Den Griechen vergeht die Lust am Auto

Immer neue Steuern machen das Autofahren für viele Griechen unerschwinglich. Bereits 100’000 Autofahrer gaben 2013 ihre Nummernschilder wieder ab. Viele Autohändler kämpfen um ihre Existenz und versuchen nun ihre BMW, Porsche und Mercedes wieder nach Deutschland zu verkaufen.

Rasant schnell und unglaublich unbegehrt - Sportwagen in Griechenland. In den vergangenen zwei Jahren haben 30'000 Angstellte der Autobranche ihre Jobs verloren. (Bild: ORESTIS PANAGIOTOU)

Immer neue Steuern machen das Autofahren für viele Griechen unerschwinglich. Bereits 100’000 Autofahrer gaben 2013 ihre Nummernschilder wieder ab. Viele Autohändler kämpfen um ihre Existenz und versuchen nun ihre BMW, Porsche und Mercedes wieder nach Deutschland zu verkaufen.

Lange hat Manolis Petropoulos gespart für seinen Traum. Im Frühjahr 2009 stand er endlich vor der Tür, der silbergraue Mercedes ML – zur Hälfte selbst bezahlt, den Rest gab die Bank als Kredit. Noch drei Monate muss Manolis Raten zahlen, aber Autofahren kann er nicht mehr. Der Mercedes steht in der Garage, die Nummernschilder sind abgeschraubt. 

Manolis ist einer von zahllosen Griechen, die wegen der Krise aufs eigene Auto verzichten müssen. Als jetzt die Motorfahrzeug-Steuer für das Jahr 2013 fällig wurde, standen rund 100’000 Autobesitzer vor den griechischen Finanzämtern Schlange – nicht, um die Steuern zu zahlen, sondern um die Nummernschilder ihrer Autos zurückzugeben. Seit Beginn der Krise 2009 haben bereits 612’000 Griechinnen und Griechen ihre Autos abgemeldet. Erstmals seit Kriegsende geht die Zahl der zugelassenen Autos in Griechenland jetzt von Jahr zu Jahr zurück. Personenwagen, die ohne Kennzeichen als Dauerparker am Strassenrand stehen, sind inzwischen ein gewohnter Anblick in Griechenland.

Auch für Manolis wurde das Traumauto inzwischen zum Alptraum: «1100 Euro Motorfahrzeug-Steuer sollte ich für dieses Jahr bezahlen, dazu eine neu erhobene Luxussteuer von 2980 Euro – das Geld habe ich nicht», sagt der 38-Jährige, der im Athener Stadtteil Pangrati ein Restaurant betreibt. Sein Umsatz ist im vergangenen Jahr um 25 Prozent eingebrochen. Zuerst hatte Manolis gehofft, seine M-Klasse gegen ein kleineres Modell eintauschen zu können, um Steuern zu sparen. Aber kein Händler wollte den Geländewagen in Zahlung nehmen.

Neuwagenverkäufe um 40 Prozent eingebrochen

Auch bei Spiros Kanellopoulos war er. An der Athener Syngrou-Alle betreibt Kanollopoulos einen Gebrauchtwagenhandel. Als Manolis mit seiner M-Klasse vorfuhr, hat er sofort abgewinkt. «Solche Autos stehen wie Blei», sagt der Händler und zeigt auf einen schwarzen Porsche Cayenne. Vier Jahre ist der Wagen alt, hat nur 35’000 km auf dem Tacho. Aber obwohl der Händler das Auto für 19’900 Euro anbietet, findet er keinen Käufer.

Viele BMW, Porsche, Audi und Mercedes treten jetzt wieder die Rückreise nach Deutschland an

Die Autohäuser trifft die Krise mit voller Wucht. 2012 gingen die Neuwagenverkäufe um 40 Prozent zurück – nachdem sie bereits 2010 um 35 Prozent und 2011 um weitere 31 Prozent eingebrochen waren. Im vergangenen Jahr konnten die Händler nur noch 58’452 Neuwagen verkaufen. Zum Vergleich: Im Spitzenjahr 2004 waren es 282’000 Fahrzeuge. Damals, im Olympia-Jahr, herrschte Aufbruchsstimmung in Griechenland. Niemand ahnte etwas von der Krise, die fünf Jahre später über das Land hereinbrechen sollte. 

Monatsabo statt Mercedes

Die Menschen waren optimistisch – und viele lebten über ihre Verhältnisse. Vor allem schwere Geländewagen und rassige Sportcoupes wurden gekauft, oft auf Pump. Jetzt sind solche Autos praktisch unverkäuflich. Im vergangenen Jahr wurde in Griechenland lediglich ein einziger Ferrari neu zugelassen. Jaguar kam auf drei Neuzulassen, Porsche konnte immerhin 25 Käufer finden. Noch 2007 wurden in Griechenland fast 500 Exemplare der deutschen Sportwagenmarke verkauft. Immer mehr Autohändler geben wegen der Flaute auf.

Viele BMW, Porsche, Audi und Mercedes treten jetzt wieder die Rückreise nach Deutschland an: Findige Händler verkaufen die gebrauchten Luxusautos, für die sie in Griechenland keine Abnehmer mehr finden, dorthin. Der Trend dürfte sich verstärken. Denn mit den neu eingeführten Luxussteuern werden Autos mit mehr als 1,9 Litern Hubraum jetzt für viele Griechen praktisch unerschwinglich.

Der ehemalige Mercedes-Fahrer Manolis überlegt noch, was er mit seinem Auto machen soll: Weit unter Wert verscherbeln oder behalten und auf bessere Zeiten hoffen? Bis er es weiss, hat er eine neue Lösung gefunden. Manolis hat sich eine Monatsabo der Athener Verkehrsbetriebe gekauft.

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