Die Baselbieter Regierung verärgert ihre Vorgänger

Zuerst wurde den ehemaligen Regierungsräten eine Sitzgelegenheit verweigert. Dann setzte man sie und ihr Initiativkomitee zum Verbleib der Schlösser Wildenstein und Bottmingen im Staatsbesitz auch massiv unter Zeitdruck. Nun wehren sich die alten Granden – mit scharfen Worten gegen die aktuelle Regierung.

Soll nicht verkauft werden: Schloss Wildenstein. (Bild: Nils Fisch)

Zuerst wurde den ehemaligen Regierungsräten eine Sitzgelegenheit verweigert. Dann setzte man sie und ihr Initiativkomitee zum Verbleib der Schlösser Wildenstein und Bottmingen im Staatsbesitz auch massiv unter Zeitdruck. Nun wehren sich die alten Granden – mit scharfen Worten gegen die aktuelle Regierung.

Die Baselbieter Regierung muss sich sehr unschöne Vorwürfe anhören. Wieder einmal.

Diesmal kann man die Kritik aber weder mit mangelndem Respekt vor dem hohen Amt noch mit fehlendem Verständnis für die Regierungstätigkeit abtun, wie das Regierungsvertreter schon mal versuchen.

Nein, diesmal stammt die Kritik von einer Gruppierung, bei der mehrere ehemalige Regierungsräte dabei sind: vom Initiativkomitee «Ja zu Wildenstein und Schloss Bottmingen». Elsbeth Schneider (CVP), Edi Belser, Paul Jenni, Peter Schmid (alle SP), Paul Nyffeler (FDP), Erich Straumann (SVP) – sie alle engagieren sich mehr oder weniger aktiv für die Schloss-Initiative. Das macht das Protestschreiben des Komitees an die «sehr geehrte Regierungspräsidentin», die «sehr geehrten Regierungsräte» und den «sehr geehrten Herr Landschreiber» zusätzlich brisant (das ganze Schreiben ist auf der Rückseite dieses Artikels im Anhang zu einer schriftlichen Anfrage von Landrat Marco Born zum Thema zu finden).

Dabei hat es auch nur schon der Inhalt des Protestschreibens in sich. Von einer «Geringschätzung der Volksrechte» ist da die Rede und einem «unbekümmerten und rücksichtslosen Vorgehen», gegen das «in aller Schärfe» protestiert werden müsse.

Absurde Folgen

Konkret geht es um den selten eilig angesetzten Abstimmungstermin vom 3. März und der aussergewöhnlich kurzen Frist, die dem Komitee für seine Stellungnahme in der Abstimmungsbroschüre gelassen wurde. Exakt neun Arbeitstage blieben den Schlossfreunden, um sich in der Weihnachts- und Neujahrszeit auf eine gemeinsame Fassung zu einigen.

Es bedürfe wohl keiner weiteren Erklärung, dass dies «in einem 20-köpfigen Komitee, bestehend aus Persönlichkeiten, die auch anderweitig sehr stark beansprucht sind» nur dank «einer Parforce-Leistung möglich ist – wenn überhaupt», schreiben Hans Rudolf Tschopp und alt Landrat Paul Schär im Namen der gesamten Gruppierung.

Darum ist auch die Rede von einer «Geringschätzung einer der wichtigsten Volksrechte». Ein happiger Vorwurf.

Aber vielleicht nicht einmal der bedenklichste. Das Komitee empört sich im Weiteren darüber, dass ihm der Regierungsrat mit seinem überhasteten Vorgehen die Gelegenheit nahm, die Initiative zurückzuziehen. Gemäss Gesetz über die politischen Rechte ist ein Rückzug nur möglich, bis der Abstimmungstermin feststeht. Umso fragwürdiger ist darum, dass sich die Regierung keine Woche nach dem Landratsbeschluss für den Gegenvorschlag bereits für den 3. März entschieden hat. Das hätte zur absurden Situation führen können, dass das Baselbiet an diesem Tag über eine Initiative abstimmt, die gar niemand mehr will. Nicht einmal die Initianten.

