Der VPOD schwingt lieber Reden statt Fahnen

Vom VPOD Basel war im vergangenen Jahr wenig zu lesen – und wenn, dann meistens Negatives. Der Regionalsekretär des VPOD Basel, Matthias Scheurer, sagt, man sei «gut aufgestellt». Das Image-Problem der Gewerkschaft kommt aber nicht von ungefähr, wie auch er zugibt.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Vom VPOD Basel war im vergangenen Jahr wenig zu lesen – und wenn, dann meistens Negatives. Der Regionalsekretär des VPOD Basel, Matthias Scheurer, sagt, man sei «gut aufgestellt». Das Image-Problem der Gewerkschaft kommt aber nicht von ungefähr, wie auch er zugibt.

1920 schloss sich der Schweizerische Strassenbahnverband dem Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) an und verhalf diesem zur heutigen nationalen Bedeutung. Über 90 Jahre später fuhr der VPOD in Basel ausgerechnet bei den BVB eine schmerzhafte Niederlage ein. Eine mit Symbolkraft: Weite Teile der Basler Öffentlichkeit und Politik glauben nicht mehr an die Schlagkraft der in der Basler Politik einst tonangebenden Gewerkschaft. Was für den VPOD noch schlimmer sein dürfte: Diese Einschätzung schwappte auch auf Staatsangestellte über.

Der VPOD Basel sieht das anders. Man sei «gut aufgestellt», sagt Basler Regionalsekretär Matthias Scheurer. Dass man die Gewerkschaft in der Öffentlichkeit als schwach wahrnehme, liege daran, dass die vielen kleineren und erfolgreichen Verhandlungen im Rahmen der Sozialpartnerschaft nur selten öffentlich kommuniziert werden.

Die Basis vergisst schnell

Scheurer sagt, man sei gerade bei den BVB an «fallspezifischen Lösungen» orientiert und nicht an der «öffentlichen Bewirtschaftung eines Problems». Der konsequente Weg der Sozialpartnerschaft unterscheide den VPOD von den «Fahnenschwinger-Gewerkschaften». Und das sei für die Medien oft zu unspektakulär, als dass sie über die Erfolge des VPOD schreiben würden.

Obwohl bei der sozialpartnerschaftlichen Vorgehensweise keine fahnenschwingende Basis nötig ist und der grösste Teil der Arbeit von der Gewerkschaftsspitze erledigt wird, ist die Gewerkschaft auf ihre Basis angewiesen – sie ist Legitimation und Druckmittel zugleich. Die durch Sozialpartnerschaften errungenen kleinen Erfolge – so wichtig sie auch sein mögen – vergisst aber auch die Basis schnell, wenn sie keine Öffentlichkeit geniessen. Das musste der VPOD mit ganzer Härte im Fall BVB erfahren.

Das Personal der BVB wollte sich nach 17 Jahren nicht mehr vom VPOD-Mann Mario Weissenberger im Verwaltungsrat vertreten lassen. Weissenberger stellte sich während den BVB-Skandalen hinter Verwaltungsrat und Geschäftsleitung – was ihm das Personal nicht verzieh. Es rächte sich, dass sich der VPOD nicht um die «öffentliche Bewirtschaftung von Problemen» kümmerte und weiterhin auf Zusammenarbeit setzte. Dies obwohl genau diese Gesprächspartner – also Verwaltungsrat und Geschäftsleitung – in den Augen des Personals das eigentliche Problem darstellten.

«Es fehlte uns bei den BVB am politischen Biss.»

Matthias Scheurer, VPOD-Regionalsekretär

Und so gingen die vom VPOD bei den BVB erreichten Erfolge (wie zum Beispiel die Verhinderung des Radiohörverbots für Drämmli- und Busfahrer) komplett unter. Das Personal schämte sich für den Arbeitgeber. Der VPOD stellte sich mit Weissenberger aber hinter die Betriebsspitze.

Selbst beim Wahlkampf um den Sitz im Verwaltungsrat und die Sitze in der Personalkomission der BVB setzte der VPOD weiterhin auf Dialog und Konsens. Es zeigte sich, dass im Zeichen der Krise aber scharfe Rhetorik gefragt gewesen wäre. «Es fehlte uns bei den BVB am politischen Biss», gesteht Scheurer ein, «aber wir waren und sind bei den BVB primär eine sozialpartnerschaftliche Gewerkschaft und keine Kampfgewerkschaft.»

Ein bedeutender Teil des Personals wandte sich in der Folge vom VPOD ab und schenkte sein Vertrauen dem rechtskonservativ geprägten Personalverband Feme, wo es den gesuchten Biss fand. Das endete mit dem Verlust des Verwaltungsratssitzes und einer dominierenden Feme in der Personalkomission.

Es fehlt der Kampfgeist

Dass der fehlende Biss beim VPOD über die Causa BVB hinausgeht, liess sich auch beim Neujahresapéro Mitte Januar erkennen. Zum Beispiel bei den Reden der Co-Präsidenten Isabelle Stocker und Martin Kaiser. Diese waren ab Blatt vorgelesen, sie wirkten unsicher. Gewerkschaftlicher Kampfgeist war in den Räumen des Gewerkschaftshauses am Claraplatz an jenem Abend nicht zu erkennen. Der Applaus aus den eigenen Reihen für die Reden fiel spärlich aus. Umso engagierter war dann der Applaus für die Dame, die das Catering bewerkstelligte.

Mit dem Co-Präsidium läuft der VPOD Gefahr, in der Öffentlichkeit noch weiter unterzugehen. Seit Stocker und Kaiser das Präsidium im letzten Mai von BastA! Grossrat Urs Müller übernommen haben, war vom VPOD nur noch selten die Rede in den Medien. Zu unspektakulär waren die kleinen Erfolge und zu gesichtslos die Gewerkschaftsführung.

Gelegentliches Fahnenschwingen

Scheurer meint dazu, dass Stocker und Kaiser zukünftig «sicher mehr in der Öffentlichkeit auftreten werden.» Die beiden würden sich gut ergänzen: «Kaiser hat ein starkes Netzwerk und Stocker das Kommunikationstalent.» Scheurer sagt, dass sie aber noch Zeit brauchen, um in die Rolle zu wachsen, da man die beiden nicht gleich «verheizen» möchte. Scheurer ist von den Kompetenzen der VPOD-Leitung überzeugt und schaut daher zuversichtlich in die Zukunft.

Der VPOD sieht sich also nicht in einer Krise, wie sie unter anderem die «Aargauer Zeitung» in einem Artikel beschworen hatte. Einige Erfolge zeigten (siehe Medienmitteilung auf der Artikel-Rückseite), dass es nicht so miserabel um den VPOD bestellt ist, wie oft behauptet wurde. Jedoch zeigte der BVB-Fall eben auch, wie wichtig es für eine Gewerkschaft ist, dass Funktionäre ab und an zusammen mit der Basis die Fahnen schwingen.

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