Das Kleinbasel bekommt endlich das Tram, das es verdient

Grenzacherstrasse, Claragraben, Klybeck-Kleinhüningen: Hier werden bald neue Tramschienen verlegt. Und auch das Tram über die Johanniterbrücke wird wieder zum Thema.

Das Kleinbasel kommt beim nächsten Tramnetzausbau auf seine Kosten.

 

(Bild: Nils Fisch)

Grenzacherstrasse, Claragraben, Klybeck-Kleinhüningen: Hier werden bald neue Tramschienen verlegt. Und auch das Tram über die Johanniterbrücke wird wieder zum Thema.

Der 8er fährt seit einem halben Jahr nach Weil am Rhein und die Bauarbeiten für die 3er-Linie nach St. Louis haben begonnen. Nach diesen wichtigen Entwicklungen des Tramnetzes Richtung Peripherie will sich der Regierungsrat nun der Innenstadt annehmen. Konkret soll die öV-Erschliessung im Kleinbasel ausgebaut werden.

Diesen Entscheid hat Baudirektor Hans-Peter Wessels am Freitag präsentiert. Eine ausführliche «Zweckmässigkeitsbetrachtung» habe klar gezeigt, dass das Tramnetz besonders in Gebieten ausgebaut werden müsse, die sich in einem starken Wandel befinden. Wessels spricht von «potenzialstarken Gebieten»: Gebiete, in denen künftig noch mehr Menschen mitten in der Stadt wohnen und arbeiten werden.

Darunter fällt insbesondere das Wettsteinquartier, weil die Roche dort einen umfrangreichen Ausbau ihres Standortes plant. Grosse Entwicklungen zeichnen sich ausserdem in den beiden Quartieren Klybeck und Kleinhüningen ab. Aus dieser Analyse ergibt sich folgende Priorisierung der Tramnetzentwicklung:

1. Priorität

Grenzacherstrasse – Schwarzwaldstrasse, 1,9 Kilometer




(Bild: BVD)

Dank der milliardenschweren Investitionen der Roche in ihren Standort werden mittelfristig mehrere Tausend Menschen mehr zum Arbeiten ins Wettsteinquartier fahren. Die daraus entstehenden Pendlerströme machen eine entsprechende Erschliessung des Roche-Areals mit dem Tram unumgänglich. Bereits heute ist die Grenzacherstrasse schwer belastet mit dem Busverkehr. Abgesehen von der Verkehrsentlastung würde das Quartier auch sonst von der Tramlinie durch die Schwarwald- und die Grenzacherstrasse profitieren. Dank direkterer Verbindung zu den grossen Umsteigepunkten Badischer Bahnhof, Bahnhof SBB und Bahnhof St. Johann. Befahren würde diese Linie wohl vom 2er-Tram.

Klybeck – Kleinhüningen, 1,6 Kilometer




(Bild: BVD)

Eine solche Linie würde die grossen Entwicklungsgebiete Erlenmatt, BASF-Areal und Hafen besser erschliessen. Die Regierung verspricht sich davon einen Impuls für eine «nachhaltige Stadtentwicklung».

Claragraben, 0,6 Kilometer




(Bild: BVD)

Von allen Projekten ist die Tramlinie durch den Claragraben das Kürzeste. Dennoch sieht die Regierung darin einen wichtigen Schritt, würden damit doch die beiden Knotenpunkte Claraplatz und Wettsteinplatz direkt miteinander verbunden werden. Die Linie durch den Claragraben würde ausserdem eine flexiblere Nutzung der beiden Hauptverbindungen zwischen dem Gross- und Kleinbasel (Mittlere Brücke, Wettsteinbrücke) erlauben.

Für die Projekte in der ersten Priorität will die Regierung Unterstützung beim Bund beantragen. Das sogenannte Agglomerationsprogramm hat bereits die beiden grenzüberschreitenden Projekte 8er und 3er unterstützt. Auch der Margarethenstich wird teilweise aus diesem Programm finanziert.

2. Priorität

Tram 30




(Bild: BVD)

Der Grosse Rat hat sich ein Tram über die Johanniterbrücke gewünscht. Eine Abklärung hat nun ergeben, dass dies technisch machbar wäre, ohne dass die Brücke neu gebaut werden müsste. Demzufolge ist auch das Tram 30 auf der Prioritätenliste weiter nach oben gerutscht. Die genaue Linienführung zwischen dem Bahnhof SBB und der Johanniterbrücke wird derzeit noch geprüft. Die Regierung sieht in diesem Projekt eine wichtige Anbindung der Bahnhöfe an wichtige Arbeitsplatz- und Forschungszentren (Campus Gesundheit und Campus Schällemätteli). Ausserdem sei die Buslinie 30 heute schon stark ausgelastet.

Langfristiger Fokus

Erst längerfristig will sich die Regierung um den Tramausbau im Dreispitz kümmern. Seit bekannt ist, dass die Entwicklung dieses Areals neu in Etappen erfolgen soll, hat sich die Ausgangslage verändert. Die Dringlichkeit einer Erschliessung dieses Areal habe also abgenommen, sagt Wessels.

Gleiches gilt für die Tramlinie durch die Schützenmattstrasse oder für die Erschliessung des Kleinhüninger Hafens. Ebenso in weiter Ferne steht die vielgewünschte S-Bahn-Haltestelle Solitude.

Nächste Schritte

Damit die Regierung für die anstehenden Projekte Geld bekommt vom Bund, müssen diese bis Ende 2016 eingereicht werden. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Pläne entsprechend weiter vorangetrieben und konkretisiert werden. «Als nächstes werden wir Vorstudien erarbeiten für sämtliche Projekte der ersten Priorität», sagt Wessels. Mit diesen Vorstudien fällt der definitive Entscheid, ob neben dem Projekt Grenzacherstrasse – Schwarzwaldstrasse der Claragraben oder die Linie nach Klybeck – Kleinhüningen eingereicht werde. Sämtliche Entscheide bis dahin obliegen dem Regierungsrat, der Grosse Rat wird erst über einen allfälligen Baukredit zu entscheiden haben.

Reaktionen

In einer Stellungnahme begrüsst die Interessengemeinschaft für den öffentlichen Verkehr (IGöV) Nordwestschweiz die Trambau-Pläne des Regierungsrates. Vorstandsmitglied Christoph Wysler schreibt, es sei insbesondere erfreulich, dass nicht die Kosten alleine, sondern der Nutzen für die Bevölkerung bei dem Entscheid hoch gewichtet worden seien. Die IGöV fordert die Regierung auf, auch die Tramlinie 30 weiter voranzutreiben: «Diese Linie muss in das regionale Tramnetz eingebunden werden.»

Artikelgeschichte

  • 10. Juli 2015, 15.30 Uhr: Der Artikel wurde um vier Grafiken ergänzt, die den Verlauf der einzelnen neuen Tramlinien zeigen.
  • 10. Juli 2015, 16.30 Uhr: Der Artikel wurde um die beiden Abschnitte «Nächste Schritte» und «Reaktionen» ergänzt.

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