Die Proteste auf dem und um den Tahrir-Platz gingen auch am achten Tag in Folge weiter. Tausende von Menschen belagerten immer noch die Innenstadt von Kairo und verlangen vom Obersten Militärrat, die Macht an eine zivile Autorität zu übergeben – noch vor den Parlamentswahlen von nächster Woche.
Am Samstagvormittag kam es rund um das Regierungsgebäude zu sporadischen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Dabei kam es zu einem weiteren Todesopfer: Ahmad Sorer starb nur wenige hundert Meter vom Parlamentsgebäude entfernt, nachdem er auf der vom Tahrir-Platz herführenden Strasse von einem Polizeifahrzeug überfahren wurde.
Ahmed Hajami, ein Augenzeuge, berichtet von fünf Polizeiwagen, die um 7 Uhr morgens aufgefahren waren, um hunderte von Demonstranten zu vertreiben, die sich vor dem Regierungsgebäude versammelt hatten. Die Fahrzeuge seien von Demonstranten unter Beschuss genommen worden. «Einer der Fahrer geriet in Panik und floh, die anderen folgten. Der letzte Lastwagen überfuhr Sorer und liess ihn in einer Blutlache liegen», erzählt Hajami. Obwohl er rasch ins nahe gelegene Munira Hospital transportiert wurde, starb Sorer kurz darauf.
Damit sind während der jüngsten ägyptischen Unruhen 42 Menschen gestorben. Die Mehrheit der Todesfälle wurden in Kairo und Alexandria registriert. Auch am Samstag verharrten immer noch Tausende von Demonstranten auf dem Tahrir-Platz, um vom Militärrat die Übergabe der Macht an eine zivile Regierung zu verlangen. Und zwar noch vor den für Montag und Dienstag nächster Woche geplanten Wahlen. Eine weitere Forderung ist die Untersuchung der Todesfälle durch ein Zivilgericht.
Buntes Bündnis, eine Forderung
«Wir sind krank von der Militärherrschaft. Die Militärs waren in den letzten 60 Jahren an der Macht, jetzt ist es Zeit für einen Wechsel», erklärt der 24-jährige Demonstrant Remon Mohsen. Er denkt wie alle anderen Demonstranten auf dem Tahrir, ein loses Bündnis von Bewegungen: Liberalen und Sozialisten, aber auch islamischen Fundamentalisten. Sie sind vereint in der Forderung nach der Auflösung des Militärrates, der das Land seit dem Ende des Regimes von Hosni Mubarak im Februar regiert.
Kamal Ganzouri, der vom Militärherrscher Hussein Tantawi ernannte neue Ministerpräsident, der die Wahlen durchführen soll, wurde von den Demonstranten wegen seiner Beteiligung an Hosni Mubaraks Regierung zwischen 1996 und 1999 abgelehnt.
Obwohl sich die Spannungen der letzten Tage in und um den Tahrir etwas gelockert haben, kommt es immer wieder zu Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Unterstützern des Militärregimes. In dieser Situation ist es unklar, ob Armee und Polizei die Sicherheit während der bevorstehenden Wahltage garantieren können.
Demonstrantin mit «erbeuteten» Tränengas-Petarden. (Bild: Pascal Mora)
Die Forderungen nach einem Rücktritt der Militärs zieren die Fassaden der Stadt. (Bild: Pascal Mora)
Ruhepause: Am achten Tag der Demonstrationen flauten die Kämpfe ab. (Bild: Pascal Mora)
Eine Demonstrantin berichtet via Handy von den Ereignissen. (Bild: Pascal Mora)
Andere hielten die Szenen auf Kameras fest. (Bild: Pascal Mora)
Augenzeuge Ahmed Hajami schildert den Tod von Ahmad Sorer. (Bild: Pascal Mora)
Hier starb Ahmad Sorer. Er wurde von einem Polizeiauto überfahren. (Bild: Pascal Mora)
Ein Erinnerungsfoto wird geschossen. (Bild: Pascal Mora)