Komme es bei den Regierungswahlen im Herbst zu einem zweiten Wahlgang, schreibt die TagesWoche in der aktuellen Printausgabe, wolle BastA! nichts mehr von Guy Morin wissen. In einer Medienmitteilung vom Freitag dementiert BastA!-Präsident Urs Müller, dass er oder «andere von BastA! bevollmächtigte Personen» mit «Dritten wie beispielsweise den Juso Gespräche zu den Regierungsratswahlen geführt» habe. Die TagesWoche hält an ihrer Darstellung fest.
Auch wenn sie ihn in der Vergangenheit immer unterstützt haben – als einen von ihnen haben die BastA!-Mitglieder den Grünen Guy Morin nie angesehen. Und das wird auch so bleiben. Wie die Bürgerlichen halten auch sie nicht viel von ihm: Zu inkompetent ist er ihnen, zu schräg, zu wenig sozial, zu profillos. Deutlich wird die Antipathie immer wieder im Parlament: Hält der Regierungspräsident eine Rede, schütteln die sieben Grossrätinnen und Grossräte von BastA!, die zusammen mit den Grünen eine Fraktion bilden, den Kopf oder verdrehen die Augen. Manche verlassen bei für Morin wichtigen Abstimmungen sogar den Saal.
«Wir werden von ihm nicht miteinbezogen», sagt BastA!-Grossrätin Heidi Mück, «und wenn wir Kritik anmelden, nimmt er es sehr persönlich und meint, wir würden ihm in den Rücken fallen.» Die Beziehung zwischen ihrer Partei und Morin ist seit Beginn seiner Wahl in die Regierung vor acht Jahren schwierig. Und in letzter Zeit hat sie sich nochmals verschlechtert. Auslöser ist ein inzwischen schweizweit bekanntes Wort von Kantons- und Stadtentwickler Thomas Kessler. Morins extrovertierter und in den nationalen Medien gefragter Mitarbeiter bezeichnete im Januar 90 Prozent der Asylsuchenden als «Abenteuermigranten» – also als Flüchtlinge, die hierzulande auf der Suche nach Geld, Party und Frauen sind.
Partei ist sauer
Mit dieser Aussage löste Kessler bei der Linkspartei Wut und Entrüstung aus. Das Fass zum Überlaufen brachte aber schliesslich die Tatsache, dass Morin seinen Mitarbeiter auch noch in der Öffentlichkeit vehement verteidigt hatte. Ein BastA!-Mitglied im Grossen Rat sagt sogar, wenn auch nur anonym: «Ich weiss nicht einmal, ob ich Guy Morin nach diesem Vorfall wiederwählen werde. Er ist eine Marionette von Thomas Kessler.» Die Partei ist wegen der Sache mit den «Abenteuermigranten» so sauer auf «ihren» Regierungsrat, dass sie ihn gemäss Informationen der TagesWoche bei einem allfälligen zweiten Wahlgang bei den Regierungswahlen im Herbst nicht mehr unterstützen und einen Gegenkandidaten aufstellen möchte.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der in der Kritik stehende Morin tatsächlich eine Extrarunde drehen muss. Von den vier linken Regierungsräten gilt er als grösster Wackelkandidat. Das ist offenbar auch BastA! bewusst: Gemeinsam mit den Jungsozialisten bereitet sie sich auf ein solches Szenario vor. Dies möchte BastA!-Präsident Urs Müller zwar weder bestätigen noch dementieren, aber er sagt: «Die Vergangenheit in Basel hat gezeigt: Wenn es ein Bisheriger im ersten Wahlgang nicht schafft, dann wird es auch im zweiten sehr schwierig.»
Morin schweigt
Es seien viele in der Partei enttäuscht darüber, dass Guy Morin seinen Mitarbeiter Thomas Kessler derart in Schutz genommen habe, so Müller. «Die Sache mit Kessler war eine sehr emotionale Geschichte. Bei einer Aussprache mit Morin flogen die Fetzen. Es gibt einige bei uns, die die Nase voll haben von beiden.» Auch Müller macht mit Sätzen wie «Es soll endlich vorwärtsgehen bei ihm» oder «Es muss klar sein, ob er oder Kessler der Chef ist» keinen Hehl daraus, dass er ebenfalls unglücklich mit Morin ist.
Juso-Präsidentin Sarah Wyss bestätigt, dass für den Fall der Fälle bereits Gespräche mit BastA! laufen. «Wir glauben und hoffen, dass es alle vier rot-grünen Regierungsräte im ersten Wahlgang schaffen. Guy Morin hat von allen aber die schlechtesten Wahlchancen. Deswegen machen wir uns Gedanken, wie ein allfälliger zweiter Wahlgang aussehen könnte.» Entschieden sei aber noch nichts. Auch gebe es keinen Kandidaten, sagt Wyss.
Guy Morin, der bis jetzt immer gerne über die Regierungsratswahlen sprach, lässt über seine Mediensprecherin Melanie Imhof ausrichten, dass er sich nicht zu dieser Geschichte äussern wolle. Vielleicht ist das auch besser so.
Es gibt ja bekanntlich eine Zeit zum Reden – und es gibt eine Zeit zum Schweigen.
In einer am Freitag veröffentlichten Richtigstellung (siehe Rückseite dieses Artikels) dementiert BastA!-Präsident Urs Müller, dass er oder «andere von BastA! bevollmächtigte Personen» mit Dritten «wie beispielsweise den Juso Gespräche zu den Regierungsratswahlen» geführt habe. Aktuell sei das rot-grüne Bündnis zusammen mit den amtierenden rot-grünen RegierungsrätInnen daran, die vergangene Legislatur zu bilanzieren und Legislaturziele für die kommende Amtsperiode festzulegen, so Müller. «Dass es bezüglich Bilanz unterschiedliche Einschätzungen gibt, liegt in der Natur der Sache.» Die TagesWoche hält an ihrer Darstellung des Sachverhalts fest.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 16.03.12