Begehrt, bevorzugt, beschenkt

Die Migrationspolitik fördert eine Zweiklassengesellschaft. Der Expat geniesst eine Reihe von Privilegien.

Das Basler Integrationsprinzip «fördern und fordern» gilt nicht bei jenen Aus­ländern, die die Staatskasse füllen. (Bild: Basile Bornand)

Die Migrationspolitik fördert eine Zweiklassengesellschaft. Der Expat geniesst eine Reihe von Privilegien.

Wieso Expats bevorzugt behandelt werden in Basel, will auf den ersten Blick nicht einleuchten. Sie zählen zu den absoluten Topverdienern. Zwischen 16 500 und 18 000 Franken im Monat verdient ein Expat in Basel im Schnitt. Trotzdem werden sie finanziell geschont.

Der «Beobachter» hat vor Kurzem vorgerechnet, wie hoch die Steuer­rabatte sind. Abziehen kann der laut Bundesverordnung «vorübergehend in der Schweiz tätige leitende Angestellte oder Spezialist» seine Wohnungsmiete, das horrende Schulgeld für die International School, seine Reise- und Umzugskosten. Im Beispiel des «Beobachters» ersparte sich ein ausländischer Kadermann, der 300 000 Franken im Jahr verdiente, über
40 000 Franken Steuern. Das Argument des Bundesrats für die Privilegien ist ein viel gehörtes: Die Schweiz stehe in einem Standortwettbewerb, der immer intensiver wird.

Baselland knickte ein

Aus denselben Gründen müssen ­Expats sich nicht um ihre Integration bemühen, namentlich werden ihnen Deutschkurse erlassen, die andere Zugewanderte im Rahmen von Integrationsvereinbarungen absolvieren müssen. Der Kanton Baselland hat sich noch bis 2012 tapfer gegen diese Ungleichbehandlung gewehrt und auch Expats und deren Angehörige verpflichtet, Deutsch zu lernen. Nach einer Intervention von Christoph Buser, dem Direktor der Wirtschaftskammer, nahm die Regierung Abstand davon.

Umfragen bei Unternehmen hatten ergeben, dass man die Pflichten als Belastung empfand und sie bei Expats ein Hinderungsgrund waren, in den Landkanton zu ziehen. Weil die anderen Kantone, insbesondere Basel-Stadt, auch nur auf die geringsten Integrationsbemühungen verzichten, änderte das Baselbiet schliesslich seinen Kurs.

Die Integration von Expats funk­tioniert in Basel-Stadt im Wesentlichen so, dass alle paar Monate ein Regierungsrat zu einer Begrüssungsrunde ins Rathaus lädt und die hochwillkommenen Gutverdiener auf Englisch zu ihrer Relokation beglückwünscht. Ausländer, die nicht den Top-Steuerzahlern zuzuordnen sind, warten auf einen solchen Service vergeblich. Türkische, albanische oder serbokroatische Begrüssungs-Events finden dieses Jahr keine statt.

Auch für die SVP ein Tabu

Auch im Bewilligungswesen geniesst der Expat Sonderstatus. Eigentlich dürfte Basel-Stadt pro Jahr 104 L-Bewilligungen für Kurzaufenthalte ausstellen und 73 Daueraufenthaltsbewilligungen (B) für Arbeitnehmende aus Drittstaaten, also nicht jenen EU-Ländern, die unter das Personenfreizügigkeits-Abkommen fallen. Letztes Jahr vergab der Stadt­kanton gesamthaft über 900 Drittstaat-Bewilligungen, indem er aus der Reserve des Bundes schöpfte. Quali­fikation und Lohn sind die massgeblichen Kriterien, die darüber entscheiden, ob eine Firma für ihren Angestellten eine Bewilligung erhält. In der Praxis heisst das: Die Pharmafirmen dürfen holen, wen sie wollen.

Selbst die sich ihrer rigiden Ausländerpolitik rühmende SVP macht einen Bogen um die Expats. In ihrer Integrations-Initiative unterscheidet sie zwischen guten und schlechten Ausländern. Expats will sie keine Pflichten zur Integration auferlegen. «Die überfallen ja keinen», heisst es in der Partei.

Man ist sich einig in Basel-Stadt. Das Integrationsprinzip «fördern und fordern» gilt nicht bei jenen Aus­ländern, die die Staatskasse füllen und deren Arbeitgeber eine mächtige Lobby darstellen. Bei den Expats gilt: «kassieren und wegschauen».

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 15.03.13

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