Zwei prominente Basler Gastronomen standen als Kläger und Beklagter vor Gericht. «Landgasthof Riehen»-Wirt Pierre Buess fordert von «Stadthof»-Beizer Josef Schüpfer eine Gewinnbeteiligung. Als ehemaligem Partner stehe ihm diese zu. Es geht um viel Geld.
Für Gastronomen dürfte es nichts Einfacheres geben, als sich an folgendes Sprichwort zu halten: «Iss mit deinem Freund, aber mache keine Geschäfte mit ihm.» Die Wirte Pierre Buess und Josef Schüpfer hielten sich jahrelang daran. Sie sassen zwar gemeinsam im Vorstand des Basler Wirteverbands, den Schüpfer heute noch präsidiert – doch geschäftlich machte jeder sein eigenes Ding. Buess führte das Restaurant Stucki auf dem Bruderholz, Schüpfer wirtete im «Stadthof» und in der «Brötlibar» am Barfüsserplatz.
Erst nach Jahrzehnten des gemeinsamen Schlemmens kam es doch noch zum Geschäft. Mit einigem Tamtam wurde die Zusammenarbeit der prominenten Beizer angekündigt, in der «Basler Zeitung» war 2009 gar von einem «Gastgeber-Tandem» die Rede. Dieses Tandem werde den «Stadthof» nun «gemeinsam führen». Für Buess war das «Stucki» ab sofort Geschichte, die neue Herausforderung lag im Zentrum. Alles sah danach aus, als wäre das Zusammenspiel der zwei Titanen der Beginn einer wunderbaren Kooperation.
Wer war der Chef?
Und nun? Am Mittwoch trafen sich die beiden Männer vor Gericht wieder. Pierre Buess kam von Riehen, wo er seit einem Jahr den «Landgasthof» führt, an die Bäumleingasse. Schüpfer musste einen weniger langen Weg zurücklegen. Er wirtet nach wie vor auf dem «Stadthof» – inzwischen allerdings wieder als alleiniger Chef. Womit wir beim Thema wären: Wer war nun damals der Chef?
Diese Frage galt es zu beantworten, wobei die Antwort auch nach einer knapp fünfstündigen Verhandlung noch aussteht.
Die Zeit reichte dem Gericht nicht aus, um hinter verschlossenen Türen über den Fall Buess gegen Schüpfer zu beraten und ein Urteil zu fällen. Das Gericht weiss jetzt nebst dem Inhalt der Akten aber auch, was Zeugen, Beklagter und Kläger mündlich dargelegt haben. Dabei gab es Widersprüche zur Chef-Frage, die darum so wichtig ist, weil es um Geld geht. Um viel Geld.
Wenig Schriftliches
Kläger ist Pierre Buess. Er sagt: Schüpfer und er hätten vereinbart, dass der «Stadthof»-Gewinn – laut Klägerseite eine Million Franken – durch zwei geteilt werde. Vor Gericht will er erreichen, dass Schüpfer die Geschäftsunterlagen herausgibt und er, Pierre Buess, doch noch zu dem Geld kommt, das ihm seiner Meinung nach zusteht. Schüpfer sieht das anders. Er sagt: Es sei nie die Rede davon gewesen, den Gewinn zu teilen, zumal sich Buess am «Stadthof» finanziell nicht beteiligt habe. Dieser habe schlicht einen Job als Stellvertreter angenommen und sei mit 12 000 Franken pro Monat entlöhnt worden. Zu wenig, findet Buess, zumal etwas anderes vereinbart worden sei.
Buess spricht von einer «einfachen Gesellschaft», die von den beiden gemeinsam betrieben worden sei, weshalb er gesetzlich Anspruch auf die Hälfte des Gewinns habe. Schüpfer will davon nichts wissen. Eine solche Gesellschaft habe es nie gegeben, beide hätten ihre eigenen Firmen weiterbetrieben – allerdings mit Aussicht auf eine spätere Übernahme des «Stadthofs» durch Pierre Buess. Schriftlich liegt nichts vor. Einzig Abrechnungen liegen im Ordner des Gerichts, Verträge sucht man dort vergeblich.
Schüpfer hat bestimmt
Was stimmt? War Buess nun Co-Chef und somit berechtigt, die Hälfte des Gewinns zu kassieren? Zeugen sollten helfen, die Frage zu beantworten. Ein ehemaliger Stammgast des «Stadthofs» erzählte, Buess habe ihm gesagt, er werde das Restaurant übernehmen. Ausserdem sei er von Mitarbeitern als «neuer Chef» bezeichnet worden. Der ehemalige Küchenchef hingegen beantwortete sämtliche Fragen nach dem Chef mit «Herr Schüpfer». Er habe Ware bestellt, Lieferanten bezahlt, Personal eingestellt – und bestimmt. Buess sei eine Art Chef de Service gewesen, obwohl es bereits zwei davon gab.
Es stellt sich die Frage, weshalb ein Wirt ein Lokal wie das «Stucki» verlassen sollte, um normaler Angestellter zu werden. Buess sagt, dass er eben kein normaler Angestellter, sondern Partner gewesen sei. Schüpfers Anwalt Jascha Schneider dagegen rechnete vor, dass sich der Umsatz im «Stucki» unter Buess halbiert habe und dieser darum etwas Neues gesucht habe.
Das Gericht wird nun entscheiden müssen wie die Dinge damals standen, und ob Pierre Buess Anspruch auf Geld aus dem «Stadthof» hat. Fest steht jetzt schon: Beim Geld hört die Freundschaft auf.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.03.13