Gegen BVB-Vizedirektor Franz Brunner läuft eine interne Untersuchung. Abgeklärt werden unter anderem Auftragsvergaben, die Brunner an den Gesetzen vorbei unter der Hand organisierte. Eine fragwürdige Nähe zu seinen Lieferanten pflegte Brunner auch bei Auslandsreisen, wie Recherchen der TagesWoche zeigen.
Erneut Unruhe bei den Basler Verkehrs-Betrieben (BVB): Der Sitz von Vizedirektor Franz Brunner ist ins Wackeln geraten. Die BVB haben heute gemäss Mitteilung eine disziplinarische Untersuchung eingeleitet. Diese soll klären, ob Franz Brunner für Verstösse verantwortlich ist, «die personalrechtliche Relevanz haben» – und seinen Posten ebenfalls räumen muss.
Brunner ist gemäss dem Bericht der Finanzkontrolle (Fiko) für mehrere Gesetzesverstösse verantwortlich. So hat er mehrere Aufträge unter der Hand vergeben und sich widerrechtlich Überstunden auszahlen lassen. Die Fiko hat zweifelhafte Praktiken bei den BKB umfassend untersucht.
Fragwürdig war Brunners Umgang mit Dienstleistern und Lieferanten nicht nur, wenn es darum ging, IT-Arbeiten in Basel zu vergeben. 2004 reiste der Finanzchef mit einer kleinen Delegation des ÖV-Unternehmens nach Hamburg. Dort suchten sie die auf ÖV-Informationstechnik spezialisierte Firma Hansecom auf, ein Gemeinschaftsunternehmen von Siemens und der Hamburger Hochbahn. Hansecom bot ein SAP-Tool an, das die BVB unter anderem für ihr Ticketingsystem benötigte.
Lange Nächte auf der Reeperbahn
Nach Sitzungen am Morgen schaute man sich die Hochbahn vor Ort an, später ging es zu einem gemeinsamen Nachtessen. Mit dabei waren Mitarbeiter des Hamburger Unternehmens. Danach löste sich die Gruppe nicht auf, sondern man tauchte zusammen ins Hamburger Nachtleben ein.
Die Hansecom-Leute führten die Basler auf die Reeperbahn und dort in Stripclubs. Bis in die frühen Morgenstunden wurde dort kräftig gefeiert, wie ein damals Anwesender der TagesWoche erzählt. Irgendwann bestellte man sich Champagner und kam den Tänzerinnen näher. Die Hansecom-Vertreter sollen mehrere Runden bezahlt haben. Auch Brunner liess mal eine springen.
«Brunners Privatsache»
Später kam es zum Deal mit der IT-Firma, die bis heute eine enge Geschäftsbeziehung mit den BVB unterhält. Es blieb nicht die letzte Visite Brunners in der Hansestadt. Gemäss BVB-Sprecher Stephan Appenzeller reiste Brunner zwischen 2004 und 2008 rund fünf Mal nach Hamburg zu geschäftlichen Verhandlungen mit Hansecom. Unterkunft, Verpflegung und die Reise hätten die BVB bezahlt. Nach dem geschäftlichen Teil stand etwa ein Musicalbesuch auf dem Programm, später ging es auch mal ins Rotlichtviertel, bestätigt Appenzeller.
Problematisch sei das nicht, sagt Appenzeller: «Was er in seiner Freizeit macht, ist seine Privatsache.» «Für das Bier im Nachtlokal oder den Musicalbesuch kam Brunner selber auf», so Appenzeller. «Den privaten Ausgang von Franz Brunner mit Mitarbeitern der Hansecom in ein Striplokal auf der Reeperbahn erachtet die BVB als nicht anrüchig.»
Die Geschäftsleitung der BVB beschloss am Mittwoch gemäss Mitteilung (siehe Hintergrund zum Artikel) zudem, dass der Bereich Betrieb künftig von einer Co-Leitung geführt wird. Béatrice Thomet, die den Bereich bis jetzt alleine führte, erhält mit René Messmer eine Person zur Seite gestellt. Thomet, die vom inzwischen entlassenen Direktor Jürg Baumgartner von den Zürcher Verkehrsbetrieben (VBZ) nach Basel geholt wurde, ist in der Basis sehr umstritten. Dies, weil sie Buschauffeuren das Radiohören verbieten wollte und das Personal stark unter Druck setzte – so wurden die Mitarbeitendenden auf ihre Sockenfarbe kontrolliert. Die BVB setzen ausserdem ein sogenanntes «Sounding Board» ein. Diese unabhängige Begleitgruppe soll den Verwaltungsrat bei der Aufarbeitung der vergangenen Fehler begleiten und unterstützen. Sie soll auch Anlaufestelle sein für Mitarbeiter, die von fehlbaren Handlungen wissen.
Die BVB waren heute Dienstag ebenfalls an der Sitzung der Basler Regierung ein Thema. Wie Regierungssprecher Marco Greiner sagt, habe sich die Exekutive von Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels über die neusten Entwicklungen bei den BVB informieren lassen. «Die Regierung fühlt sich aufgrund den Informationen bestätigt in ihrer Ansicht: Die Fehler müssen nun vollständig aufgeklärt werden. Es müssen Massnahmen ergriffen werden, um künftiges Fehlverhalten zu verhindern.» Es sei nun die Aufgabe des neuen Verwaltungsratspräsidenten Paul Blumenthal, das Vertrauen vom Personal und der Öffentlichkeit wiederherzustellen. «Besonders das Personal liegt dem Regierungsrat am Herzen. Die Trams und Busse fahren trotz dieser Krise noch problemlos. Das ist das grosse Verdienst des Personals», so Greiner.