Baselland droht mit eigenem Lehrplan

Basel-Stadt und Baselland sprechen gerne vom gemeinsamen Bildungsraum. Doch bei einem der wichtigsten Bildungsprojekte gehen sie getrennte Wege.

Vor zehn Jahren galt Baselland als Pionierkanton im Bildungswesen, jetzt bedrohen Stellenabbau und Reformmüdigkeit den Lehrplan 21. (Bild: Nils Fisch)

Basel-Stadt und Baselland sprechen gerne vom gemeinsamen Bildungsraum. Doch bei einem der wichtigsten Bildungsprojekte gehen sie getrennte Wege.

In einem Punkt sind sich Baselland und Basel-Stadt einig: Der Lehrplan 21 ist noch nicht, was er sein sollte. Und dennoch kamen die beiden Kantone diese Woche zu einem grundsätzlich unterschiedlichen Schluss. Während Basel-Stadt den Entwurf begrüsst und einige Verbesserungsvorschläge formuliert, lehnt die Baselbieter Regierung den Entwurf ab und begründete ihren Entscheid mit «gravierenden Vorbehalten». 

Der Lehrplan 21 gilt als zentrales Element der laufenden Schulharmonisierung und soll die Lernziele in der gesamten Deutschschweiz vereinheitlichen. Lehrer und Bildungsverantwortliche setzten grosse Hoffnungen auf das Jahrhundertwerk, das seit 2007 in Ausarbeitung ist. Doch seit die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz (D-EDK) vor einigen Monaten den Entwurf präsentiert hat und dieser in den Kantonen durch die Vernehmlassung gegangen ist, setzt es Kritik von allen Seiten.

Der Schweizer Lehrerverband stellt sich grundsätzlich hinter das Werk. Er bezeichnet den Entwurf jedoch als «überladen und schwer verständlich» und fordert eine Überarbeitung. Ein Komitee von 550 Lehrern kritisiert den Entwurf ganz grundsätzlich als «praxisfernes» und «monumentales Regelwerk». Und Kritik kommt auch von zahlreichen Kantonen, die sich derzeit mit dem Bildungsplan beschäftigen.

Baselland mit Extrazug

Die Baselbieter Regierung ist bisher jedoch die einzige, die den Entwurf abgelehnt hat, und das dürfte auch so bleiben. 

«Der Entscheid von Baselland hat uns etwas überrascht», sagt Nicole Wespi, Kommunikationsverantwortliche bei der D-EDK. Denn eigentlich sei es formal nicht vorgesehen, dass ein Kanton den Entwurf ablehne, sondern eine Stellungnahme abgebe. Für Fragen sorgen teilweise auch die Kritikpunkte aus dem Baselbiet. Die Regierung fordert in der Medienmitteilung etwa, der Lehrplan müsse «Entwicklung von Haltungen unterstützen», ein «realistisches Bild der Wirtschaft vermitteln» und die «berufliche Orientierung stärken».

Gemessen daran, dass der Lehrplan bereits seit sechs Jahren in Ausarbeitung ist und Ende kommenden Jahres abgeschlossen sein soll, sind das etwas diffuse Kritikpunkte. Beim D-EDK geht man davon aus, dass mit der Stellungnahme noch detailliertere Anforderungen folgen. 

Eine Herausforderung für den Bildungsraum

Der Entscheid könnte weitreichende Konsequenzen haben für Harmos und den vielgepriesenen Bildungsraum Nordwestschweiz. Welche Alternativen hat Baselland zum Lehrplan 21? Und was würde es für Harmos und den gemeinsamen Bildungsraum bedeuten, wenn der Lehrplan nicht umgesetzt würde? Bildungsdirektor Urs Wüthrich, der für den Entscheid verantwortlich sein soll, war nicht erreichbar. An seiner Stelle äussert sich Alberto Schneebeli, der bei der Baselbieter Bildungsdirektion zuständig für die Bildungsharmonisierung ist.

Schneebeli sagt, man gehe davon aus, dass die geforderten Punkte angepasst werden. «Wir brauchen nicht unbedingt einen Plan B.» Am Schluss entscheide aber jeder Kanton selber, ob er den Lehrplan umsetze. Sollte der Lehrplan die Anforderungen aus dem Baselbiet wider Erwarten doch nicht erfüllen, dann könne der Kanton auch den bestehenden Lehrplan weiterentwickeln. 

Insbesondere mit Basel-Stadt habe Baselland im Bildungsraum Nordwestschweiz bereits eine weitreichende Übereinstimmung der Schulstrukturen vom Kindergarten bis zum Abschluss der Sekundarstufe II erzielt, sogar bei den Stundentafeln. 

Etwas anders klingt es aufseiten von Basel-Stadt. Pierre Felder, Leiter Volksschule, äussert sich vorsichtig diplomatisch zum Alleingang von Baselland. Der Lehrplan 21 sei ein gemeinsames Projekt. Und es sei wichtig, dass dieser in der ganzen Deutschschweiz umgesetzt werde.

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