Die FDP stellt sich an ihrem Sonderparteitag in Münchenstein gegen die Parteileitung. Sie unterstützt die SVP bei der Regierungsratswahl am 3. März selbst dann, wenn diese einen Hardliner ins Rennen schickt.
Es war ein Eiertanz, den die Baselbieter FDP an ihrem Sonderparteitag in Münchenstein veranstaltete. Dass die Freisinnigen den Sitz von Finanzdirektor Adrian Ballmer, der gesundheitsbedingt zurücktritt, nicht verteidigen mag, hatte sich abgezeichnet. Dass man dennoch Grund zum Streiten fand eher weniger.
Die Parteileitung um Präsidentin Christine Pezzetta wollte der SVP Bedingungen auferlegen vor deren Kandidatenkür am 17. Januar 2013. Ein Hardliner, so stand es wörtlich im Antrag, dürfe es auf keinen Fall sein, sonst würde die FDP in letzter Minute einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken.
Was ist ein Hardliner?
Die Kritik an dieser Strategie kam umgehend – und sie kam geballt: Was bitteschön ist ein Hardliner? Lässt sich die SVP überhaupt dreinreden? Sollten nicht vielmehr Kompetenzen den Ausschlag geben, ob die FDP einen Kandidaten unterstützt als die geahnte politische Gesinnung? Reicht die knappe Zeit, um im Fall der Fälle noch einen eigenen Mann auf die Plakatwände zu zaubern (Und sind die Plakatwände dann nicht alle schon von Eric Nussbaumer belegt)?
Beschlossen wurde zunächst eine Wahlallianz mit CVP und SVP, die 2015 jeder der drei Parteien einen Regierungsratssitz garantieren soll (sofern der Wähler wie vorgesehen mitmacht). Der bürgerliche Heiratsantrag ist an die Mitgift geknüpft, dass sich SVP und CVP 2015 hinter eine FDP-Ständeratskandidatur stellen. FDP-Baudirektorin Sabine Pegoraro soll sich für den Ständerat interessieren.
Hält die bürgerliche Dreierheirat?
Doch selbst zur bürgerlichen Dreierheirat wurden Vorbehalte laut. Landrat Siro Imber hält die CVP, um im Bild zu bleiben, für einen Ehepartner, der nachts auch mal an Nachbars Türe klingelt. «Wer kann garantieren, dass die CVP nicht Elisabeth Schneider-Schneiter zu einem Sololauf in den Ständerat motiviert?», fragte Imber in die Runde. Für Pezzetta ist es sicher, dass sich auch die CVP in die Zweckehe begibt. «Sollte die CVP dann Probleme mit ihren Mitte-Partnern erhalten, kann uns das nur recht sein», meinte Pezzetta. Die Verhandlungen laufen noch.
Die Hardliner-Klausel wird hingegen gestrichen. Das wollte die Mehrheit der im Münchsteiner Kuspo vertretenen Parteimitglieder. Für die Parteileitung wäre die Klausel ein Zeichen gewesen: Man wollte selbst in Zeiten des Bedeutungsverlusts ein bisschen Stärke ausstrahlen. Grund für die Klausel war laut Pezzetta auch die missglückte Ständeratswahl 2011, als sich die FDP hinter Caspar Baader gestellt hatte, laut Polit-Duden unzweifelhaft einer, der bedenkenlos der Sparte Hardliner zuzurechnen ist. Damals gingen in der Basis die Wogen hoch. Die stolze FDP sollte nicht Baaders Steigbügelhalter sein.
Vor wem fürchtet sich die FDP?
Vom Blocher-Getreuen gibt es bislang aber keine belastbaren Indizien, dass er gegen SP-Mann Eric Nussbaumer anzutreten gedenkt. Auch der Übervater selber dürfte nicht vorhaben aus Herrliberg zuzuziehen. Vor wem also fürchtet sich die FDP?
Am Sonderparteitag verkam die Frage zu einem munteren Spielchen. Alle sprachen vom Hardliner und dessen Bedrohungspotential, doch offenbar verbot es die Tagsatzung, das Monster beim Namen zu nennen. Jedenfalls wurden entsprechende Voten abgeschmettert. Warum bleibt für Nicht-Freisinnige auf ewig ein Rätsel.
Wir wagen an dieser Stelle, das Geheimnis zu lüften. Der Unaussprechliche, vor dem die einst staatstragende Baselbieter FDP so Angst hat, heisst Thomas de Courten. Der heutige Wirtschaftsförderer und Nationalrat hat in den vergangenen Jahren konsequent an seinem Ruf gearbeitet, ein Bruder im Geiste der Zürcher SVP zu sein.
Wie wird die Öffentlichkeit reagieren?
Parteileitungs-Mitglied Christoph Buser hat Mühe, den Beschluss nachzuvollziehen: «Die Öffentlichkeit, insbesondere die Medien unterscheiden sehr wohl zwischen zwei Flügeln, zwischen einer gemässigten und einer radikalen SVP-Linie», argumentiert der Direktor der Wirtschaftskammer. Er hätte es vor allem als Signal an die eigene Wählerschaft verstanden, hätte die FDP an die SVP Bedingungen gestellt. «Die Wahlchancen werden mit einem Hardliner sicher nicht steigen», glaubt Buser.
Präsidentin Pezzetta hingegen war trotz der Niederlage eine gewisse Erleichterung anzusehen. Gehts jetzt schief, ist sie wenigstens frei von Schuld, mochte sie denken. Sie sagte es anders: «Ich bin froh, dass die Basis einen klaren Entscheid getroffen hat.» Für Pezzetta ist nun auch die Basis für eine vertrauensvolle Partnerschaft mit der SVP auf die Wahlen 2015 hin gelegt. Hardliner hin, Thomas de Courten her.