Man hat es nicht leicht als Klaus. Das ganze Jahr über die Schufterei – von der Verteilung der Gaben an einem einzigen Tag per Reittier gar nicht zu sprechen. Und dann noch der ganze moderne Bürokratie-Wahn!
Es ist nicht einfach. Sie müssen mir das glauben, ich bin der Santiglaus. Hier in der Zentrale geht es drunter und drüber – letzte Neu-Einträge fürs Buch trudeln noch jetzt ein, am 6. Dezember – E-Mail und Handy sei dank.
«Nicht vergessen: Den Nuggi von Stefan* (4) mitnehmen im Sack.» Und Lea (5) «soll etwas weniger Angst haben, wir Eltern sind ja für sie da». Oder, Klassiker, Benjamin (3): «Wäre schon toll, wenn er mehr auf die Toilette ginge zum Gaggimache» (Klammer auf: «Entschuldigung, Santiglaus, aber du hast mehr Macht als andere Pädagogen», Klammer zu).
Eselverkehrsregeln
Sie verstehen vielleicht ansatzweise, warum ich manchmal, während der Grättimannteig aufgeht, denke, ich hätte meine Karriere womöglich lieber den Eltern statt den Kindern gewidmet. So eine Art Elternbesuch mit Schmutzli, während die Kinder zuschauen. Familientherapie statt Nuggi Näggi. Aber die Kids… ach, was klage ich, die mag ich ja total. Deshalb hab ich ja überhaupt mit der ganzen Chose angefangen.
Und nun sind sie mein Markenzeichen. Es ist viel zu spät für einen Karrierewechsel. Mit dem Erwachsenen-Re-Branding käme ich nie durch, hat der Laufbahnberater gesagt.
Wir machen weiter, das ist klar. Aber einfach ist es, wie gesagt, nicht – man legt uns immer wieder Steine in den Weg. Ein aufgewühlter Schmutzli – sagen Sie das den Kindern nicht, aber Schmutzli ist eigentlich ein zartes Pflänzchen – stürmte heute Morgen ins Büro und sagte mir, er habe gelesen, unsere Esel seien komplett untauglich für die Lieferung in die Schweiz. «Wir verstossen gegen die Verkehrsregeln», brummte er in seinen Bart.
Schmutzli im Elektronikfachgeschäft
Da man sich als Santiglaus im Jahr 2016 keine Probleme erlauben kann – schon eine Viertelstunde Verzögerung kann zu Auseinandersetzungen mit Aggro-Agglo-Eltern führen –, habe ich sicherheitshalber bei der Kantonspolizei Basel-Stadt nachgefragt, wie wir mit unseren Eseln denn genau zu verfahren hätten. Brauchen wir eine Besucherparkkarte? Dürfen wir auf der Strasse reiten?
«Esel in der Stadt sind sehr selten – die Frage stellt sich nicht oft», sagte Kapo-Sprecher Martin R. Schütz. Das mag zutreffen, allerdings handelt es sich – aus beruflichen Gründen und aufgrund des Datums – um eine dringliche Anfrage.
Der Freund und Helfer konnte tatsächlich helfen: Alles, was Esel im Strassenverkehr betrifft, sei in der Schweiz im Strassenverkehrsgesetz (Art. 50: Reiter, Tiere) sowie in der Verkehrsregelnverordnung (2. Abschnitt: Reiter, Tiere) genauestens geregelt.
Leuchtgamaschen
«Einzelne Tiere sind am rechten Strassenrand zu führen» – wo sonst – und «für ihr Verhalten im Verkehr haben die Reiter und Führer von Tieren die Regeln des Fahrverkehrs (Einspuren, Vortritt, Zeichengebung usw.) sinngemäss zu beachten». Easy. Sie sollten mal den Schmutzli sehen, wenn er in Kreiseln mit der Rute Zeichen gibt. Grosses Kino!
So weit, so gut. Die Verordnung aber, die beschäftigt uns nun doch mehr als erwartet. «Ein Reiter darf höchstens ein Handpferd mitführen» – sprich: Wir dürfen offiziell nur zwei Esel mit in die Schweiz nehmen. Liebe Schweizerinnen und Schweizer, überlegt euch diese Regel noch einmal gut: Es ist schlicht unmöglich, die ganzen Sachen auf zwei Tieren zu transportieren! Denkt an die Kinder!
Hinzu kommt: «Nachts und wenn die Witterung es erfordert, hat der Reiter und der Führer eines Tieres wenigstens auf der dem Verkehr zugewendeten Seite ein von vorne und hinten sichtbares, nicht blendendes gelbes Licht zu tragen. Das Reittier ist zudem mit rückstrahlenden Gamaschen zu versehen. Bei Reiterkolonnen und Tiergruppen muss wenigstens links vorne und hinten ein gelbes Licht verwendet werden.»
Leuchtgamaschen? Für den Esel? (Bild: Hans-Jörg Walter)
Jetzt wissen Sie auch, was der Schmutzli grad alles erwerben muss.
Die Polizei empfiehlt: anbinden vor der Stadt.
Man habe auch am 6. Dezember praktisch keine Esel in der Stadt, meinte der Sprecher der Kantonspolizei – es sei wohl so, dass der Santiglaus seine Eselein am besten vor der Stadt, in der Nähe der Langen Erlen vielleicht, anbinden soll.
Anbinden muss man die Tiere ja, wenn sie unbeaufsichtigt sind, auch das steht in der Verkehrsregelnverordnung: «Stillstehende Tiere dürfen den Verkehr nicht behindern; sind sie unbeaufsichtigt, so müssen sie zuverlässig angebunden werden.» Ich bedanke mich beim Polizeisprecher.
Während ich leise in meinen Bart brummle und auf Schmutzli mit den gelben Lichtern und den rückstrahlenden Gamaschen warte, denke ich an einen alten Basler Vers. Da wird mir klar: Genau so machen wir das heute.
Dr Santiglaus kunnt hitte
dur d’Lange-n-Erle gritte.
Är bindet s’Eseli an e Stamm
und kunnt jetzt z’Fuess vom Wiisedamm.
Sy Sagg isch schwär und digg.
He jo, zum guete Gligg!
Doch d’Ruete gfallt mr nit so guet,
y glaub, ass die rächt bysse duet.
Bring mir dr Sagg, y bitt –
doch d’Ruete lieber nit!
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*Alle Namen der Niggi-Näggi-Zentrale bekannt
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