Das will Operation Libero in Basel erreichen

Die junge Polit-Bewegung expandiert in die Region. Die zwei Co-Präsidenten der neuen Basler Sektion erklären, was ihre politischen Anliegen sind und welche Rolle dabei die sozialen Medien einnehmen. Dabei möchten sie das Image eines Jungakademiker-Clubs loswerden.

Eine zukunftsorientierte, offene, wirtschafts- und gesellschaftsliberale Schweiz mit Raum für alle Lebensentwürfe: So beschreiben Francesca Giardina und Christoph Collins ihre Vision. Die beiden teilen sich nun das Präsidium der neuen Basler Sektion von Operation Libero.

(Bild: Hans-Joerg Walter)

Die junge Polit-Bewegung expandiert in die Region. Die zwei Co-Präsidenten der neuen Basler Sektion erklären, was ihre politischen Anliegen sind und welche Rolle dabei die sozialen Medien einnehmen. Dabei möchten sie das Image eines Jungakademiker-Clubs loswerden.

Sie wurde als die politische Sensation des Jahres gefeiert. Zwar besteht die Gruppierung Operation Libero schon seit 2014, doch mit der Mobilisierung für ein Nein zur Durchsetzungsinitiative (DSI) stand sie zum ersten Mal im Rampenlicht. Besonders ihr Gesicht, die Co-Präsidentin Flavia Kleiner, erreichte über Nacht nationale Bekanntheit. Nach dem Erfolg vom 28. Februar will die Gruppe, welche sich als politische Bewegung versteht, am Ball bleiben.

Seit Mittwoch, 5. Oktober 2016 sind die Liberos auch offiziell in Basel aktiv: Im Restaurant Parterre fand die Gründungsversammlung der neuen Sektion statt. Dabei wurde der achtköpfige Vorstand gewählt. Das Präsidium teilen sich Francesca Giardina (28) und Christoph Collins (42). Es sei höchste Zeit, dass die Bewegung auch in Basel Fuss fasse – schliesslich passe sie sehr gut zu dieser Region.

Politisieren über Social Media

Die zwei Co-Präsidenten haben unterschiedliche Hintergründe: Francesca Giardina arbeitet nach einem Bachelor-Abschluss in Multimediaproduktion als Freelancerin auf diesem Gebiet und studiert Geschichte und Soziologie in Basel. Christoph Collins ist als Sozialpädagoge und Unternehmer tätig. Er leitet in Therwil zusammen mit seiner Frau ein Kinderheim.

Für Operation Libero haute er als «Online-Warrior» in die Tasten. Was martialisch klingt, ist ein Grundsatz der Gruppe: «Wir möchten uns in den Social Media mit den Leuten auseinandersetzen», sagt Collins. Als Beispiel nennt er die Verwirrung vor der Abstimmung über die Asylgesetzrevision: Es sei ihm darum gegangen, etwa auf Facebook einmal die Fakten zusammenzutragen, damit sich Leute eine Meinung bilden. «Operation Libero macht Sachpolitik statt Parteipolitik», erklärt der Basler Co-Präsident. «Uns kann man nicht in eine Schublade stecken».

Dementsprechend möchte die Gruppe Leute aus verschiedenen Parteien ansprechen. Zwei Mitglieder der Basler Sektion sind aus der Lokalpolitik bekannt: Der Grossratskandidat Elias Schäfer (FDP) und Christian Mueller von der Kleinstpartei «Freistaat Unteres Kleinbasel» (FUK), der für den Regierungsrat und das Regierungspräsidium kandidiert. Francesca Giardina hält fest, dass sich die Gruppe nicht innerhalb des politischen Establishments, sondern als Ergänzung dazu sehe. Die Vision sei übergeordnet: Eine «zukunftsorientierte, offene, wirtschafts- und gesellschaftsliberale Schweiz», in der es «Platz für alle Lebensentwürfe haben» soll, sagt Giardina.

Nicht nur für hippe Studis aus der Stadt

Ein zuweilen in den Medien geäusserter Vorwurf an die Adresse der Operation Libero: Sie predige, wie man es richtig macht, ohne jedoch die Knochenarbeit im Parlament und in den Kommissionen tätigen zu müssen. Christoph Collins entgegnet: «Wir haben nicht dieselben Ressourcen wie die grossen Parteien und nehmen als zivilgesellschaftliche Bewegung auch eine andere Rolle ein.» Es sei aber ein Ziel, sich mit Parlamentariern zu vernetzen. Auch eigene Volksinitiativen hält Collins nicht für ausgeschlossen. Dies sei aber Zukunftsmusik.



