Christliche Pioniere im Geschäft mit Kakao

Basler Missionare kümmerten sich an der Goldküste um das Seelenheil ihrer Schäfchen – und förderten den Kakaoanbau.

Ghana ist heute der zweitgrösste Kakaoproduzent der Welt. Ernte in Ghana in den 1930er-Jahren. (Bild: Mission 21: BmA QD-34.001.0017)

Ghana ist heute einer der grössten Kakaoexporteure. Der Anstoss dazu kam einst von der Basler Mission.

Neben der Verbreitung des Glaubens erachteten es die Missionare der 1815 gegründeten Basler Mission auch als ihre Aufgabe, unter den afrikanischen Heiden die europäische Arbeitsauffassung zu propagieren. In ihr sahen sie einen Garanten für die wirtschaftliche Besserstellung ihrer Schäfchen. In diesem Zusammenhang stehen auch die Bestrebungen, den ursprünglich in Zentralamerika beheimateten Kakao in der britischen Kolonie Goldküste, die 1957 in Ghana aufging, anzubauen.

Der Erste, der dies versuchte, war der Missionar Johannes Haas aus Sissach. Doch die von ihm im Januar 1858 gesetzten Samen sprossen nicht. Sein Nachfolger, der Zürcher Missionar Johann Jakob Lang, war etwas erfolgreicher. Im November 1861 konnte er sich an 10 Kakaobäumchen freuen. Sein Glück war allerdings von kurzer Dauer. Bis August 1863 waren alle zehn Bäumchen Käfern oder Würmern zum Opfer gefallen.

Erst dem ehemaligen Missionsschüler Tetteh Quarshie gelang es schliesslich, Kakao in Ghana anzubauen. Tetteh Quarshie war ursprünglich in der Werkstatt der Basler Mission in Christiansborg zum Schmied ausgebildet worden. 1879 stahl er in einer Kakaoplantage auf der Insel Fernando Po einige Setzlinge und schmuggelte diese in seine Heimat. Seine Pflanzen gediehen, und bald war er nicht mehr der einzige Kakaobauer an der Goldküste.



Mit der «Professor Woermann» wurde 1893 erstmals Kakao von der Goldküste nach Europa exportiert.

Mit der «Professor Woermann» wurde 1893 erstmals Kakao von der Goldküste nach Europa exportiert.

Der Siegeszug des Kakaos

In den Anfangszeiten des Kakaoexports von der Goldküste spielte die mit der Basler Mission verbundene Basler Missionshandlungsgesellschaft (MHG) eine wichtige Rolle. Die erste schriftlich belegte Kakaoausfuhr von der Goldküste erfolgte am 20. Januar 1893. Damals wurden 177 Pfund Kakao mit dem Dampfschiff «Professor Woermann» nach Hamburg verschifft und dort von einem Agenten der MHG in Empfang genommen.

Die Basler Missionshandlungsgesellschaft war im Jahr 1859 aus Kreisen, die der Basler Mission nahestanden, gegründet worden. Ihr Zweck war es, Güter in Länder, in denen die Basler Mission tätig war, zu exportieren und von dort wiederum Kolonialwaren in Europa zu importieren.

Die MHG war als Aktiengesellschaft konzipiert. Ihre Statuten legten fest, dass an die Aktionäre eine Dividende von sechs Prozent ausbezahlt und der Rest des Gewinns je zur Hälfte zwischen Aktionären und Basler Mission geteilt werden sollte.

Die MHG war es, die anfänglich grosse Teile des an der Goldküste geernteten Kakaos exportierte. Um 1900 ging etwa ein Drittel des Goldküsten-Kakaos durch ihre Faktoreien. Damals lag die Welt-Kakaoproduktion bei 115’000 Tonnen, davon steuerte die Goldküste lediglich 1000 Tonnen bei.

Im Jahr 1911 wurden weltweit bereits 244’000 Tonnen Kakao produziert, wobei der Anteil der Goldküste auf einen Sechstel davon angestiegen war. Der Exportanteil der MHG war damals allerdings auf 18 Prozent geschrumpft.

Die Erfindung der Milchschokolade

Dass die Nachfrage nach Kakao gegen Ende des 19. Jahrhunderts derart zunahm und bis heute anhält, ist nicht zuletzt einer Schweizer Erfindung und ihrer industriellen Verwertung geschuldet. Im Jahr 1875 nämlich gelang es Daniel Peter in Vevey die erste Milchschokolade der Welt herzustellen, indem er Kakaobutter und Kondensmilch mischte. Und vier Jahre später erfand Rudolf Sprüngli in Zürich eine Maschine, mit der sich Fondantschokolade produzieren liess.

Der neue Schweizer Wirtschaftszweig entwickelte sich stetig. 1899 kam es mit dem Zusammenschluss der beiden Zürcher Firmen Lindt und Sprüngli auch zur ersten Fusion in der Branche.
Schon früh setzte man auf Expansion im Ausland: 1882 eröffnete Suchard eine Fabrik in Lörrach, die Firma Peter belieferte ab 1902 den amerikanischen Markt und nahm ab 1907 in Fulton im Bundesstaat New York eine Produktionsanlage in Betrieb.

