Fusion und Privatisierung von Kantonsspital Baselland und Universitätsspital Basel haben diese Woche für rote Köpfe gesorgt. Da kam die Podiumsveranstaltung der Vereinigung für eine starke Region Basel/Nordwestschweiz gestern Abend in Liestal gerade recht. Gesundheitsdirektor Thomas Weber haderte nicht, sondern warb für sein Vorhaben.
Ein Gespenst geistert durchs Baselbiet, aufgescheucht durch die Medien aufgrund eines Strategiepapiers, das nicht nur einen Zusammenschluss des Universitätsspitals Basel und des Kantonsspitals Baselland vorsieht, sondern auch die Umwandlung der neuen Körperschaft in eine Aktiengesellschaft. Von Fusion und Privatisierung war und ist die Rede. VPOD, SP, «Gesundheit für alle» liefen Sturm.
Gestern Abend lud die Vereinigung für eine starke Region Basel/Nordwestschweiz zu einem Podiumsgespräch ins Kantonsspital Baselland in Liestal, um die Frage nach der künftigen Gestaltung des hiesigen Gesundheitsraumes zu stellen. Das perfekte Timing war Zufall; der Termin stand schon lange fest. Trotzdem gab es nur ein Thema: Fusion und Privatisierung der öffentlichen Spitäler in beiden Basel.
Ein Zusammenschluss der Spitäler sei «unabdingbar»
«Wir sprechen von der Bildung einer Spitalgruppe», erklärte also Thomas Weber, Baselbieter Gesundheitsdirektor, Mal um Mal und störte sich an den Begrifflichkeiten, der Fusion und der Privatisierung. Er beschrieb die Herausforderungen, die auf die Spitäler zukämen, die anstehenden Bauinvestitionen, die Tarifentwicklung, das alles in allem doch recht kleine Einzugsgebiet. Ein Zusammenschluss, betonte er, sei darum unabdingbar, «denn die Herausforderungen sind alleine nicht lösbar».
Nur so erreiche man eine Dämpfung des Kostenwachstums. Und nur so könne die Hochschulmedizin langfristig in der Region gehalten werden. Der Umwandlung in eine AG hielt er entgegen, dass sich der Staat sowohl seiner Rolle als auch seiner Verantwortung bewusst sei. Er verkündete, dass die Zeit reif sei und der Zeitpunkt perfekt, dank einer günstigen Konstellation auf Bundesebene, kurz: «Es ist die Chance des Jahrzehnts!» Mehr ging Weber nicht ins Detail.
Die Befürworter sind sich einig
So viel vorweg: Eine konsultative Abstimmung im Saal ergab zum Abschluss der Runde ein eindeutiges Resultat: Die Pläne der Regierungen stossen auf offene Ohren, Gegenstimmen blieben aus. Allerdings bleibt zu erwähnen, dass die «Starke Region» eine Spitalgruppe begrüsst und ein entsprechendes Publikum anzieht, allzu repräsentativ dürfte die Abstimmung also kaum sein.
Thomas Weber erhielt Gratulationen. Dafür, diesen Pflock eingeschlagen und damit die Diskussion angestossen zu haben. Das Gartenhagdenken müsse ein Ende haben, hiess es im Publikum, und Stephan Gerosa, der die Hausärzte im Podium vertrat, fand noch deutlichere Worte: «Es ist unglaublich, wie kleindenkerisch wir sind. Es braucht ein Umdenken der Leute; es braucht diese Professionalisierung.»
Doch es blieben und bleiben Fragen und Bedenken. Wie werden gleich lange Spiesse für öffentliche und private Spitäler geschaffen? Wie holt man die Bevölkerung ins Boot? Wie die Gewerkschaften und das Personal? Die neue Spitalgruppe würde einen Stab von immerhin rund 10’000 Mitarbeitenden und eine Bilanzsumme von rund 1,5 Milliarden Franken umfassen.
Werden bei einer Fusion die Baselbieter Krankenkassenprämien steigen?
Lassen sich die Gesundheitskosten und also die Krankenkassenprämien durch eine Fusion wirklich in Zaum halten? Stephan Gerosa ist überzeugt, dass ein Zusammenschluss die tiefen Baselbieter Prämien an die höheren des Stadtkantons angleichen würde, Weber widersprach, Unruhe entstand. Doch die Prämien steigen auch ohne gemeinsame Spitalgruppe.
Werden die Kantone die Aktienmehrheit an einer «Spital AG» halten? Können tatsächlich nur öffentliche Spitäler garantieren, dass alle Patienten adäquat versorgt werden? «Denn alle Patienten haben ein Anrecht auf die optimale Behandlung», betonte etwa Peter Herrmann, Podiumsvertreter der Pharmaindustrie. Die grosse Herausforderung, ergänzte Hausarzt Gerosa, seien die betagten, polymorbiden Patienten, deren Anteil weiter wachsen werde.
Tatsache ist: Der Prozess wird Jahre dauern. Sind die Vorschläge der beiden Kantonsregierungen erst einmal formuliert, folgen die parlamentarischen Prozesse, wahrscheinlich kommt es zu Volksabstimmungen. Vor diesen graute es einigen im Saal, Landrätin Myrta Stohler, die einzige Frau in der Podiumsrunde, rechnet mit der Ablehnung der Bevölkerung. «Ich habe Zutrauen ins Volk», entgegnete Gesundheitsdirektor Weber: «Wenn wir uns gut aufstellen und überzeugen können, haben wir gute Chancen.»