Der Landtag wächst und wächst

Baden-Württemberg wählt ein neues Parlament. Vieles deutet darauf hin, dass die Zahl der Sitze nach 2011 schon wieder erhöht werden muss.

Das Landtags-Gebäude in Stuttgart muss fast mit jeder neuen Legislatur mehr Politiker aufnehmen.

(Bild: Franz Bischof)

Baden-Württemberg wählt ein neues Parlament. Vieles deutet darauf hin, dass die Zahl der Sitze nach 2011 schon wieder erhöht werden muss.

Noch ist das Landtagsgebäude in Stuttgart eine grosse Baustelle. Zwei Monate bleiben den Handwerkern für die Sanierung, dann zieht das neu gewählte Parlament wieder ein in sein angestammtes 1961 gebautes Haus. Allerdings könnte es für die Männer vom Bau noch einmal stressig werden. Denn es ist zu erwarten, dass nach der Wahl am 13. März die Zahl der Abgeordneten weit grösser sein wird als in der Vergangenheit. Dann muss improvisiert werden mit dem Platz.

Verantwortlich dafür sind die wachsende Zersplitterung der Parteienlandschaft sowie das Wahlsystem. Dem Landtag gehören zunächst die direkt gewählten Abgeordneten aus den 70 Wahlkreisen an. Es gewinnt, wer die einfache Mehrheit erringt. Hinzu kommen 50 Mandatsträger, die über eine Zweitauszählung der Stimmen nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden. Und genau hier beginnen die Schwierigkeiten.

Das lag über Jahre vor allem an der Schwäche der SPD als zweitstärkster Partei. Sie kam zwar regelmässig auf mehr als 30 Prozent der Stimmen, aber sie schaffte es kaum noch, ein Direktmandat zu erringen – ausser in ihren klassischen Hochburgen wie Mannheim oder auch dem Wahlkreis Lörrach. Das war so lange kein Problem, als die CDU landesweit auf 45 bis 54 Prozent der Stimmen kam und ihr ohnehin rund die Hälfte der Sitze zustand.

CDU ist proportional schwach, holt aber viele Direktmandate

Nun aber sinken auch die Stimmenanteile der CDU, sie kam zuletzt im Jahr 2011 auf 39 Prozent. Zugleich errangen aber CDU-Bewerber in 60 von 70 Wahlkreisen das Direktmandat. In neun Wahlkreisen waren die Grünen erfolgreich, die SPD nur noch in einem, in Mannheim.

Mit 60 Direktmandaten erreichte die CDU aber neun mehr, als ihr gemäss Stimmenanteil zugestanden hätten. Um den Proporz unter den Parteien wieder herzustellen, wurden neun sogenannte Ausgleichsmandate geschaffen (fünf gingen an die SPD, vier an die Grünen), weshalb de Landtag auf 138 Abgeordnete aufgestockt werden musste.

Nach jüngsten Umfragen könnte die CDU am 13. März auf knapp über 30 Prozent kommen. Es darf aber auch erwartet werden, dass sich ihre Bewerber in den ländlichen Regionen vor allem in Württemberg erneut durchsetzen. Die Grünen gewannen 2011 ihre Direktmandate in den Universitätsstädten und deren Umfeld (so die beiden Freiburger Wahlkreise sowie Tübingen und Heidelberg).

Selbst wenn sie weitere Kreise gewinnt: Die CDU dürfte überproportional viele Direktmandate holen. Und zwar auch dann, wenn beide Parteien prozentual eng beieinander liegen. Aktuell liegen in Umfragen beide Parteien etwa gleich auf bei 30,5 Prozent.

Auch starke Verlierer können ein Mandat erringen

Kommt hinzu, dass mit der rechten Alternative für Deutschland (AfD) neben FDP und SPD eine fünfte Partei ins Parlament einziehen dürfte. Die Linke wird voraussichtlich an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Die AfD wird kein Direktmandat schaffen, ihre Plätze müssen über die Zweitauszählung ausgeglichen werden. Der Landtag könnte mithin gut und gerne 150 Sitze haben.

Symptomatisch steht hier der Wahlkreis Lörrach, wo gleich drei derzeitige Abgeordnete gegeneinander antreten. 2011 gewann der Lörracher Rechtsanwalt Ulrich Lusche mit 31 Prozent der Stimmen den Wahlkreis. Lusche war unter anderem zeitweise Präsident des Trinationalen Eurodistricts Basel.

Was Sie zur Landtagswahl wissen sollten: Zum Q&A der «Badischen Zeitung»

Für die Grünen gehört Josha Frey, früher beim Kanton Basel-Stadt in der Drogenberatung und als Leiter der Koordinationsstelle Freiwilligenarbeit tätig, dem Landtag an. Er errang 2011 mit 28 Prozent Platz zwei, noch vor dem ehemaligen Weiler Bürgermeister Rainer Stickelberger von der SPD, aktuell Justizminister im Kabinett Kretschmanns.

Die beiden Verlierer waren in ihrem Wahlkreis so stark, dass sie aufgrund der hohen Stimmenzahl doch ein Mandat holten. Am 13. März dürfte es zwischen den dreien wieder eng werden. Die Freiburger Wahlkreise hingegen werden wohl erneut an die Grünen gehen.

Für die AfD kandidiert in Lörrach ausgerechnet ein ehemaliges Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde Lörrach und ehemals Vorsitzender der Israelitischen Gemeinde Badens. Das erstaunt insofern, als in den vergangenen Wochen aus Reihen der mit der AfD verbündeten Pegida deutlich antisemitische Töne zu hören waren.

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Der Grund hat einen Namen: Winfried Kretschmann. Der Grüne-Ministerpräsident kommt sogar in den Reihen der Union gut an.

Eigentlich wird ein Parlament gewählt, aber bei jeder Wahl wächst es – eine Partei bleibt dieses Mal aber wohl (noch) draussen: die AfD.

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