Eine Verordnung des Bundes duldet keine Fussgängerstreifen in Tempo-30-Zonen. Mit dem neuen Verkehrskonzept müssen in Basel deshalb 34 Fussgängerstreifen weichen. Das weckt Angst um die Sicherheit von Kindern.
Mit dem neuen Verkehrskonzept sollen Basels Kernzonen verkehrsberuhigt werden. In der Grossbasler Innenstadt werden neue Fussgängerzonen lanciert, im Kleinbasel sollen Tempo-30-Zonen für mehr Sicherheit sorgen. Im Kleinbasler Zentrum verunsichert das neue Konzept aber viele Fussgänger. Denn zwischen Wettsteinplatz und Feldbergstrasse wurden in den letzten Wochen 16 Fussgängerstreifen aufgehoben.
Grund: Eine Verkehrsordnung des Bundes sieht vor, dass es in Tempo-30-Zonen in der Regel keine Fussgängerstreifen gibt. Denn diese sind genau genommen überflüssig, Fussgänger dürfen in Tempo-30-Zonen die Strassen überall überqueren. Sie haben aber gegenüber dem Strassenverkehr keinen Vortritt.
Nicht alle Fussgängerstreifen fielen aber der Tempo-30-Verordnung zum Opfer: Ausnahmen bilden spezielle Situationen wie vor Schulen oder Altersheimen sowie in Tempo-30-Abschnitten auf verkehrsorientierten Strassen. Gemäss Verkehrsgesetz wurden im Kleinbasel ausserdem Stopp-Zeichen entfernt sowie bisher bestehende Vortrittsrechte ausser Kraft gesetzt und der Rechtsvortritt eingeführt.
An der Ecke Sperrstrasse / Hammerstrasse heisst es neu Rechts vor Links (Bild: Daniel Faulhaber)
Auf dem Stadtteilsekretariat Kleinbasel gingen bereits zahlreiche Klagen besorgter Eltern ein, die ihre Kinder nun nicht mehr unbeaufsichtigt in die Schule schicken können. «Die Schulen und Kindergärten wären vor der Umsetzung zumindest gerne informiert worden», sagt Heike Oldörp vom Stadtteilsekretariat. So aber wollten sie eines Tages die Strasse überqueren und der Fussgängerstreifen war weg.
Die Fussgängerstreifen wurden zwar entfernt, ein Schatten ist aber übrig geblieben. Grund genug, vorerst an den alten Vortrittsrechten festzuhalten. (Bild: Daniel Faulhaber)
Kinder brauchen klare Signale
Auch Regula Riniker, Leiterin des Mittagstisches «Stromboli»für Kinder an der Breisacherstrasse, kann die Aufhebung der Übergänge nicht nachvollziehen. «Kinder können mit Vorfahrtsregeln und Tempolimiten nichts anfangen», sagt sie, «sie sind auf ein klares Signal angewiesen.» Da einige Fussgängerstreifen an entscheidenden Stellen wie der Klybeckstrasse entfernt wurden, müsse sie dort mit den Kindern wohl oder übel ohne Markierung über die Strasse gehen. «Und wer erklärt den Kindern, dass sie das auf einer Tempo-50-Strasse aber auf keinen Fall machen dürfen?»
Die Signalisationsarbeiten im Kleinbasel sind beinahe abgeschlossen. Die Verordnung des Bundes zu Tempo-30-Zonen habe man relativ grosszügig umgesetzt, sagt Jasmin Fürstenberger vom Bau- und Verkehrsdepartement Basel (BVD). «Von 51 Fussgängerstreifen im entsprechenden Perimeter in Kleinbasel haben wir 16 entfernt, das sind rund 30 Prozent.» Zurzeit machen vereinzelte Spezialtafeln auf die neue Signalisierung aufmerksam. Die neuen Tempolimiten und Vorfahrtsrechte gelten aber bereits ohne Einschränkungen.
Zwischen dem Alterzentrum Wesley-Haus und der Claramatte durfte der Fussgängersteifen bestehen bleiben. Die Markierung über die Klingentalstrasse musste weg. (Bild: Daniel Faulhaber)
Romeo di Nucci, verantwortlich für die Umsetzung des Verkehrskonzepts Innenstadt beim BVD, sagt: «Bei der Auswahl der aufgehobenen Markierungen haben wir die Verordnung des Bundes zugunsten der Fussgänger ausgelegt.»
Primarlehrer und Eltern im Quartier bedauern die Aufhebung der Markierungen, sie formulieren Gegenvorschläge: Besonders geeignete Stellen für die Überquerung der Strasse könnten mit gelben Fussabdrücken auf dem Trottoir markiert werden. Dieser Vorschlag könnte Realität werden: Der Bund diskutiert zur Zeit eine Anpassung der Signalisationsregelung in Tempo-30-Zonen.
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Eine Übersicht über die wichtigsten Regeln in verkehrsberuhigten Zonen finden Sie auf der Rückseite des Artikels.