Charme-Offensive auf Social Media: Wie sich Basler Nationalräte dabei anstellen

Käsedress, Karate-Kids und FCB-Kommentare: Im Internet veröffentlichen die Basler Nationalräte alles, um Aufmerksamkeit zu erhalten – wohlgemerkt nur in Wahlkampfzeiten.

Die Zahl der Facebook-Beiträge steigt bei Parlamentariern vor den Wahlen sprunghaft an.

(Bild: Nils Fisch)

Käsedress, Karate-Kids und FCB-Kommentare: Im Internet veröffentlichen die Basler Nationalräte alles, um Aufmerksamkeit zu erhalten – wohlgemerkt nur in Wahlkampfzeiten.

Wahlkampf heisst für Politiker: Flyer verteilen, Interviews geben, unzählige Mails verschicken und neuerdings auch: Shares, Likes und Retweets sammeln. Ich bin online, also werde ich gewählt, lautet die Devise.

Auf den ersten Blick fällt auf: Kurz vor den Wahlen posten und sharen die Politiker weitaus mehr als zu normalen Zeiten. Unsere Auswertung der Social-Media-Aktivitäten der Basler Nationalräte bestätigt, dass manche nur im Wahlkampf aktiv, andere hingegen fast permanent online sind. Wer im Online-Wahlkampf wie punkten will, zeigen wir in unserer Übersicht:

Daniel Stolz

Diese Seite blieb den Wählerinnen und Wählern bisher verborgen: Daniel Stolz ist offenbar Karate-Fan. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht der Basler FDP-Nationalrat Bilder von sich, die ihn bei einem Karate-Turnier zeigen. Vom U21-Schweizermeister lässt er sich in die Geheimnisse des Kampfsports einweihen.

Und Dir Luca, unserem U21 Schweizermeister 2010, ein herzliches Merci für die vielen Erklärungen!

Posted by Daniel Stolz – Ihr Nationalrat on Samstag, 12. September 2015

Weitere Fotos zeigen bärtige Männer in weisser Kampf-Montur, darunter die Gratulationen von Stolz. Es ist ein Beispiel dafür, wie Politiker im Internet die Nähe zu ihren Wählerinnen und Wählern suchen. Und Stolz betreibt den Online-Wahlkampf sehr professionell. In aufwendig produzierten Hochglanz-Videos erklärt er, welche Orte er in Basel mag und welche Bedeutung sie für ihn haben. Die Anzahl «Likes» sprechen für Stolz: Während andere Basler Nationalräte nur eine Handvoll Personen erreichen, drücken die Nutzer bei Stolz‘ Beiträgen bis zu 70 Mal «Gefällt mir».

So macht sich Stolz denn auch die Mühe, seinen Fans zu antworten – auch seinen Kritikern. Einen Nutzer mit Che-Guevara-Profilbild scheint Stolz überzeugt zu haben. Dieser schreibt unter den Beitrag: «2mall Ja okay.»

Die Wahlunterlagen sind da – jetzt liegt es an Ihnen. Wenn Sie an das Erfolgsmodell Schweiz glauben, mehr und bessere…

Posted by Daniel Stolz – Ihr Nationalrat on Dienstag, 6. Oktober 2015


Fazit: Daniel Stolz betreibt seinen Online-Auftritt mit viel Aufwand – jedoch erst einige Monate vor den Wahlen. Davor sind seine Social-Media-Profile spärlich gefüllt. Den Twitter-Account benutzt Stolz auch ausserhalb des Wahlkampfs, im Durchschnitt etwa viermal pro Monat.

Social-Media-Beiträge

September 2015: 53

Monatsdurchschnitt 2014: 6

 

Silvia Schenker

Was ihre Online-Zeit angeht, ist Silvia Schenker die Aktivste unter den Basler Nationalräten. Nicht nur bei Polit-Themen meldet sie sich über Twitter und Facebook, auch bei FCB-Spielen ist Schenker aktiv. So beispielsweise beim Spiel FCB gegen Young Boys Bern. Die Kurznachricht, die sie an diesem Abend versendet, reicht sogar für eine Anspielung auf ihre politische Arbeit.

Am selben Tag verteidigte Schenker im Parlament das bedingungslose Grundeinkommen, wo sie in krasser Unterzahl war (die Abstimmung ging mit 14 Ja- und 146 Nein-Stimmen aus). Nach der 4:3-Niederlage des FCB waren es für sie persönlich zwei Niederlagen an einem Tag. Diese verarbeitete sie mit ihrer Ratskollegin Aline Trede (Grüne, BE), was vermutlich nicht viel half: Trede ist Young-Boys-Fan.

Kurz darauf waren die Niederlagen wieder vergessen. Schenker durfte bei einer gross angelegten Telefon-Aktion der SP-Wählerinnen und -Wähler anrufen und sie zur Stimmabgabe bitten. Schenker würde ihr Potenzial verschenken, würde sie diese altmodische Art des Wahlkampfs nicht auch für ihre digitale Präsenz nutzen. Fotos mit persönlicher Note auf Facebook stellen und Likes einsacken – so geht Wahlkampf 2015.

Fleissig telefoniert. Wir geben alles, damit die Linke im Herbst gestärkt wird. Es geht um viel.

Posted by Silvia Schenker wieder in den Nationalrat on Samstag, 26. September 2015


Fazit: Sie ist die Twitter-Queen unter den Basler Nationalräten. Silvia Schenker ist nicht nur im Wahlkampf aktiv, sie twittert auch sonst permanent zu Polit-Themen oder #rotblaulive. Ihr Facebook-Profil benutzt sie hingegen fast nur im Wahlkampf.