«Wir sind nicht einfach ein Studentenhaufen»: Die politische Bewegung hat sich in Basel zum Ziel gesetzt, über die Social Media verschiedene Leute abzuholen.

«Wir sind nicht einfach ein Studentenhaufen»: Die politische Bewegung hat sich in Basel zum Ziel gesetzt, über die Social Media verschiedene Leute abzuholen. (Bild: Hans-Joerg Walter)

Kritiker haben der Bewegung auch elitäres Gebaren vorgeworfen. Ist Operation Libero nun eine Domäne von urbanen Jungakademikern der Generation Y? Diesen Vorwurf bestreiten die beiden. «Wir sind nicht einfach ein Studentenhaufen», sagt Christoph Collins, der sich von seinem Werdegang – ursprünglich war er als Maschinen- und Küchenbauer tätig – schon mal nicht zu dieser Gruppe zählt.

Es gehe bei der Operation Libero viel mehr darum, unterschiedliche Berufs- und Altersgruppen anzusprechen. So sei etwa der älteste «Online-Warrior» längst pensioniert. Dem Internet falle generell eine wichtige Rolle bei der Meinungsbildung zu – nicht nur bei den viel diskutierten Digital Natives. «So können wir Anliegen und Ideen sammeln, fundiert argumentieren und in den Social Media übersetzen», erklärt Francesca Giardina. «Das würde ich daher nicht als Vorwurf sehen – so funktioniert halt Operation Libero».

Kantönligeist, Burkas und Völkerrecht

Wichtige Basler Themen für die frisch gebackene Sektion könnten die Migration, die Dreiländerecksituation sowie die Zusammenarbeit mit den Nachbarn sein. Alte Zöpfe wie die Rivalität mit Zürich oder den ewigen Zwist zwischen den beiden Halbkantonen wolle man hinter sich lassen: «Witze darüber sind an der Fasnacht lustig, doch die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg ist nun mal wichtig», sagt Christoph Collins. Die Gruppe möchte den Kantönligeist überwinden. Von den acht Vorstandsmitgliedern stammen dementsprechend vier aus dem Baselbiet.

Wie ein Blick auf die Website verrät, hat Operation Libero ihren Aktionsradius erweitert. Nun möchte die Bewegung die im August von der SVP eingereichte Initiative «Landesrecht vor Völkerrecht» bodigen. Als Protest gegen das Burkaverbot, welches kürzlich im Nationalrat Zustimmung fand, lancierte sie zudem eine Online-Petition. Wie dort zu lesen ist, sei eine Kleiderordnung in der Verfassung «der Gipfel der bürokratischen Anmassung». Aufgerufen wurde auch zu einer Online-Verhüllungsaktion bei Twitter, aber nicht mit Burkas, sondern mit Nonnenhauben, Wrestlermasken und Spaghettisieben – ganz unter dem Motto «mit Selfies gegen Symbolpolitik».

Beim Thema Sozialstaat sind noch Debatten zu erwarten

Andere Anliegen von Operation Libero sind etwa die Erhöhung der Aufenthaltsbewilligungen für Drittstaatler, erleichterte Einbürgerungen und Adoptionsrechte für Homosexuelle. In gesellschafts- und europapolitischen Fragen sowie bei der Migration möchte die Gruppe Gegensteuer zu den Nationalkonservativen geben. Dass bei Sozialpolitik auf Steuergutschriften gesetzt wird oder die Liberalisierung des Fernbusverkehrs zu den Forderungen gehört, dürfte in linken und gewerkschaftlichen Kreisen für Stirnrunzeln sorgen. Dasselbe gilt wohl für die kürzlich beschlossene Nein-Parole zur Initiative «AHVplus».

Vielleicht werden Debatten dieser Art auch bald in Basel anstehen: Francesca Giardina betont, es gehe unter anderem darum, bei manchen Themen die Diskussionen zu fördern. Daher möchte der neue Basler Ableger demnächst Stammtischgespräche, Arbeitsgruppen und Podiumsdiskussionen auf die Beine stellen.

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