Bundesrat sorgt für rote Köpfe im Nachtclub

Der Bundesrat will das Tänzerinnen-Statut abschaffen. Die Cabaretbetreiber warnen vor «gravierenden Folgen» und sammeln Unterschriften gegen die Pläne aus Bern.

Strip-Tänzerinnen: Für manche ein Augenschmaus. (Bild: Walter Bieri/Keystone)

Der Bundesrat will das Tänzerinnen-Statut abschaffen. Die Cabaretbetreiber warnen vor «gravierenden Folgen» und sammeln Unterschriften gegen die Pläne aus Bern.

Im Amtsjargon heissen sie «Personen, die sich im Rahmen musikalisch unterlegter Showprogramme ganz oder teilweise entkleiden», das gewöhnliche Volk nennt sie «Stripteasetänzerinnen. Sie stammen meist aus aller Welt, oft aus Lateinamerika, Asien und Afrika.

Für diese Frauen gilt im Ausländergesetz bisher eine Ausnahmeregelung, das sogenannte Tänzerinnen-Statut. Denn gemäss Ausländergesetz sind aus Nicht-EU-Staaten (Drittstaaten) einzig qualifizierte Arbeitskräfte in der Schweiz zugelassen. Und auch wenn die Frauen sich auf den Bühnen der Stripclubs noch so kunst- und reizvoll bewegen können, ihre Tätigkeit zählt offiziell nicht zur Kategorie «qualifiziert».

Zweck nicht erfüllt

Nun soll nach dem Willen des Bundesrats die Ausnahmeregelung für die Tänzerinnen aufgehoben werden. Der Bundesrat stützt sich dabei auf einen Bericht des Bundesamts für Migration (BfM), demzufolge das Statut seinen Zweck nicht erfülle (siehe Datei auf der Rückseite).

Die Cabaret-Betreiber sind empört, mit einer Petition und Lobbying bei den Parlamentariern wollen sie das Vorhaben des Bundesrats verhindern. «Ohne das Tänzerinnen-Statut», sagt Jürg König, Besitzer des King’s Club in Zürich und Präsident von Asco, dem Verband Schweizerischer Nachtlokale, «ist unsere Branche gefährdet. Cabarets werden immer weniger, Kontaktbars und Bordelle zunehmen.»

Die Vorzugsbehandlung der Cabaret-Branche, schreibt das BfM auf Anfrage, könne laut Ausländergesetz einzig mit einer «gewollten Schutzwirkung» begründet werden. Diese Schutzwirkung greife jedoch nicht, «trotz der weitreichenden Reglementierung dieses Statuts – des Verbots der Prostitution und der Animation zu Alkoholkonsum, werden genau diese Tätigkeiten von den Cabaret-Tänzerinnen ausgeübt». Die Ausbeutungssituation in diesem Bereich sei nach wie vor hoch. Das zeigten Erfahrungen aus der Praxis – Ergebnisse von Hearings und polizeilichen Untersuchungen. 

Druck aus dem Ausland?

Für König ist diese Begründung eine fadenscheinige. «Es geht doch in Wirklichkeit darum, dass die Schweiz das einzige Land ist, das diese Reglung hat.» Und deswegen vom Ausland unter Druck gesetzt werde. «Na und», meint König, «wir müssen uns doch nicht von anderen unsere Gesetze vorschreiben lassen.»

Sicher, es gebe schwarze Schafe in seiner Branche, aber «die werden die Frauen weiterhin ausbeuten, Statut hin oder her.» König und seine Mitstreiter vom Verband sind sogar überzeugt, dass sich die Situation für die Frauen verschlechtert. Dank dem Tänzerinnen-Status hätten sie die Möglichkeit, sich legal in der Schweiz aufzuhalten, sagt er. «Ohne diese Bewilligung werden sie in die Illegalität abgedrängt, können keine Arbeitsverträge mehr abschliessen, sind den kriminellen Typen ausgeliefert.»

Höhere Hürden für die Einreise

Beim BfM geht man hingegen davon aus, dass mit der Aufhebung des Statuts weniger Frauen aus Drittstaaten hierher kommen, weil sie nach der Aufhebung des Statuts ein Visum für die Schweiz benötigen. «Generell werden die Einreisemöglichkeiten für Frauen aus diesen Staaten dadurch stark eingeschränkt», schreibt das BfM.

Aufgrund der höheren Hürden hätten die Frauen weniger die Möglichkeit, in die Schweiz einzureisen um sich zu prostituieren. «Somit wird auch das Risiko der Verschiebung in die Illegalität reduziert.»

So etwas zu glauben, ist gemäss Nachtclub-Besitzer Jürg König naiv. «Die Frauen kommen doch so oder so ». Nein, sagt er, wenn es dem Bundesrat wirklich um den Schutz der Frauen ginge, gäbe es andere Möglichkeiten als diesen Status zu streichen.

Es gibt Gesetze

«Die Behörden müssten einfach ihren Job machen und rigoros gegen Club-Betreiber vorgehen, die ihren Tänzerinnen  die vereinbarten Löhne nicht zahlen und sie zur Prostitution zwingen. Solche Läden gehören geschlossen, die Betreiber zünftig bestraft, fertig.»

Das ist auch das, was Viky Eberhard, Leiterin von Aliena, der Basler Beratungsstelle für Sexarbeiterinnen, sagt: «Wir haben doch Gesetze, die die Frauen schützen müssten. Es gibt das Animationsverbot, Arbeitsverträge müssten eingehalten werden, Löhne und Sozialversicherungen bezahlt, und Wuchermietzinse sind auch verboten. Die Gesetze werden nicht durchgesetzt, das ist der Punkt.» Das aber, sagt Eberhard, wäre die einfachste Lösung für einen wirksamen Schutz der Frauen.

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