Am kommenden Mittwoch debattiert der Grosse Rat über das Gesetz über die Nutzung des öffentlichen Raumes (NöRG). Die Parlamentarier werden nicht das letzte Mal über das Thema sprechen: Künftig wollen sie immer mitreden.
Seinen 90. Geburtstag wird es nicht erleben: Das Basler Allmendgesetz aus dem Jahre 1927 ist veraltet – und muss, obwohl in den vergangenen Jahrzehnten oft ergänzt, ersetzt werden. Die Allmend war damals nicht, was sie heute ist: eine Ausweitung der eigenen vier Wänden, ein Ort, an dem sich die Menschen über Stunden aufhalten und nicht nur, um von A nach B zu gelangen. Das Rheinbord, Pärke und Plätze sind zu zweiten Wohnzimmern geworden.
Er ist knapp, dieser öffentliche Raum – und begehrt. Wer hat schon privat ein Grundstück zur Verfügung, das gross genug für Hunderte von Menschen ist, die sich versammeln, um gemeinsam ein Konzert zu hören? Das Bedürfnis nach Orten, die solche Veranstaltungen ermöglichen, wird höchstwahrscheinlich zunehmen – die «Mediterranisierung» ist nicht mehr zu stoppen.
Mehr Macht dem Grossen Rat
Bloss: Wer soll den öffentlichen Raum wofür und wann nutzen dürfen? Und wer bestimmt das?
Das Gesetz über die Nutzung des öffentlichen Raumes (NöRG) soll solche Fragen beantworten und die Abläufe vereinfachen. Ausserdem soll es regeln, was teilweise schon heute praktiziert wird. So gibt es etwa bereits via Internet einsehbare Bespielungspläne für öffentliche Orte. Dieses Planungsinstrument soll nun gesetzlich verankert werden.
Bereits im vergangenen März hat die Regierung ihren Ratschlag zur Gesetzesrevision der Bau- und Raumplanungskommission (BRK) des Grossen Rates überwiesen, am kommenden Mittwoch wird nun darüber debattiert.
Parlament gegen Regierung
Die 13-köpfige Kommission unter dem Vorsitz von Andreas Albrecht (LDP) ist in vielem, aber nicht in allem einig mit der Regierung. So fordert die BRK zum Beispiel, dass die Zuständigkeit zum Erlass spezieller Nutzungspläne beim Grossen Rat liegen solle. Das sieht die Regierung anders: Sie möchte selber dafür zuständig sein.
Es sei von «hoher politischer Relevanz», wie und in welcher Intensität die wichtigen Plätze der Stadt genutzt würden, schreibt die Kommission. Die zuständigen Grossräte gehen so weit, die Entscheidung über die Nutzung dieser Plätze mit der Planung grösserer Bauwerke zu vergleichen. Da die Zuständigkeit für Bebauungspläne beim Parlament liege, müsse dieses künftig konsequenterweise auch für Nutzungspläne verantwortlich sein.
Öffentlicher Prozess
Ein wichtiges Argument für diese Regelung bildet die sogenannte «Verfahrensöffentlichkeit», die damit gegeben wäre. So könnten sich während des Gesetzgebungsverfahrens Parteien, Verbände und Bevölkerungsgruppen «frei äussern und an der Meinungsbildung mitwirken». Bei umstrittenen Fällen könnte ein Referendum ergriffen werden. Die Diskussion, wie ein Platz genutzt werden soll, würde also nicht mehr weitgehend hinter verschlossenen Türen stattfinden.
Wenig freuen dürfte das die vom Regierungsrat eingesetzte Kommission für Veranstaltungen auf öffentlichem Grund, die derzeit dafür sorgt, dass Veranstaltungen die Bevölkerung möglichst nicht oder so wenig wie möglich einschränken und belasten. Die Gruppe mit Verwaltungsvertretern aus fünf Departementen holt vor ihren Entscheiden ebenfalls die Meinung von Interessengruppen ein, Öffentlichkeit wie etwa bei Grossratsdebatten kann sie jedoch nicht bieten.
Schwammige FormulierungeDer Bericht der BRK weicht auch in weiteren Punkten von den regierungsrätlichen Vorstellungen ab. Kritisiert werden etwa die oft schwammigen Formulierungen.
Die BRK zeigt teilweise zwar Verständnis dafür, da oft «Lebenssachverhalte» betroffen seien, die sich wandelten. Bei der Ausarbeitung des Allmendgesetzes von 1927 habe schliesslich auch niemand damit gerechnet, dass auf dem Barfüsserplatz einmal Beachvolleyball gespielt werde.
Im BRK-Bericht finden sich allerdings einige Präzisierungen. Kann-Formulierungen werden durch Klartext ersetzt, und das «öffentliche Interesse» wird in einem Fall mit dem Beispiel des «hohen Nutzungsdrucks» klarer definiert.
Klar ist schon heute: Die Debatte über das NöRG wird kommende Woche einige Gemüter erhitzen.