Doch dafür müssten die Initianten mit dem Gegenvorschlag zufrieden sein. Sind sie aber nicht. Darum wird es anfangs März nun eine – fast – normale Abstimmung über die Initiative für den Verbleib der Schlösser Wildenstein und Bottmingen im Staatsbesitz geben. Und über den Gegenvorschlag von Regierung und Parlament.

Klage wurde in Erwägung gezogen

Damit es nun um die Sache gehen kann, verzichtet das Komitee auch auf eine Stimmrechtsbeschwerde beim Kantonsgericht – obwohl die ehemaligen Regierungsräte, die übrigen Politiker und Juristen im Komitee überzeugt sind, dass das Gesetz über die politischen Rechte auf ihrer Seite ist – und nicht auf jener der aktuellen Regierung und der Landeskanzlei.

Und obwohl die Vertreter des Komitees wegen ihres Einsatzes für den Erhalt der Schlösser in Staatsbesitz schon früher unfreundlich behandelt worden waren. Vor der Parlamentsdebatte im Dezember zum Beispiel, als sie nur zu zweit vor der Landratskommission erscheinen und nicht länger als zehn Minuten reden durften. Eigentlich wollte das Komitee zu viert aufmarschieren und seine Argumente etwas ausführlicher darlegen.

Leider sei das nicht möglich, wurde den alten Baselbieter Grössen beschieden. Für Gäste stünden lediglich zwei Stühle zur Verfügung.

Dem Vernehmen nach reagierten die Granden bereits zu diesem Zeitpunkt etwas irritiert. Zu ihrer Zeit hatte der Kanton eben noch genügend Geld für eine Sitzgelegenheit.

 

Aussergewöhnlicher Zeitdruck

Der Grund für die Abstimmung vom 3. März liegt in den finanziellen Problemen des Kantons. Die Regierung will die Schlösser Bottmingen und Wildenstein samt Hofgut verkaufen, um zu sparen. Das Schloss Wildenstein soll nach den Plänen der Baudirektion von einer Stiftung übernommen werden, wobei die Basellandschaftliche Kantonalbank bereit ist, zehn Millionen Franken für den Unterhalt zur Verfügung zu stellen. Dabei würde das Schloss vom Hofgut abgespaltet.
Das riesige Landstück mit dem historischen Eichenhain würde von der Christoph Merian Stiftung übernommen. Noch offen ist dagegen das Schicksal des Bottminger Schlosses. Ebenso offen ist, wie und in welchem Umfang die beiden Wahrzeichen der Öffentlichkeit in Zukunft noch offen stehen sollen.
Voraussetzung für den Verkauf ist ein Ja am 3. März zum Gegenvorschlag der Regierung. Die Initianten wehren sich gegen den Verkauf, weil die Schlösser weiterhin der Bevölkerung als Kulturgut offen stehen sollen und sie davon ausgehen, dass die Baudirektion die möglichen Einsparungen (700 000 Franken pro Jahr) massiv überschätzt und das zum Hofgut Wildenstein gehörige Land der Christoph Merian Stiftung viel zu billig überlassen würde. Überhaupt wehrt sich das Komitee gegen eine Trennung von Schloss und Gut, die traditionell zusammengehören.
Der Protest des Komitees gegen das eilige Vorgehen der Regierung wird auch im Landrat zum Thema. FDP-Landrat Marco Born hat gestern Donnerstag eine schriftliche Anfrage dazu eingereicht. Die Regierung wird darauf in den nächsten Wochen eine Antwort geben.
Bei der Landeskanzlei spricht man von einem  «tatsächlich aussergewöhnlichen zeitlichen Ablauf». Zurückgeführt wird der Zeitdruck auf den Wunsch der Basellandschaftlichen Kantonalbank, möglichst bald Bescheid zu wissen, wie es mit «Wildenstein» weitergeht. Ihr Engagement plant die Bank im Zusammenhang mit ihrem 150-Jahr-Jubiläum 2014.

 

 

 

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