Buddha-Statue, Aquarium – und ein halbes Dach flogen runter

Im Frühling 2011 hielt er zwei Tage die Stadt auf Trab, im Winter war er beliebtes Fasnachtssujet. Doch die Geschichte rund um den Ziegelwerfer vom Gundeli ist alles andere als witzig. Am Donnerstag verhandelt das Strafgericht den Fall.

Nach 48 Stunden Dauereinsatz wischten die Einsatzkräfte im Mai 2011 die zerstörten Ziegel auf. (Bild: Keystone)

Im Frühling 2011 hielt er zwei Tage die Stadt auf Trab, im Winter war er beliebtes Fasnachtssujet. Doch die Geschichte rund um den Ziegelwerfer vom Gundeli ist alles andere als witzig. Am 6. Dezember verhandelt das Strafgericht den Fall.

Es geschah im Mai 2011. Der damals 30-jährige Jerry K.* stand 48 Stunden lang durchgehend auf dem Dach des Mehrfamilienhauses an der Bruderholzstrasse im Gundeli, in dem er lebte. Er warf Ziegel um Ziegel auf die Strasse und liess nicht zu, dass ihn die Einsatzkräfte vom Dach holten. Selbst Gespräche mit Angehörigen, Therapeuten und einem buddhistischen Mönch schlug er aus.

Erst nach zwei Tagen stieg er vom Dach, müde von den wachen Stunden in der Hitze. Erschöpft vom Publikum unten auf der Strasse – den Gaffern und den Medienleuten. Die zwei Tage verursachten einen Schaden von 361’000 Franken.

Psychisch kranker Mann

Der «Ziegelwerfer», wie er seither genannt wird, war in diesem Frühling 2011 vielerorts Gesprächsstoff Nummer 1. Bald erfuhr die Öffentlichkeit, dass es sich bei Jerry um einen psychisch kranken Mann handelt, der schon mehrfach psychiatrisch betreut wurde. Und dass er höchstwahrscheinlich nicht aus bösem Willen Ziegel auf die Strasse warf.

Doch was geschah, bevor Jerry für alle sichtbar auf dem Dach stand, wusste nur er selber. Nun steht es in der Akte der Staatsanwaltschaft – und wird Bestandteil der Verhandlung vom Donnerstag, 6. Dezember, sein.

Goldfische starben kurz vorher

Jerrys Goldfische starben, kurz bevor Jerry aufs Dach stieg. Und das tat er auch nur, weil eine Spezialeinheit der Polizei versuchte, sich Zutritt zu seiner Wohnung zu verschaffen. Der Tod der Fische und «die Wut über seine durch die Erkrankung beeinträchtigte Lebenssituation» brachte Jerry dazu, Gegenstände aus dem Fenster seiner Wohnung auf die Strasse zu werfen.

Zuerst warf er einen Buddha-Kopf aus Ton auf die Strasse, dann eine 10-Kilo-Sack mit Gartenerde. Es folgten literweise Wasser aus dem Aquarium, in dem bis kurz davor die Goldfische geschwommen waren – und schliesslich landete laut Akte der Staatsanwaltschaft auch das Aquarium selber auf der Strasse. Nur durch Glück wurde niemand getroffen, der Tramverkehr wurde eingestellt – und erst 48 Stunden später wieder aufgenommen.

Schuldunfähigkeit ist belegt

Was dann passiert, war in allen Details den Medien zu entnehmen – und jeder, der wollte, konnte sich ein Bild vor Ort machen – was auch hunderte Menschen taten. Der «Blick» schrieb über einen «Irren», der «Tages-Anzeiger» stellte ein Video online, die «BaZ» legte gar ein Dossier zum Thema an. Da stand ein Mann auf dem Dach und warf Dutzende Ziegel auf die Strasse. Niemand wusste, wie lange er es dort aushalten würde. Er hielt lange aus.

Am Donnerstag wird das Gericht über eine geeignete Massnahme für Jerry entscheiden, der derzeit im vorgezogenen Massnahmenvollzug sitzt. Fest steht jetzt schon: Er ist schuldunfähig. Das ergab ein forensisch-psychiatrisches Gutachten.

* Name geändert

 

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