Die Baselbieter Regierung zieht sich in die zweite Reihe zurück

Die Baselbieter Regierung räumt ihre Verwaltungsratsposten in den kantonalen Spitälern. Das ist Teil einer neuen Strategie, mit der die Schwierigkeiten des Spitalstandortes gelöst werden sollen.

Kantonsspital Baselland (Bild: Kantonsspital Baselland)

Die Baselbieter Regierung räumt ihre Verwaltungsratsposten in den kantonalen Spitälern. Das ist Teil einer neuen Strategie, mit der die Schwierigkeiten des Spitalstandortes gelöst werden sollen.

Eigentlich geht es nur um eins: Gesundheit respektive die Erfüllung des Gesundheitsauftrags. 45 Minuten hatte sich Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektor Thomas Weber am Mittwochmorgen gegeben, die Medienvertreter darüber ins Bild zu setzen, wie er diesen erfüllen will. Nach exakt 45 Minuten schloss er.

So präzis wie eine Medienkonferenz lässt sich das Gesundheitssystem zwar durchaus planen, in der Realität ist es aber ein Kraken mit 1000 Armen und ebenso vielen Playern, mit Forderungen, Interessenkonflikten, Einschränkungen und vor allem: der Pflicht zur Erfüllung des genannten Gesundheitsauftrags. Auf dass die Baselbieter gesund altern mögen. So etwa hat es sich die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (VGD) auf die Fahnen geschrieben.

Dazu gehört, die Beteiligungen des Kantons an seinen Einrichtungen zu hinterfragen. Dies hat dazu geführt, dass der Regierungsrat vergangene Woche neue Richtlinien beschlossen hat. Elf seiner 39 Beteiligungen hat er als wichtig eingestuft, darunter das Kantonsspital (KSBL), Psychiatrie Baselland (PBL) und das Universitäre Kinderspital beider Basel (UKBB). Die Richtlinie sieht vor, dass die Rolle des Kantons als Eigentümer neu zu regeln ist.

Neue Eigentümerstrategie

Will heissen: Bisher sass Regierungsrat Weber als Vertreter des Kantons Basel-Landschaft in den Verwaltungsräten genannter Institution. Davon verabschiedet man sich nun und schwenkt um auf eine Strategie, die den Kanton in die zweite Reihe befördert.

Auch wenn Thomas Weber nichts davon wissen will: «Uns ist nicht Wurst, was passiert», betonte er, «ganz im Gegenteil: So kann sich der Kanton voll auf seine Rolle als Eigentümer konzentrieren.» Weber trat bereits per Juni 2014 aus dem Verwaltungsrat des KSBL aus, Ende Jahr erfolgt der Austritt aus jenem des UKBB, per Ende März 2015 aus jenem der PBL. Die neuen Verwaltungsräte sind bereits gewählt.

Ein regelmässiger Austausch zwischen Eigentümer, Verwaltungsratspräsidenten und CEO soll den Kanton auf dem Laufenden halten. Bei grösseren Investitionsvorhaben ist der Eigentümer beizuziehen. Eine klare Grenze gibt es dafür nicht, «aber im zweistelligen Millionenbereich», so Weber, sei die Mitsprache des Kantons schon selbstverständlich.

Die neue Eigentümerstrategie ist ein Pilotprojekt, die sowohl strategische als auch wirtschaftliche Ziele formuliert. Das elementare Ziel etwa für das KSBL lautet:

«Das KSBL leistet einen substantiellen Beitrag zur Erreichung einer bedarfsgerechten, wohnortsnahen, zweckmässigen und wirtschaftlichen Spitalversorgung und erzielt damit eine hohe Patientenreputation. Zu diesem Zweck betreibt es mehrere Standorte der stationären und ambulanten Versorgung.»

Ob der Kanton nun hinter all seinen Standorten steht oder nicht, dazu äussert sich die Regierung im Wissen um zu erwartende Widerstände nicht. Die Stimmung in der Bevölkerung dürfte jedenfalls eine Rolle gespielt haben bei der offenen Formulierung.

Landrat gegen schwerfällige Bestimmungen

Der Landrat wird an seiner Sitzung vom Donnerstag über einen Vorstoss von Rahel Bänziger (Grüne) befinden, wonach nicht mehr der Landrat die Betriebsstandorte des KSBL festlegen soll. «Dieser Paragraf erlegt uns quasi ein Denkverbot auf und behindert die Flexibilität. Darum unterstützen VGD und Regierungsrat die Initiative», so Weber.

Eine enge Koordination mit Basel-Stadt findet bei der kürzlich verabschiedeten Spitalliste 2015–2017 statt. «Faktisch haben wir eine Spitalliste beider Basel», verkündete Weber erfreut. Die Liste entspricht praktisch ihrer Vorgängerin, die wenigen Bereinigungen umfassen etwa die Sportmedizin oder Anpassungen ans Patientenwachstum.

Dass Baselland nicht zu den Gewinnern der freien Spitalwahl zählt, zeichnet ein Monitoring die Patientenströme innerhalb der vier Nordwestschweizer Kantone nach. Die bereits vorliegenden Zahlen belegen, dass die ausserkantonalen Behandlungen steigen. 2011 wurden noch 56,6 Prozent der Baselbieter Patienten durch Baselbieter Spitäler behandelt, ein Jahr später waren es noch 54,4 Prozent, und 2013 sei diese Zahl erneut geschrumpft, so Weber.

Mehr Prävention, weniger Kosten

Um den steigenden Gesundheitskosten zu begegnen, will Weber verstärkt auf Prävention setzen. Diese auszubauen ist Aufgabe des neuen Kantonsarzts Brian Martin. Der Fachmann trat seine Stelle am 1. November an. Er sieht in der Prävention grosses Verbesserungspotenzial. Weber appellierte an die Eigenverantwortung der Bevölkerung: «Sie haben auch eine volkswirtschaftliche Verantwortung», sagte er und betonte, dass ein Kostenbewusstsein geschaffen werden müsste.

Als Kostentreiber benannte er den medizinisch-technischen Fortschritt sowie die Demografie. Um dem zu begegnen, setzt die VGD bei der Prävention und der Gesundheitsförderung an. Teil davon ist das «Gesundheits-Netzwerk Laufental», das Thomas Weber als Pilotprojekt lanciert. Vorerst soll an einem runden Tisch eine Auslegeordnung gemacht werden. Dabei geht es darum, Interessen offenzulegen und vorgefertigte Meinungen zu hinterfragen.

In diese Kerbe schlägt auch die währende Frage nach einem Unispital beider Basel. Ja oder nein: Weber bezeichnete beide Positionen als extrem und nicht haltbar und macht einen Mittelweg beliebt, denn «Kooperationen machen nur Sinn, wenn Win-Win-Situationen entstehen».

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