Der Front National schreibt im Elsass Geschichte

Der durchschlagende Erfolg des französischen Front National bei den Europawahlen fordert auch im Elsass Opfer in anderen Parteien. Veteranin Catherine Trautmann scheidet aus dem Strassburger Parlament aus.

Darauf eine E-Zigarette: Marine Le Pen gönnt sich nach dem Erfolg ihres Front National eine kleine Belohnung. (Bild: PASCAL ROSSIGNOL)

Der durchschlagende Erfolg des französischen Front National bei den Europawahlen fordert auch im Elsass Opfer in anderen Parteien. Veteranin Catherine Trautmann scheidet aus dem Strassburger Parlament aus.

29 Prozent der Stimmen im Wahlbereich Ostfrankreich («Grand Est»), zu dem auch das Elsass gehört: Es stimmt, für den Front National (FN) ist das ein «historisches Ergebnis». Die Einschätzung stammt von Florian Philippot, dem Vizepräsidenten der rechtsextremen Partei.

Der 33-jährige Verwaltungsinspektor, der vom linksrepublikanischen Ex-Minister Jean-Pierre Chevènement zum FN übergetreten war, führte die Liste seiner neuen Partei im weit gefassten Wahlbezirk Ostfrankreich an. Mit 29 Prozent der Stimmen erzielt er dort ein besseres Ergebnis als der FN auf nationaler Ebene (25 Prozent). Das ist für Philippot auch eine persönliche Revanche, nachdem er Ende März bei den Gemeindewahlen in Forbach knapp unterlegen war.

In den beiden Elsässer Departementen schneidet der FN ähnlich gut ab wie in ganz Ostfrankreich: Er erhält 30 Prozent in Haut-Rhin bei Basel, 25 Prozent in Bas-Rhin. Philippot erklärte, seine Partei habe generell die besten Resultate auf dem Land erzielt. Dort verfüge sie nun über eine «äusserst solide Basis».

Die Sozialisten stehen mit abgesägten Hosen da

Es gibt allerdings einen kleinen Trost für die Elsässer und andere Ostfranzosen, die langsam genug haben, ständig als Rechtsextremisten betitelt zu werden: In Nordfrankreich erzielte der FN ein noch besseres Ergebnis mit 34 Prozent. Dort, wo die Arbeitslosigkeit und die soziale Misere verbreitet sind, liegen die Gründe für das Wählerverhalten offen zu Tage.

Bitter ist das Ergebnis in Ostfrankreich vor allem für die Sozialisten. Während die Rechtspopulisten dort vier Sitze eroberten (neben Philippot die weitgehend unbekannten FN-Kandidaten Sophie Montel, Jean-François Jalkh und Dominique Bilde), muss die Parti Socialiste mit einem einzigen Sitz vorlieb nehmen. Er geht an den Listenführer Edouard Martin, der selber nicht Mitglied der PS ist, sich aber als Metallarbeiter und CFDT-Gewerkschafter im Kampf um das Stahlwerk Florange in Lothringen einen Namen gemacht hat. Er erreicht für die Sozialisten nur gerade 13 Prozent der Stimmen. Das liegt sogar noch leicht unter dem nationalen Schnitt der Regierungspartei von Präsident François Hollande. Und vier Prozent unter dem Resultat der letzten Europawahlen.
 
Martin bezeichnete das Resultat als eine unbeschreibliche «déculottée» für die Sozialisten. Übersetzt heisst dies etwa, man habe ihnen die Hosen ausgezogen.

«Eine Bedrohung für die republikanischen Parteien»

Zum Opfer fällt dem Resultat die Sozialistin Catherine Trautmann, langjährige Bürgermeisterin von Strassburg und frühere Kulturministerin Frankreichs. Sie ist auf der PS-Liste nur zweitplatziert und verliert damit ihren Sitz im Europarlament, den sie mit einem Unterbruch seit 1989 innegehabt hatte. Mit Tränen in den Augen erklärte sie, das Wahlresultat sei «eine Bedrohung für die republikanischen Parteien». Ihre Partei müsse nun ihre gesamte Strategie überdenken.

Die Sozialisten kommen mit ihren 13 Prozent auch klar hinter der bürgerlichen «Union für eine Volksbewegung» (UMP) zu liegen. Diese erhielt unter Führung der ehemaligen Sarkozy-Ministerin Nadine Morano 23 Prozent der Stimmen und kann damit immerhin noch drei Abgeordnete in «Camembert», das Strassburger Europaparlament delegieren. Für die Mitteparteien UDI und Modem rettete Nathalie Griesbeck ihren Sitz knapp mit neun Prozent der Stimmen.

Die Grüne Sandrine Bélier scheidet hingegen mit 6,4 Prozent der Stimmen aus dem Europaparlament aus. Griesbeck bedauerte, dass mit Trautmann und Bélier zwei Europaparlamentarierinnen ihren Sitz verlieren, die in Strassburg tatkräftige Arbeit geleistet hätten – etwas, was man nicht von allen französischen Deputierten sagen kann.

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