In Arlesheim läuft es bestens. Gerade die Nähe zu Basel zeichnet die Gemeinde aus. Arlesheim geht es so gut, dass es gar nicht wachsen will. Probleme gibt es nicht wirklich. Vom Kanton verlangt die Gemeinde aber mehr Mitbestimmungsrecht.
In Arlesheim scheinen die Probleme des Baselbiets weit weg zu sein. Die Gemeinde richtete ihren Blick immer schon nach Basel. Schon nur der Lage wegen: Mit dem Zug dauert die Fahrt von Arlesheim nur gerade mal acht Minuten, mit dem Tram sind es rund 20. Liestal aber ist für die Arlesheimer nur über Umwege erreichbar – in rund 40 Minuten. Die Nähe zum Kantonshauptort suchte man in Arlesheim ohnehin nie: Als in den 1970er-Jahren eine Schnellstrasse nach Liestal hätte gebaut werden sollen, wehrte man sich in Arlesheim erfolgreich dagegen.
Für den Arlesheimer Gemeindepräsidenten Karl-Heinz Zeller ist die Orientierung nach Basel naheliegend. Zeller, der der grünen Partei Frischluft angehört, ist seit 20 Jahren im Gemeinderat und seit acht Jahren Präsident. Er sagt: «Es gibt keinen Grund für uns, nach Liestal zu gehen. Das heisst aber nicht, dass wir gegen Liestal oder für Basel sind. Dass wir nach Basel blicken, ist aus der Geschichte entstanden.» Es überrascht deshalb nicht, dass Zeller für die Fusion ist – wie wohl die meisten in Arlesheim. Überhaupt sei die Wertschätzung Basels im Dorf «sehr hoch», sagt er.
Arlesheim geht es blendend. Alles scheint perfekt zu laufen in dieser Gemeinde. Seit Jahren gehört das 9000-Seelen-Dorf zu den steuergünstigen Gemeinden im Baselbiet. Nur in Bottmingen zahlt man weniger. Zeller kann sich nicht daran erinnern, dass seine Gemeinde jemals finanzielle Probleme hatte. Es ist gerade die Nähe zu Basel, die Arlesheim als Wohnort attraktiv macht. «Es ist genial: Wir sind stadtnah und grün. Wir profitieren sehr von der Lage.» Dass Arlesheim vermögend ist, ist nicht zuletzt auch auf einen historischen Bau zurückzuführen: den Dom. Dieser wurde 1679 erstellt und brachte Wohlstand nach Arlesheim.
ABB-Areal im Dornröschenschlaf
Nein, Probleme hat Arlesheim keine. Und wenn, dann könnte man sie Luxus-Probleme nennen. Dies sieht auch Karl-Heinz Zeller so. Im Gegensatz zu anderen Gemeindepräsidenten hat er kein Interesse daran, dass seine Gemeinde wächst. Wieso auch? Auf mehr Steuereinnahmen ist Arlesheim nicht zwingend angewiesen, es reicht auch so bestens. «9000 Einwohner ist eine gute Grösse für ein Dorf wie Arlesheim. Werden wir grösser, verlieren wir an Qualität.» Und Qualität wird in Arlesheim gross geschrieben. Wird mal Geld investiert, dann richtig – halbe Sachen gibts dort nicht. So kam für die Überdachung des neuen Busbahnhofes Arlesheim-Dornach kein «0815»-Dach in Frage, ein Wellendach musste her. Die Werkhofmitarbeiter leisten nur in Fair-Trade-Klamotten Einsatz («Wir fühlen uns nun mal der Nachhaltigkeit verpflichtet»).
Arlesheim hat den Ruf, ein elitäres Dorf zu sein, ein versnobtes. Darauf angesprochen sagt Zeller: «Man hat den Ruf, den man hat. Wir versuchen aber, nicht elitär zu sein.» Aber es sei nun mal so, dass Arlesheim viele Qualitäten habe. Nicht zu den Qualitäten Arlesheims gehört jedoch der günstige Wohnraum – eine Mangelware in der Gemeinde. Junge Familien habens schwer, nicht selten ist nur der Abschied aus dem Dorf die Alternative. «Klar, es gibt überall Verbesserungspotenzial. Für junge Familien ist es schon schwierig – es hat günstigen Wohnraum hier, aber diesen zu bekommen ist keine einfache Sache.» Viel dagegen machen kann die Gemeinde laut Zeller allerdings nicht, zumal sie nicht viel Land besitzt. Trotzdem ist in Arlesheim der Anteil Kinder und Jugendlicher stabil – die Schülerzahlen gehen nicht zurück.
Ein weiteres Luxus-Problem in Arlesheim stellt das ehemalige ABB-Areal dar. Die Gemeinde hat grosses Interesse daran, dass sich Firmen dort niederlassen. Der Erfolg lässt aber auf sich warten. Bisher hat es nur die Stamm AG von Binningen dorthin geschafft. Der Grund für den Stillstand: Das Areal gehört dem Kanton, der sich bisher nicht gross um die Zukunft des Geländes gekümmert hat. Immerhin hat die Baselbieter Regierung vor Kurzem beschlossen, dass das ABB-Areal eines der drei Entwicklungsgebiete der Wirtschaftsoffensive werden soll. «In den letzten Jahren befand sich das Areal im Dornröschenschlaf. Ich hoffe, dass es nun vorwärts geht. Denn anders als Salina Raurica ist das ABB-Areal schon bestens erschlossen.»
Ob linke oder bürgerliche Mehrheit ist nicht so wichtig
Auf die Zusammenarbeit mit dem Kanton angesprochen überlegt und zögert Zeller sehr lange, sagt dann: Man sei bemüht möglichst viel Gemeindeautonomie zu haben. Der Gemeindepräsident ist der Ansicht, dass die Gemeinden mehr Aufgaben wahrnehmen könnten. «Wir könnten dies auch effizient und qualitativ gut. Wir haben immer das Gefühl, dass wir zwar zahlen müssen, aber nichts bestimmen können.» So sei die Mitbestimmung im Schulbereich gleich Null. Schwierigkeiten würde es immer auch dann geben, wenn der Kanton und die Gemeinde gemeinsam eine Aufgabe bewältigen müssten. «Es wäre einfacher, wenn die Aufgaben von Anfang an klar getrennt würden.»
Wen Zeller am 3. März wählen wird, ist klar: Eric Nussbaumer. Vom neuen Regierungsrat erwartet er, dass «er die Unterschiede der Gemeinden wahr- und ernstnimmt». Und eben: Mehr Selbst- und Mitbestimmungsrecht sollen her (etwa bei der Raumplanung) – «auch mit dem Gefühl, dass die Gemeinden es gut lösen können.» Zudem will Zeller, dass der Kanton «endlich mehr aktive Wirschaftsförderung betreibt» und seine Finanzen in den Griff bekommt.
An das Wunder Eric Nussbaumer glaubt Zeller aber nicht. Seine Euphorie hält sich in Grenzen. So sagt er: «Ich glaube nicht, dass sich schnell alles verändert, wenn Nussbaumer kommt. Ob es in der Regierung nun eine linke Mehrheit geben wird oder nicht: Am Schluss sind es immer Aufgaben, die der Kanton bewältigen muss – da spielt der Einfluss einer bürgerlichen oder linken Regierung nur minim eine Rolle.»
Wir waren mit dem Arlesheimer FDP-Landrat Balz Stückelberger in seiner Gemeinde unterwegs. Besser gesagt: Er fuhr uns herum. Weshalb Stückelberger nicht mit dem Schwärmen aufhören konnte, erfahren Sie am Freitag hier.