Die Immunitätskommission, auf deren erste Sitzung die halbe Schweiz hinfieberte, hat ihr weiteres Vorgehen beschlossen. Sie wird Christoph Blocher Ende April anhören und das Gesuch um Aufhebung seiner Immunität erst dann behandeln.
Noch bevor es Andy Tschümperlin, Fraktionspräsident der SP und Mitglied der momentan berühmtesten Kommission der Schweiz, nach der Sitzung ins rettende Freie des Bundesplatzes geschafft hatte, wurde er abgefangen. In eine Kamera des Schweizer Fernsehens erklärte er, etwas widerwillig zwar, warum seit Kurzem nicht mehr das Parlament, sondern zwei Kommissionen über die Aufhebung der Immunität eines nationalen Parlamentariers zu bestimmen haben. «Wir wollten den publizistischen Druck aus dem Verfahren nehmen.»
Er sagte das nicht nur in die Kamera des Schweizer Fernsehens. Er sagte es auch zu den rund zwanzig Journalisten, die sich hübsch um Kamera/Tschümperlin gruppiert hatten und sich nach diesem Zusammentreffen auf den Weg zur Medienkonferenz der Immunitätskommission machten.
Ziemlicher Andrang
Um die Ironie noch etwas auszudeutschen: Das Sitzungszimmer 286 war gerammelt voll mit Journalisten, als Heinz Brand, Präsident der Kommission, und Vizepräsident Christian Lüscher am Mittwoch kurz vor 14 Uhr über den Stand des Verfahrens zur Aufhebung der Immunität von Christoph Blocher informierten. Seit Tagen dominiert das Strafverfahren rund um Blocher die Schlagzeilen. Es hat ja auch alles, was es zu einer guten Geschichte braucht: Den Namen Blocher (lesenswert in diesem Zusammenhang der Kommentar von Jean-Martin Büttner im heutigen «Tagesanzeiger»), eine etwas unübersichtliche und mindestens auf drei Seiten hochnotpeinliche Lauschgeschichte aus einem Pub in Bülach, die schäumenden Kommentare der Rechten über die «politische Justiz» und der unfreiwillig komische Einblick in das Leben zweier alter und sehr reicher Menschen in Herrliberg.
Tatsächlich passiert ist allerdings noch eher wenig. Es gab eine Hausdurchsuchung, die Zürcher Staatsanwaltschaft entschied auf eigene Faust über den Immunitätsstatus von Christoph Blocher und will das Vorgehen nun im Nachhinein absegnen lassen. Und hier kommt die Immunitätskommission ins Spiel.
Die hat sich während ihrer allerersten Sitzung vor allem über formale Dinge unterhalten und danach mehrere Beschlüsse gefasst: Christoph Blocher wird am 25. April angehört – erst dann geht die Kommission materiell auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft ein. Das Verfahren soll innerhalb eines halben Jahres abgeschlossen sein (die Rechtskommission des Ständerats ist dabei mitberücksichtigt), aus Diskretionsgründen werden die Unterlagen zum Fall den Mitgliedern der Kommission erst während der Sitzung verteilt und auch die Medien werden nicht mehr weiter informiert. «Das Vorgehen hat die Züge eines Gerichtsverfahrens. Darum werden wir nicht über das laufende Verfahren informieren», sagte Brand, der angesichts des Mediendrucks sehr souverän wirkte.
Alles Weitere nach der Anhörung
Alle weiteren Aspekte, die Blochers Immunität betreffen – die zeitliche Komponente seines Amtsantritts, der unmittelbare Zusammenhang mit seinem Amt als Nationalrat, ob weitere Personen angehört werden müssen – all das wird die Kommission erst nach der Anhörung von Christoph Blocher beraten.
Auch die Regelung mit den Strafverfolgungsbehörden soll zu diesem Zeitpunkt noch einmal genauer angeschaut werden. Im Fall von Blocher hatte die Staatsanwaltschaft in Eigenregie entschieden, dass die Immunität nicht gegeben sei. Was den Nationalratspräsidenten Hansjörg Walter erzürnte – er warf der Staatsanwaltschaft im «Sonntag» unprofessionelles Verhalten vor, weil er nicht vor der Hausdurchsuchung konsultiert worden sei. «Die bisherige Regelung ist nicht ganz glücklich», sagte auch Heinz Brand. «In Zukunft müssen wir wissen, wer darüber entscheidet, ob ein direkter Zusammenhang zwischen einer möglichen Straftat und der parlamentarischen Tätigkeit besteht.»
Quellen
Die beiden entscheidenen Kommissionen im Nationalrat und im Ständerat
Der Kommentar von Jean-Martin Büttner im «Tagesanzeiger»
Zusammenfassung der Horse-Pub-Affäre im «Tagesanzeiger»