Das Baselbieter Nein zur Wiedervereinigung von 1969

Im Dezember 1969 scheiterte die Wiedervereinigung der beiden Basel am «Halbkantönligeist».

Wiedervereinigungsgegner errichten 1969 auf der Sissacherflue ein Gerüst, auf dem eine riesige Baselbieterfahne aufgezogen werden und für ein Nein zum Zusammenschluss der beiden Halbkantone werben soll. (Bild: Sammlung AGNH Sissach)

Im Dezember 1969 scheiterte die Wiedervereinigung der beiden Basler Halbkantone im Baselbiet.

Am Wochenende des 6./7. Dezember 1969 war es so weit. Während neun Jahren hatte der gemeinsame Verfassungsrat beider Basel getagt und gearbeitet. Jeweils 75 Verfassungsräte aus den beiden Halbkantonen hatten engagiert mit komplexen Fragen gerungen, um dem gemeinsamen Haus ein möglichst solides Fundament zu geben. Nun lag der Ball bei den Stimmbürgern – und da Basel am 26. Juni 1966 und Baselland am 23. Juni 1968 das kantonale Frauenstimmrecht eingeführt hatte – auch bei den Stimmbürgerinnen.




(Bild: Sammlung AGNH Sissach)

Ungewisser Ausgang der Abstimmung in Baselland

Bis anhin hatten Abstimmungen zur Wiedervereinigung nicht nur in Basel, sondern auch in Baselland jeweils befürwortende Mehrheiten gefunden. Dass dies erneut der Fall sein würde, war im Dezember 1969 alles andere als gewiss. In den Verhandlungen des Verfassungsrats war es nicht gelungen, die Wiedervereinigungsgegner zum Einlenken zu bewegen und sie in ein gemeinsames Projekt einzubinden, obwohl man ihnen in der Frage der Gemeindeautonomie und der angemessenen Vertretung in kantonalen und eidgenössischen Behörden weitgehend entgegengekommen war. Zudem war es den Verfechtern eines selbständigen Baselbiets mit dem Aufbau des «Jungen Baselbiets» gelungen, eine aktive Bewegung auf die Beine zu stellen.

Appell an den Verstand

Die Befürworter appellierten an den Verstand des Souveräns. Für sie war die Wiedervereinigung ein «Rezept für kluge Köpfe». Man solle «an die Zukunft denken», riet das Überparteiliche Komitee für die Wiedervereinigung und betonte: «Die Wiedervereinigung löst Probleme auf lange Sicht (Schulproblem! Spitalproblem! Gemeinsame Infrastruktur-Aufgaben!). Denken Sie nicht nur an sich selbst, sondern auch an Ihre Kinder, die im gemeinsamen Kanton weit bessere Entwicklungsmöglichkeiten haben werden und Ihnen schon in wenigen Jahren den durch Ihr Nein zum Ausdruck gebrachten, überholten Halbkantönligeist nicht verzeihen würden.»

Ganz anders sahen das die Wiedervereinigungsgegner. So hiess es vonseiten der Volksbewegung Selbständiges Baselbiet: «Wir stimmen Nein, denn die Wiedervereinigung ist überholt. Sie löst kein einziges Sachproblem, sie ist ein Abenteuer ohne Ende, sie schafft ein belastendes Minderheiten-Problem.»

Empörte Gegner

Und das «Junge Baselbiet» liess verlauten: «Die junge Generation ist empört, dass man ihr den alten Ladenhüter aus den dreissiger Jahren für alle Zukunft aufzwingen will. Reue und Erbitterung können noch so gross werden, rückgängig machen dürfte man den Handel nie mehr! – Zeugt so etwas von Weitblick?»

In der Schlussphase des Abstimmungskampfes fehlte es auch nicht an heftiger Polemik. So liest man in einem Inserat «eines denkenden Schweizers»:



Der «denkende Schweizer» demonstrierte seine Empörung in einem Zeitungsinserat.

Für den «denkenden Schweizer» war denn auch klar, dass man mit solchen Leuten keinen neuen Staat aufbauen könne: «Nein danke, da bleiben wir doch lieber beim bewährten und guten selbständigen Kanton Baselland.»




(Bild: Sammlung AGNH Sissach)

Nur Basel sagte ja

An der Urne siegte schliesslich der «Halbkantönligeist» bzw. der Wille, am «bewährten und guten selbständigen Kanton Baselland» festzuhalten. Während Basel am 6./7. Dezember 1969 neben der gemeinsamen Verfassung auch den drei weiteren Wiedervereinigungsvorlagen (Grundzüge der Gesetzgebung, Wahlgesetz, Gesetz über die Geschäftsordnung des Kantonsrates) zustimmte, wurden sie in Baselland alle verworfen. 62 der damals 74 Baselbieter Gemeinden sagten deutlich Nein, wobei die Stimmbeteiligung zwischen 62 und 100 Prozent betrug.

Der «Halbkantönligeist» des Kantons Baselland widerspiegelte sich 1969 auch in den Partei-Parolen.

Im Kanton Basel-Stadt lag die Stimmbeteiligung mit 43,8 Prozent um einiges tiefer. Abgesehen von Bettingen, das die Vorlagen verwarf, stiess die Wiedervereinigung im Stadtkanton auf klare Zustimmung.

Bekenntnis zur Partnerschaft

In einer Erklärung hielt die Volksbewegung Selbständiges Baselbiet nach gewonnener Schlacht fest: «Das Nein vom 7. Dezember 1969 bedeutet für uns in doppelter Hinsicht auch ein Ja und eine Verpflichtung.

Das Ja zu unserer Selbständigkeit schliesst die Verpflichtung zum weiteren Ausbau unseres Kantons mitein. (…) Das Ja zu unserer Selbständigkeit beinhaltet aber auch die Verpflichtung zum weiteren Ausbau der regionalen Zusammenarbeit, insbesondere mit dem Kanton Baselstadt. Bei all unserer Liebe zu unserem eigenen Kanton versichern wir unseren Miteidgenossen im Kanton Baselstadt unsere Freundschaft und anerkennen die grosse wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Stadt Basel für unsere Region.»

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