Social-Media-Beiträge

September 2015: 91

Monatsdurchschnitt 2014: 49

 

Sebastian Frehner

Auf Facebook beweist der SVP-Nationalrat Selbstironie: «Vielen Dank fürs Kompliment», schreibt Sebastian Frehner an seine Pinnwand und verlinkt dazu einen Text über sich, der ihn als Pharma-Lobbyist Nummer eins im Bundeshaus entlarvt. Ob der Humor bei seinen Facebook-Freunden ankommt? Immerhin neun Personen haben den Gefällt-mir-Button gedrückt.

Vielen Dank fürs Kompliment! 🙂 http://www.watson.ch/!306263499

Posted by Sebastian Frehner: Unser Nationalrat in Bern on Dienstag, 6. Oktober 2015

Die Facebook-Seite von ihm ähnelt einer Medienschau: Da finden sich Frehners Gastbeitrag in der «Basler Woche», der Bericht über seinen Asylvorstoss aus der «Basler Zeitung» oder ein Politiker-Ranking, das ihn als «zweitrechtesten Kandidaten» bewertet. Dabei fällt auf: Frehner greift sich selbst unter die Arme und drückt bei jedem Beitrag auf «Gefällt mir».

Auf Social Media ist Frehner jedoch ausschliesslich im Wahlkampf aktiv. Allein im September stellte Frehner insgesamt 18 Beiträge online, 2014 war es dagegen nur ein einziger Beitrag. Einen Twitter-Account hat der SVP-Kandidat nicht.

Fazit: Frehner ist der klassischer Wahlkampf-Onliner. Seine offizielle Seite bewirtschaftet er nur vor den Wahlen, das Facebook-Profil benutzt er dabei als Plakatwand und Portal, um Medien-Beiträge über sich zu verbreiten.

Social-Media-Beiträge

September 2015: 18

Monatsdurchschnitt 2014: 0


Markus Lehmann

Mit einem Wurfholz in der Hand präsentiert sich der CVP-Nationalrat Markus Lehmann auf Facebook sportlich. Die CVP organisierte ein Event auf dem Buschweilerhof, bei dem Fussball und Kubb gespielt wurden. Für Lehmann ein passender Ort, um sich ganz nah bei den Leuten zu zeigen.

Spiel, Sport und Spass auf dem Buschweilerhof. Vielen Dank an die CVP Sektion Grossbasel West für die Organisation des heutigen Anlasses!

Posted by Markus Lehmann, Nationalrat on Samstag, 5. September 2015

Auch im nächsten Beitrag zeigt sich Lehmann von seiner sportlichen Seite. Er hält ein Fundstück aus dem Basler Sportmuseum in den Händen. 

Was man im Sportmuseum so alles sehen kann – sogar das Käsedress unserer Skinati neben den Euro-Zwillingen!

Posted by Markus Lehmann, Nationalrat on Samstag, 26. September 2015

Und dann verbreitet Lehmann das Interview, in dem er seine Aversion gegen Tattoos verrät.

Ein etwas anderes Interview im heutigen Blick am Abend.

Posted by Markus Lehmann, Nationalrat on Mittwoch, 30. September 2015

 

Fazit: Das Facebook-Profil zeigt in den Wahlkampf-Wochen eine hohe Frequenz an Beiträgen, der Inhalt ist dabei zweitrangig. Ausserhalb des Wahlkampfs ist das Profil praktisch inaktiv. Einen Twitter-Account hat Lehmann nicht.

Social-Media-Beiträge

September 2015: 17

Monatsdurchschnitt 2014: 0


Beat Jans

Die morgendliche Zeitungslektüre an diesem Mittwoch hat es in sich. In einem Interview mit der «Basler Zeitung» fällt dem SP-Nationalrat Beat Jans der Kinnladen runter. Dort breitet der junge Psychologiestudent Daniel Kurmann seine Kritik gegen die Pläne der Basler Rheinhäfen aus – für Jans ein Indiz dafür, dass die BaZ «eine Kampagne gegen den Hafenausbau» fährt.

Einmal tief Luftholen, und schon schreibt Jans einen Beitrag auf Facebook: Was Kurmann sagt, sei «völliger Blödsinn». Darunter veröffentlicht Jans den E-Mail-Verkehr zwischen ihm und Kurmann in voller Länge, Kurmann habe ihn darin mit einem Affen verglichen.

Die BaZ fährt eine Kampagne gegen den Hafenausbau und stellt sich damit voll in den Dienst der Lastwagenlobby, die in…

Posted by Beat Jans on Mittwoch, 9. September 2015

 

«Unglaublich!», kommentiert darunter die SP-Grossrätin Sarah Wyss, und weitere Kommentatoren schiessen gegen die BaZ. Mit dem Beitrag zeigt Jans, wie digitales Polit-Campaigning funktioniert. Jans weiss, dass der Beitrag nicht nur von seinen engsten Freunden gelesen wird, sondern auch Journalisten und Politiker seine Wut wahrnehmen.

Fazit: Ein echter Internet-Muffel, der soziale Netzwerke meidet, wie es nur geht. Als Ultima Ratio, wenn Beat Jans keinen anderen Ausweg sieht oder seinen Emotionen freien Lauf lässt, nutzt er dafür sein persönliches Facebook-Profil. Einen Twitter-Account hat Jans nicht.

Social-Media-Beiträge

September 2015: 5

Monatsdurchschnitt 2014: 0

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