Als Hüter des konfliktreichen Verkehrsdossiers muss der emsige Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels im zweiten Wahlgang noch einmal antreten. Wessels ist aber weit mehr als der verpönte Parkplatzvernichter, wie ein Rückblick in Zahlen zeigt.
Das Verdikt am Stammtisch einer Basler Tambouren-Clique ist klar. «Der Wessels gehört abgewählt», sagt einer. Er muss nicht lange auf zustimmende Voten warten: «Unter ihm stirbt die Stadt», sagt ein anderer. Der erste wohnt in Allschwil, der zweite in Binningen; beide beklagen sich, dass sie ihre Autos in der Kleinbasler Altstadt nicht mehr parkieren können. Später meldet sich noch ein Mittrommler aus Riehen pointiert gegen den Bau- und Verkehrsdirektor zu Wort.
Die Wessels-Kritiker aus Allschwil und Binningen werden auch im zweiten Wahlgang murrende Zuschauer bleiben, während sich diejenigen aus Riehen mit grösster Wahrscheinlichkeit damit werden abfinden müssen, dass die Wählerinnen und Wähler aus der Stadt den Verkehrsdirektor im Amt bestätigen werden. Wie aus einer Zusammenstellung der «bz Basel» hervorgeht, hätte Wessels in der Stadt das absolute Mehr bereits im ersten Wahlgang geschafft.
Emsiger Baudirektor
Wessels polarisiert. Mehr als seine mitregierenden SP-Genossen Eva Herzog und Christoph Brutschin, welche die Wiederwahl im ersten Wahlgang spielend schafften.
An den zahlreichen Schulhäusern, die unter Wessels neu gebaut oder umfassend saniert wurden, dürfte es nicht gelegen haben. Auch nicht am neuen Erweiterungsbau des Kunstmuseums, am neuen Biozentrum oder am Umbauprojekt des Stadtcasinos.
Als Baudirektor erteilte Wessels in den vergangenen acht Jahren fast 12’000 Baubewilligungen, bewilligte rund 200 Gastrobetriebe, liess gegen 1000 neue Bäume pflanzen, weihte 37 Parkanlagen und Kinderspielplätze ein. Soweit ein paar Kennzahlen, die uns von der Medienstelle des Bau- und Verkehrsdepartements zur Verfügung gestellt wurden.
Umstrittener Verkehrsdirektor
Polarisiert hat Wessels vor allem als Verkehrsdirektor. Dass er – übrigens zusammen mit seinem ebenfalls noch nicht wiedergewählten Kollegen Baschi Dürr – dafür sorgte, dass die Fussgängerzonen in der Basler Innenstadt als quasi letzte in der Schweiz wirklich zu solchen wurden, brachte ihm den Ruf als «fröhlicher Autohasser» (Zitat BaZ-Chefredaktor Markus Somm) ein. Die Parkraumbewirtschaftung und der Abbau von Parkplätzen auf der Allmend verstärkten dieses Feindbild.
Der Umstand, dass viele dieser Massnahmen nicht auf Wessels eigenem Mist gewachsen sind, wird oftmals ausgeblendet. Die umstrittene Einführung von kostenpflichtigen Motorrad-Abstellplätzen in der Innenstadt zum Beispiel geht auf einen Vorstoss im Grossen Rat zurück, der 2009 an die Regierung überwiesen wurde.
Auch Wessels selber hat die Unterschiede in der Wahrnehmung seiner Arbeit als Baudirektor zu seinen Aufgaben als Verkehrsdirektor als frappant wahrgenommen:
«Die meisten Bau- und Stadtentwicklungsprojekte der letzten Jahre konnten höchst erfolgreich aufgegleist und schlank umgesetzt werden – ganz im Gegensatz zur Verkehrspolitik, wo selbst um absolute Lappalien mit grosser Verbissenheit gerungen wird. Bezeichnend ist, dass der Ersatz von ein paar wenigen Parkplätzen an der Wettsteinallee durch Bäume politisch mehr zu reden gibt als der Roche-Turm, der Neubau des Biozentrums oder der Bau von 500 Genossenschaftswohnungen auf dem Felix-Platter-Areal.»
Hätte ein bürgerlicher Vorsteher anders gearbeitet?
Sich selber stellt Wessels wenig überraschend auch in Verkehrsthemen ein gutes Zeugnis aus:
«Dass wir die beiden Generationenprojekte Herzstück und Rheintunnel entscheidende Schritte vorangebracht haben, darauf bin ich stolz. Die Innenstadt ist nach Jahrzehnten fruchtloser und polemischer Diskussionen verkehrsberuhigt. Es ist uns gelungen, den enorm gestiegenen Pendlerverkehr stadtverträglich abzuwickeln. Wir haben mit zahlreichen Arealentwicklungen viel Fläche für Wohnen und Arbeit gewonnen. Die Lebensqualität hat zugenommen. Die Arbeitsplätze nehmen stark zu, die Einwohnerzahl steigt, Basel floriert.»
Als Mitglied einer siebenköpfigen Regierung konnte er natürlich nicht im Alleingang schalten und walten. Und er musste Aufträge erfüllen, die ihm aus dem Grossen Rat oder gar über Volksabstimmungen zugetragen wurden. Ein Beispiel ist der angenommene Gegenvorschlag zur Städteinitiative, der dazu führte, dass eine zehnprozentige Reduktion des Autoverkehrs als Ziel in der Kantonsverfassung verankert wurde.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was ein bürgerlicher Departementsvorsteher unter dem Strich überhaupt hätte anders machen können. Gar nicht so wenig, meint Wessels:
«Unter einem bürgerlichen Departementsvorsteher hätte sich die Lebensqualität in den Wohnquartieren – Stichworte: Verkehrsberuhigung und mehr Grün – kaum so positiv entwickelt. Möglicherweise hätte ein Bürgerlicher auch den Wohnungsbau weniger stark forciert. Zudem hätten wir heute wohl deutlich mehr Stau in Basel, wenn der öffentliche Verkehr und der Veloverkehr nicht so stark gefördert worden wären in den letzten Jahren.»