Die Basler SP macht Siesta

Langweilig. Defensiv. Profillos. So zeigt sich die SP ein Jahr vor den Gesamterneuerungswahlen in Basel-Stadt.

Langweilig. Defensiv. Profillos. So zeigt sich die SP ein Jahr vor den Gesamterneuerungswahlen in Basel-Stadt.

Sie steckt in einer tiefen Krise, die Basler SP. 6,6 Prozent Wähleranteile verlor sie bei den Nationalratswahlen – während die SP schweizweit knapp ihren Besitzstand wahren, in Kantonen wie Aargau, Solothurn und Freiburg gar zulegen konnte. Im Hinblick auf die Basler Gesamterneuerungswahlen nächsten Oktober sehen deshalb viele SP-Mitglieder schwarz.

Der ehemalige Basler SP-Nationalrat Helmut Hubacher spricht von einem Unfall. «Die letzten Wahlen müssen ein Weckruf für die SP Basel-Stadt sein – 6,6 Prozent sind im nationalen Vergleich allzu hoch», sagt der frühere Präsident der SP Schweiz. Martin Lüchinger hat diesen Weckruf gehört. Offenbar. «Wir fühlen uns jetzt erst recht herausgefordert und motiviert, in die Hosen zu steigen», sagt der Präsident der Basler SP. Sein Ziel für die Wahlen: auch im Grossen Rat die rot-grüne Mehrheit zu erobern. Und Lüchinger weiss, was seine Partei besser machen sollte: «Die SP muss politische Themen aufgreifen, die Antworten geben und bei den Wählenden ankommen. Und wir müssen vermehrt profilierte Köpfe in den Vordergrund stellen.»

Köpfe. Genau diese sind das Problem der Basler SP. Sie hat keine prägnanten. Lässt man die Regierungsräte Eva Herzog, Christoph Brutschin und Hans-Peter Wessels sowie die Bundesparlamentarier Beat Jans, Silvia Schenker und Anita Fetz weg, bleiben nur noch wenige einflussreiche Sozialdemokraten übrig. Die SP ist in Basel eine Schlafpartei geworden. Sie ist leise, sie ist langweilig. Angefangen bei Lüchinger selber, der seit 2009 Präsident ist. Ein Netter. Aber kein Schwergewicht. Kein guter Kommunikator. Zu zurückhaltend führt er die Partei. In der SP realisierte man das schnell. Ein Jahr nach Lüchingers Amtsantritt rüttelten eine Handvoll Aufrührer an seinem Sitz. Erfolglos.

Lieber reagieren als agieren

Rückblickend bereuen es heute einige Parteimitglieder, die nicht namentlich genannt werden möchten, den Putschversuch nicht konsequent durchgezogen zu haben. Dass Lüchinger nach der Wahlschlappe bei den Nationalratswahlen nicht freiwillig zurücktreten würde, sei voraussehbar gewesen. Ihm fehle die Einsicht, heisst es. Nochmals einen Putschversuch starten will man in der SP aber auch nicht. Schliesslich wolle man vor den Wahlen nicht noch mehr Öl ins Feuer giessen. Und sowieso: Wer will diese undankbare, zeitintensive Aufgabe schon übernehmen? Lüchinger leiste eigentlich gute Arbeit, sagt Hubacher. Aber er sei halt nun mal kein Blender, sondern eher ein Trockener und Seriöser. «Man hat es, oder man hat es nicht. Es braucht heute jedoch mehr Leute, die auf sich aufmerksam machen können. Und diese Fähigkeit fehlt Lüchinger.»

Auf sich aumerksam machen, das kann auch die Grossratsfraktion der SP nicht. Sie hat es immer noch nicht geschafft, aus dem Schatten ihrer drei Regierungsräte zu treten. Geschäfte ihrer Exekutive winkt sie meistens liebevoll durch. Die SP-Fraktion reagiert mehr als sie agiert. Sie kann selber keine wichtigen Themen setzen und besetzen. Sicherheits- oder Integrationsthemen überlässt sie den anderen Parteien. Nicht mal als die Basler Kantonalbank wegen angeblicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung ins Visier der US-Justiz geriet, hielt es die SP für nötig, einen Vorstoss einzureichen. Getan hat es dafür die GLP.

«Die SP-Fraktion muss in der Öffentlichkeit spürbarer werden und ein Profil bekommen», sagt Ständerätin Anita Fetz. Und auch Hubacher findet, dass die Fraktion noch zulegen müsse. Die SP steht ein Jahr vor den Wahlen auf wackligen Beinen. Sie hat kein Profil. Sie sorgt nicht für Aufsehen. So wie sie sich heute präsentiert, wird sie im Oktober 2012 nur schwer zulegen können. Ihr einziges Ziel: Schadensbegrenzung.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 18/11/11

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