Ein Journalist aus der Region Basel beobachtete im vergangenen Jahr eine Polizeikontrolle. Daraufhin wurde er von der Basler Polizei abgeführt und wegen Diensterschwerung gebüsst. Am Freitag befand das Strafgericht über den Fall.
Ein Sonntagnachmittag im Januar vergangenen Jahres. Eine Polizeistreife kontrolliert in Kleinhüningen auf dem Freiburgersteg drei Asylsuchende aus Nordafrika. Die Männer wurden zuvor dabei beobachtet, wie sie am Strassenrand deponierte Säcke für die Altkleidersammlung wegtrugen.
An besagtem Sonntag spazierte Marius F.* mit seiner Frau und seinem Sohn entlang der Wiese. Als der freischaffende Journalist die Brücke passierte, waren die drei Polizisten dabei, die Asylsuchenden zu kontrollieren. Der Streifenwagen stand nach verschiedenen Zeugenaussagen am Rand der Brücke in der Fussgängerzone. So weit der unbestrittene Sachverhalt.
Marius F. stellte sich daraufhin in einigen Metern Entfernung an den Strassenrand und beobachtete die Personenkontrolle. Für den weiteren Tathergang wurde Marius F. in der Folge gebüsst wegen Diensterschwerung gemäss Paragraph 16.1 des Basler Übertretungsstrafgesetzes. Gegen diesen Strafbefehl erhob der Journalist Einsprache. Ob die Busse gerechtfertigt war und wie weit er von den Beamten entfernt stand, war Gegenstand der Verhandlungen am Strafgericht.
Drei Meter sind entscheidend
Der Journalist habe sich der Personenkontrolle so weit genähert, dass der Persönlichkeitsschutz der Kontrollierten nicht mehr gegeben war – so die Aussage der beiden Beamten. Dadurch habe der Journalist die Arbeit der Beamten erschwert. Ihre Sicherheit sei nicht mehr gewährleistet gewesen. Dabei waren die Aussagen der beiden Beamten vor Gericht von auffallender Widersprüchlichkeit. So etwa bei der zentralen Frage, wie weit der Beobachter von den Beamten entfernt war.
Er stand «hinter unserem Rücken», sagte der eine Beamte. Sein Kollege hingegen konnte sich nicht mehr so genau erinnern: Auch «rund drei Meter» könnten es gewesen sein.
Ebenso unklar blieb, ob der Journalist die Beamten tatsächlich beleidigt habe oder ob es sich gerade umgekehrt zugetragen hat. Klar ist, dass der Dialog zwischen Polizisten und Marius F. nicht nur schmeichelhaft war. Der Journalist habe die Beamten als «unsicher» bezeichnet. Im Gegenzug sei der Begriff «Journalistenpack» gefallen.
Nach dem sich Marius F. konsequent geweigert hatte, sich weiter von den Beamten zu entfernen, wurde er abgeführt. Die Polizei nahm ihn mit auf den Claraposten, wo er nach einer ausgiebigen Personenkontrolle wieder entlassen wurde.
Richterin spricht klares Urteil
Nach der Vernehmung des zweiten Beamten setzte Marius F., der sich selbst verteidigte, zu seinem Schlussplädoyer an. «Die Polizei muss es sich gefallen lassen, dass ihr bei der Ausübung ihres Machtmonopols auf die Finger geschaut wird.»
Der Persönlichkeitsschutz dürfe nicht vorgeschoben werden, um polizeiliche Aktionen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen. Die Aussagen der Polizisten seien zudem widersprüchlich und aus diesem Grund wenig glaubwürdig. Er bestand darauf, rund sechs Meter von den Kontrollierten entfernt gestanden zu haben und beantragte einen Freispruch.
Das Gericht brauchte rund zehn Minuten zur Beratung. Die Distanz zur Kontrolle sei ausreichend gross und die Wegweisung nicht angemessen gewesen, sagte die Richterin bei der Urteilsverkündung. Die Aussagen des zweiten Beamten hätten die Schilderungen des Gebüssten gestützt. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Distanz zu den Beamten tatsächlich mehrere Meter betragen habe.
Der Persönlichkeitsschutz der Kontrollierten sei nicht gefährdet gewesen, ebenso wenig die Arbeit der Polizisten. Es folgte der Freispruch für Marius F. «Das ist aber keine generelle Aussage zur Distanz bei Kontrollen. Das ist in jedem Fall individuell zu beurteilen», so die Richterin.
Das Strafgericht befasste sich bereits vor sechs Jahren mit einem ähnlichen Vorfall. Damals beobachtete die Menschenrechtsaktivistin Anni Lanz ebenfalls eine Polizeikontrolle. Und auch der damals 60-jährigen Ehrendoktorin der Basler Juristischen Fakultät brummten die Beamten eine Busse wegen Diensterschwernis auf. Ihre Beschwerde blieb damals erfolglos.
Dazu Marius F.: «Wenn das Urteil in meinem Fall so bestehen bleibt, ist es ein Präzedenzfall. Auch wenn die Richterin in meinem Fall sagte, das Urteil entspreche keiner neuen Regel, so kann doch daraus abgeleitet werden, dass 6 Meter Distanz zu den Kontrollierten und 4 Meter zu den Polizisten zumindest genügen können. Bisher genügten sie nicht.»