Der Landrat behandelte am Mittwoch und Donnerstag die Sparmassnahmen der Baselbieter Regierung und bestätigte eine Kürzung der Kulturförderung.
Als die SP-Landrätin Kathrin Schweizer am Mittwochabend auf ihrem Pult ein Jenga-Spiel aufbaute, ging ein leises Lachen durch den Saal. Die Budgetpolitik der Regierung funktioniere wie das Aufeinanderstapeln von Holzstäbchen. Die Gelder würden nämlich wie Jenga-Hölzchen von unten nach oben verlagert, bis das Fundament wegbreche.
So legte Schweizer bei jeder Sparmassnahme, die der Landrat behandelte, ein Hölzchen von unten nach oben. Und Massnahmen gab es genug. Denn die Regierung schlägt rund 100 Massnahmen vor. Etwa 20 davon sind umstritten.
Verlagerung von unten nach oben – wie beim #Jenga. So spart der #KantonBL ab #ZukunftStattAbbau pic.twitter.com/rBwwgq8dgL
— Kathrin Schweizer (@ka_schweizer) 16. Dezember 2015
Zum Beispiel die Kürzung der Prämienverbilligung um 15 Franken. Hier zeige die Regierung «ihr wahres Gesicht», sagte Schweizer. «Bei tiefen Einkommen zu sparen, ist kein Tabu mehr.» Denn die Kürzung der Prämienverbilligung treffe die Schwächsten.
Die Massnahme verlagere nur die Kosten, ergänzte der SP-Landrat Urs Kaufmann. Denn mit der Kürzung zahle der Kanton zwar weniger, die Gemeinden müssten jedoch für allfällige Sozialkosten aufkommen, wenn beispielsweise eine Person dadurch in die Sozialhilfe rutsche.
Bürgerliche stimmen für Kürzung bei Kultur
Der Landrat der Grün-Unabhängigen, Jürg Wiedemann, schlug harsche Töne an: «Es ist ein Armutszeugnis für den Kanton, dass dort gespart wird, wo es am meisten wehtut.» Es sei traurig, in einem solchen Kanton zu leben.
Auch bei der Kultur will der Regierungsrat sparen. Die Kulturförderung soll um 360’000 Franken gekürzt werden. Der SP-Landrat Jürg Degen reichte ein Postulat dagegen ein. «Die Kürzung bringt eine minimale Einsparung, richtet aber einen maximalen Schaden in der Baselbieter Kulturlandschaft an», sagte Degen.
Bildungsdirektorin Monica Gschwind sagte, sie bedauere die Kürzung, «angesichts der finanziellen Situation ist sie jedoch unabdingbar.»
SVP und FDP schweigen
Der Landrat lehnte den Antrag von Degen mit 45 zu 37 Stimmen ab, die Kulturförderung wird somit im nächsten Jahr gekürzt. Die rechte Ratsseite stimmte mit wenigen Ausnahmen für die Kürzung.
Mehrheitlich hielten sich die Vertreter von FDP, SVP, BDP und CVP mit ihren Voten während der gesamten Debatte zurück. Der FDP-Fraktionspräsident Michael Herrmann hatte am Mittwochabend angekündigt, die bürgerliche Seite würde sich nicht zu jedem Postulat äussern und im Grossen und Ganzen der Regierungslinie folgen.
So drückten die Landrätinnen und Landräte von SVP und FDP bei den behandelten Postulaten brav auf den roten Knopf und hielten damit an den Sparmassnahmen fest, ohne ihre Haltung näher zu begründen.
Kompromiss bei Alkoholberatung
Eine weitere Episode aus der Reihe «Linke kämpfen, Rechte schweigen»: die Abschaffung der Zahnfeen. Die Regierung will das Budget von 125’000 Franken für Zahnpflegeinstruktion an Schulen streichen. Grüne und EVP-Politiker wollten die Sparmassnahme verhindern. Am Ende gewann jedoch die schweigende Mehrheit: Das Postulat wurde mit 52 zu 36 Stimmen abgelehnt.