Dem Aufstieg der Schweizer Schokoladeindustrie war förderlich, wie die Historikerin Andrea Franc bemerkt, «dass auch grosse Betriebe rasch entstanden und sich schnell auf dem internationalen Markt durchzusetzen wussten».



Frauen schleppen Kakaoballen zum Verlad an die Küste. Das Bild entstand zwischen 1900 und 1911.

Frauen schleppen Kakaoballen zum Verlad an die Küste. Das Bild entstand zwischen 1900 und 1911. (Bild: Mission 21: BMA D-30.22.052)

Starke Nachfrage

Ab den 1920er-Jahren lieferte die Goldküste zeitweise fast die Hälfte des weltweit produzierten Kakaos. Die MHG und ihre Nachfolgegesellschaften exportierten noch bis 1960 Kakao aus der britischen Kolonie Goldküste beziehungsweise aus dem 1957 unabhängig gewordenen Ghana, dann zog man sich aus diesem Geschäft zurück.

Gegenwärtig ist Ghana mit einem Anteil von 15 Prozent an der Weltproduktion von rund 5 Millionen Tonnen jährlich der zweitgrösste Kakaoproduzent hinter der Elfenbeinküste (33 Prozent). Angesichts der ungebrochenen Beliebtheit von Milchschokolade und der neuerdings in Mode gekommenen Schokolade mit sehr hohem Kakaogehalt darf man davon ausgehen, dass die Nachfrage nach Kakao weiterhin stark bleiben wird.

Dennoch stehen den afrikanischen Kakaobauern möglicherweise schwere Zeiten bevor. Die Elfenbeinküste und Ghana scheinen zwar vorläufig von der Ebola-Epidemie verschont geblieben zu sein. Ob dies so bleibt, ist ungewiss. Die Elfenbeinküste hat zwar die Grenze zu Guinea und Liberia geschlossen, doch sind diese Landstriche schwer zu kontrollieren und die Grenze ist durchlässig. «Daher verwundert es nicht», schreibt die NZZ vom 18. Oktober 2014 auf ihrer Börsenseite, «dass die Befürchtungen um die Kakaoernte bzw. deren Transport innerhalb der beiden Länder (Elfenbeinküste und Ghana) und die zeitgerechte Verschiffung von der Küste die Preisgestaltung beeinflusst haben und wahrscheinlich noch für eine Weile beeinflussen werden. Verbreitete Reiserestriktionen und Quarantänen in den beiden Anbauländern könnten im schlimmsten Fall den ganzen Produktionsapparat zum Stillstand bringen.»

Es sind dies Aspekte der Kakaoproduktion, mit denen seinerzeit weder die beiden Schweizer Missionare noch Tetteh Quarshie gerechnet haben dürften.

Wie der Kakao die Welt eroberte

Der Kakao ist eine typische Kolonialware mit einer komplexen Geschichte. Ursprünglich gehörte er in den mittelamerikanischen Kulturraum. Die Entdeckung der Kakaobohne als Genussmittel wird den Olmeken zugeschrieben, die um 1000 v. Chr. in den Flachlandwäldern des südlichen Mexiko lebten. Der Kakao wurde von der dortigen Oberschicht als Getränk genossen, daneben fand die Kakaobohne auch Verwendung als Zahlungsmittel.

Mit der Kolonialisierung Zentral- und Südamerikas durch die Spanier und Portugiesen gelangte der Kakao auch nach Europa. Im 17. Jahrhundert war die heisse Schokolade gar das Hauptgetränk an Fürsten- und Königshöfen. Später machten ihm allerdings Tee und Kaffee den ersten Rang streitig.

Importiert wurde Kakao bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts vorwiegend aus Südamerika. «Die ersten Kakaoplantagen», schreibt die Historikerin Andrea Franc in ihrem Buch «Wie die Schweiz zur Schokolade kam», «lagen im heutigen Venezuela und waren in der Hand der spanischen Handelsgesellschaft Real Compañia Guipuzcoana, die von Philipp V. (1683–1746) das Monopol dafür erhalten hatte. Zwischen 1730 und 1784 exportierte die Gesellschaft 43’000 Tonnen Kakao nach Spanien. Zu dieser Zeit wurden die Plantagen schon längst mit afrikanischen Sklaven bewirtschaftet. Zwischen 1650 und 1750 sollen jährlich 20’000 Sklaven in Curaçao angekommen sein, danach sogar bis zu 100’000 im Jahr.»

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden dem Kakaoanbau neue Anbaugebiete in Asien und vor allem in Westafrika erschlossen. Dazu gehörte auch die britische Kolonie Goldküste, die 1957 zusammen mit Deutsch-Togo im heutigen Ghana aufging.

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