Auto unnötig sei.

Mögliche Lösung für die Anwohner: Es gibt eine Interpellation, die erwirken will, dass auf die Quartierbevölkerung Rücksicht genommen wird. Bisher ist unklar, wie viele oberirdische Parkplätze am Ende wegfallen müssen. Vielleicht kann eine grosszügige Auslegung – wie beim Kunstmuseum – die eine oder andere blaue Markierung retten.

Und jetzt?

Es ist eine leidige Diskussion, die um die Parkplätze und Parkings geführt wird. Denn letzten Endes ist jeder auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Argumente wider die Notwendigkeit eines Autos in der Stadt überzeugen Automenschen nicht. Und der Streit über den angemessenen Preis von öffentlichem Boden, der von privaten Wagen blockiert wird, verhärtet nur die Fronten.

Nicht als Lösung, aber vielleicht als Lichtblick mag gelten, dass die Baslerinnen und Basler mit Hans-Peter Wessels einen gnädigen Sündenbock gefunden haben. Dieser kann die bösen Kommentare von beiden Seiten mit einem Lachen hinnehmen.

Mehr zu Hans-Peter Wessels und dem Basler Parkplatz-Problem

https://tageswoche.ch/stadtleben/fuenf-gruende-warum-das-parkieren-viel-zu-billig-ist-laut-wessels/

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