Die 7 wichtigsten Fragen und Antworten zur Spitalküchen-Revolution

Die alte Küche muss raus – aber statt eine neue Küche einzubauen, stellt das Unispital gleich das ganze Verpflegungskonzept auf den Kopf und präsentiert sich als «Pionier in der Patientengastronomie». Was soll das heissen? Ein Blick hinter die Kulissen und in die Kochtöpfe.

Vom Lachs mit Kartoffeln und Gemüse bleibt nicht viel übrig – der Rest stibitzt der Kollege gegenüber.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Die alte Küche muss raus – aber statt eine neue Küche einzubauen, stellt das Unispital gleich das ganze Verpflegungskonzept auf den Kopf und präsentiert sich als «Pionier in der Patientengastronomie». Was soll das heissen? Ein Blick hinter die Kulissen und in die Kochtöpfe.

Was wird umgebaut?

Die alte Küche ist: veraltet. Dass sie umgebaut werden muss, stand bereits fest. Diesen Umbau hat das Unispital zum Anlass genommen, gleich das ganze Gastro-Konzept von Grund auf neu zu gestalten. Warum, erklärte Manfred Roth, Leiter Hotellerie und Gastronomie, am Medientermin am Dienstag: «Wir bauen nicht nur die Grossküche, sondern auch die Dienstleistung um, weil sich die Dynamik im Spital verändert hat. Die Diagnostik, Operationen, das Tagesgeschäft, das macht nicht einfach halt, wenn dreimal am Tag Mahlzeiten serviert werden – und gleichzeitig hat ein Patient vielleicht um 14 Uhr Hunger, ein anderer Patient möchte nichts essen. Die Küche muss viel mehr Flexibilität bringen.» 

Essen um 12 Uhr mittags?

Nein. Die heutige Dienstleistung mit drei Mahlzeiten am Tag – jeweils am Vortag einzeln bestellt und bei Essensausgabe von den Angestellten in der Küche aufs Laufband gestellt und anschliessend im Spital verteilt –, das werde sich grundlegend ändern, so Manfred Roth. Das bedeutet natürlich nicht, dass Patientinnen und Patienten nicht um 12 Uhr mittags essen können, wenn sie das wollen. Aber: Fixe Essenszeiten werden bald passé sein. Spätestens im Sommer 2018 soll die Umstellung komplett sein. «Der Patient bestellt dann, wenn er Hunger hat. Wie in einem Restaurant.»

Ein grosser Vorteil, so Roth: Statt bis zu 60 Minuten von der Zubereitung bis zum Patienten soll es von der Bestellung bis zum Erhalt der heissen Mahlzeit nur noch fünf bis zehn Minuten dauern.

Wie soll das gehen?

Die Gerichte – zum Start gibt es 23 eigene Kreationen, nicht etwa von einem Grosskonzern, sondern im Haus mit Schweizer Produkten und regionalem Gemüse produziert – werden zentral in der Grossküche gekocht, anschliessend pasteurisiert, mit Schutzgas luftdicht in kleine Schalen verpackt und gekühlt gelagert. Diese «MicroPast»-Methode werde erstmals an einem Schweizer Spital eingeführt. Man habe diverse Tests durchgeführt und festgestellt, dass Nährstoff- wie auch Vitamingehalt «sowie die Textur der Nahrungsmittel – Farbe und Festigkeit – um einiges besser sind als beim bisherigen Produktionsverfahren».

Die in Plastikschälchen verpackten Mahlzeiten halten einen Monat lang und werden nach der Bestellung sofort aufgewärmt und ans Bett gebracht. Dafür gibt es auf den Stationen 25 Quadratmeter grosse Miniküchen («Station offices»), wo das Essen erwärmt und angerichtet wird. Ebenfalls dezentralisiert: der Abwasch.

Wie schmeckt das?

Die TagesWoche durfte schon vom neuen Angebot kosten. Für das Kalbsgeschnetzelte mit Nudeln und Karotten sowie den Lachs mit Broccoli und Kartoffeln würde kaum jemand weite Strecken gehen. Das muss/darf/kann man als Spitalpatient aber auch nicht. Und wirklich auszusetzen gab es an der Mahlzeit auch nichts.

Werden Stellen abgebaut?

«Nein, es gibt keine Entlassungen», so Manfred Roth. Zwar werde man in Grossküche und Geschirrwaschzentrale, wo heute 110 Angestellte arbeiten, rund 50 Prozent weniger Personal brauchen – weil das neue Konzept am Samstag und am Sonntag keine Köche braucht, und weil der zentrale Abwasch entfällt. Doch werde man Personal auf den Bereich «Hotellerie» umschulen. «Was heute im Hintergrund geschieht, soll als Service in den Vordergrund rücken», so Roth.

Was kostet das?

Es müsse mit rund 26 Millionen Franken Umbau- und sonstigen Kosten gerechnet werden, so Roth. Aber am Ende würde man mit dem neuen Konzept Kosten sparen können. Schon nur deshalb, weil nur nach Bedarf produziert und serviert werde.

Und die Umwelt?

Eine durchzogene Bilanz: Manfred Roth muss einräumen, dass mit den Plastikbehältern für das Essen der bis zu 680 Patienten wohl mehr Plastikabfall anfällt als bisher. Er betont, es würde das für den Lebensmittelbereich besonders geeignete Polypropylen verwendet und gibt zu bedenken, durch das neue Konzept habe man dafür kaum mehr Lebensmittelabfälle, weil nur geliefert werde, was vom Patienten bestellt wird. Das sei nicht nur ökonomischer, sondern auch ethischer, weil Lebensmittelabfälle praktisch vermieden werden könnten.

Nächster Artikel