Zwei Ausnahmen gab es dennoch: Bei der ambulanten Alkoholprävention fanden die Landrätinnen und Landräte einen Kompromiss. Der Posten sollte um 200’000 Franken gekürzt werden. Das Parlament stimmte jedoch einem Postulat von CVP und BDP zu, das eine Kürzung von 100’000 Franken vorsieht.
Jenga-Turm fällt
Ebenso nahmen die Landräte ein Postulat von Diego Stoll (SP) an, der die Streichung von Volontariatsstellen bei der Staatsanwaltschaft verhindern wollte. Die Streichung würde zu Mehrkosten bei der Strafverfolgung führen, nämlich dann, wenn die verhältnismässig günstigen Volontariatsstellen mit ausgebildetem Personal ersetzt werden müsste. Einige Bürgerliche stimmten dem zu und drückten den grünen Knopf.
Mit Ausnahme dieser beiden Punkte wurde der Sparkurs der Regierung durchwegs gutgeheissen. Auch der Finanzplan für die nächsten vier Jahre, der weitere Sparmassnahmen und Investitionen vorsieht, nahm der Landrat an.
#landratBL Rechtskonservat. Einsparungen in der Gesundheitsförderung bringen den Jenga-Turm zum einstürzen. #amboden pic.twitter.com/RiY1ZZYPi4
— Miriam Locher (@miriam_locher) 16. Dezember 2015
Der Landrat stimmte an der Schlussabstimmung mit 54 zu 25 Stimmen für das Budget. Nach den Änderungen, die der Landrat vornahm, beträgt das Defizit für 2016 nun 41,1 Millionen Franken.
Der Jenga-Turm von Schweizer fiel indes bereits vor Abschluss der Budgetsitzung um. Es war jedoch eher ein Unfall denn eine Überlastung. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden erst acht Anträge zur Umkehr der Sparmassnahmen abgelehnt. Ein geübter Jenga-Spieler schafft es, mehr Holzklötzchen umzulegen.
Alle Postulate zu den Sparmassnahmen im Überblick:
Postulat zu | Einsparung (in Tsd. CHF) | Postulat von | Resultat |
Abschaffung der Beiträge an Betriebsanlässe | 491 | SP | abgelehnt |
Kürzung Prämienverbilligungen | 8400 | SP | abgelehnt |
Kürzung beim Programm «Bim Buur in d’Schuel» | 7,7 | Grüne/EVP | abgelehnt |
Streichung von Beiträgen an Alkoholberatung | 200 | EVP/SP | abgelehnt |
Streichung der Beiträge an Alkoholberatung um 100’000 Franken | 100 | CVP/BDP | angenommen |
Verzicht auf Zahnputzinstruktion in Schulen («Zahnfeen») | 190 | Grüne/EVP | abgelehnt |
Kürzung des Beitrags ans Zentrum zur Selbsthilfe | 148 | Grüne/EVP | abgelehnt |
Kürzung des Beitrags an Aids-Hilfe («Frauenoase») | 75 | Grüne/EVP | abgelehnt |
Kürzung Suchtprävention an den Schulen | 30 | SP | abgelehnt |
Kürzung von Energiebeiträgen | 700 | SP | abgelehnt |
Abbau bei Verkehrsinstruktion an Kindergärten und Schulen | 400 | EVP/Grüne/SP | zurückgezogen |
Abbau von Volontariatsstellen bei der Staatsanwaltschaft | 100 | SP | angenommen |
Abbau beim Vorkurs der Schule für Gestaltung | 110 | EVP/Grüne | abgelehnt |
Kürzung im Bereich Schullager | 575 | SP | abgelehnt |
Verstetigung Pflichtlektionen in der Sekundarschule | 1500 | Grüne/EVP | abgelehnt |
Kürzung von Freifachangeboten an Gymnasien | 67 | SP | abgelehnt |
Kürzung bei heilpädagogischer Früherziehung | 90 | SP | abgelehnt |
Erhöhung der Nutzungsgebühren der Kantonsbibliothek | 400 | SP | zurückgezogen |
Reduktion der Kulturförderung BL | 360 | SP | abgelehnt |