«Bin ich eigentlich zu euphorisch?»

Zum Abschluss unserer grossen Wahlkampf-Reise durchs Baselbiet haben wir Balz Stückelberger auf einer Fahrt durch Arlesheim begleitet. Der FDP-Landrat übertrieb es fast ein bisschen mit dem Schwärmen.

Dorfbesichtigung mit dem Auto. (Bild: Yen Duong)

Zum Abschluss unserer grossen Wahlkampf-Reise durchs Baselbiet haben wir Balz Stückelberger auf einer Fahrt durch Arlesheim begleitet. Der FDP-Landrat übertrieb es fast ein bisschen mit dem Schwärmen.

Eine Dorfbesichtigung mit Balz Stückelberger ist eine lustige Angelegenheit. Zu Fuss wird da nichts gemacht, angeschaut wird Paparazzi-mässig alles vom Auto aus (wir waren nicht unglücklich damit). Und selten haben wir einen Mann beim Autofahren so viel reden hören – vom Schwärmen ganz zu schweigen: «Toll!», «Schön!», «Sensationell!». FDP-Landrat Stückelberger ist unüberhörbar stolz, ein Arlesheimer zu sein. Der 41-Jährige ist dort aufgewachsen, fast seine ganze Familie lebt im Dorf, sein Bruder Lukas sitzt im Gemeinderat. Balz Stückelberger hat es sich irgendwie zum Beruf gemacht, ein (Vorzeige-)Arlesheimer zu sein. «Arlesheim ist perfekt gelegen: an der Ermitage und trotzdem sehr nahe bei Basel. Arlesheim hat Dorfcharakter, ist aber dennoch urban», sagt er.  

Erste Station in Arlesheim mit seinen 9000 Einwohnern: der 2012 eröffnete Werkhof mit der edlen Holzfassade. Für den Neubau des Werkhofs hat der Gemeinderat einen Architekturwettbwerb durchgeführt. Stückelberger, der Polit-Blogger, sagt: «Wunderschön ist es hier. Das ist typisch für Arlesheim: Wenn hier mal was gebaut wird, dann ist es einfach etwas besser, etwas schöner und etwas teurer als in vielen anderen Gemeinden.» Arlesheim kann es sich auch leisten, der Gemeinde ist es finanziell schon immer gut gegangen. Das bekommen auch die Werkhof-Mitarbeiter zu spüren, die in Fairtrade-Klamotten herumlaufen. Arlesheim ist eine sehr ökologische Gemeinde, «aber das kann man nur sein, weil man sichs leisten kann und keine anderen Probleme hat», so der zweifache Vater.

Schappe-Quartier – das Dorf im Dorf. 

500 Meter vom Werkhof entfernt wohnt Stückelberger. Im Schappe-Quartier im Arlesheimer Tal lebt es sich gut. Das Quartier wurde 1999 auf dem Areal der einstigen Spinnereifabrik erbaut – voraus ging ein zwanzigjähriges Seilziehen. Nachdem 1976 die Industrieanlage geschlossen worden war, wollte die Migros dort ein grosses Einkaufszentrum bauen. Der Detailhändler scheiterte aber damals am Widerstand der Arlesheimer und am Nein des Bundesgerichts.

Das Schappe-Quartier ist ein Dorf im Dorf. Heiss begehrt auch bei Expats. 170 Haushalte zählt das Quartier, rund 500 Bewohner. Das Quartier wurde mehrfach für seine Architektur ausgezeichnet. «Schappe ist ein absolut cooles Quartier. Die Wohnqualität ist grossartig hier, man ist direkt an der Birs und der Kindergarten ist auch gleich nebenan», erfreut sich Stückelberger an seinem Wohnort. Die Gemeinde unternehme sehr viel in der familienexternen Kinderbetreuung, sagt er.

Wir fahren weiter zum Bahnhof Arlesheim-Dornach, wo derzeit das neue Quartier «Le Pont» gebaut wird. Auf einer Fläche von 1400 Quadratmetern entstehen neue Geschäfte und rund 90 Wohnungen. Ins Auge sticht an diesem Ort das Wellendach des Busbahnhofs: Auch hier sparte der Gemeinderat nicht. Die Arlesheimer sind geschickte Planer, auf das Äussere legen sie viel Wert. «Dass Arlesheim für viele ein schönes Dorf ist, hat nicht zuletzt mit der guten Raumplanung zu tun», erklärt Stückelberger. So führt die Hauptstrasse in Arlesheim, die Birseckstrasse, nicht durchs Dorf, sondern geht unterhalb vorbei. Andere Gemeinde leiden darunter, dass die Hauptstrasse mitten durchs Dorf geht, in Arlesheim ist der Dorfkern aber eine Begegnungszone.

Die diskreten Reichen

Nächste Station: Waldstrasse, das Quartier der Reichen. Übermässig pompös wirkt es nicht hier oben, vom Protz der Villen fühlt man sich nicht gleich erschlagen. In Arlesheim leben viele sehr, sehr, sehr Vermögende, «die aber äusserst diskret sind. Viele von ihnen engagieren sich auch im Dorf.» Man sei kein Dorf der Neureichen wie Wollerau, die Reichen würden schon lange in Arlesheim leben, sagt Stückelberger.

Vorbei an den beiden Schlössern Reichenstein und Birseck gehts in den Dorfkern. In der Nähe des Domplatzes hält Stückelberger an und zeigt auf eine Sitzbank. «Diese Bank ist für mich der Inbegriff für Arlesheim, sie ist aus gebürstetem Edelstahl. Eine Sitzgelegenheit kostet hier dreimal soviel wie in einem anderen Dorf.» Die Steuerzahler würden hier etwas mehr erwarten, man müsse ihnen etwas bieten, sagt Stückelberger. In die Stadt müssen die Arlesheimer nicht zwingend, im Dorf findet man alles (Freitags gibts einen Bio-Markt). «Wir haben hier eine Dorfkultur. Wir sind ein lebendiges Dorf, die Leute engagieren sich sehr.»

Auf die Frage, wie das Verhältnis zu Liestal sei, antwortet Stückelberger: «Wir fühlen uns schon als Baselbieter, aber primär als Arlesheimer, die nach Basel orientiert sind. Wir fühlen uns aber auch wie eine Landsgemeinde von Basel.» Oder anders gesagt: «In Arlesheim ist man froh, Arlesheimer zu sein. Bin ich eigentlich zu euphorisch?»

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