Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) hat ihren Bericht zu dem Ausbruch aus dem Waaghof vom letzten August vorgestellt. Ihr Urteil ist eindeutig, die Bauaufsicht hat ihre Sorgfaltspflichten massiv verletzt.
Eigentlich kann man nur verständnislos den Kopf schütteln angesichts der an Dilettantismus grenzenden Ignoranz, mit welcher im Untersuchungsgefängnis Waaghof Sicherheitsprobleme gehandhabt werden. Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates hat am Freitag ihren Bericht (siehe Rückseite dieses Artikels) zum Gefängnisausbruch aus dem Waaghof vom letzten August präsentiert und dabei harsche Kritik geübt an der Gefängnisleitung und den involvierten Departementen.
Im Spätsommer gelang es drei Insassen der sogenannten «Kalfaktorenstation» durch ein Loch in einer Aussenwand über die Nachbarliegenschaft das Weite zu suchen. Die insgesamt sechs Insassen dieser besonderen Gefängnisabteilung unterstützen den Gefängnisbetrieb, indem sie zum Beispiel in der Küche mithelfen. Deshalb verfügen sie auch über grössere Bewegungsfreiheiten als die anderen Häftlinge. Zudem gab es im Waschraum, von wo aus die Ausbrecher ihre Flucht vorbereiteten, keine Videoüberwachung.
Sicherheitsleck war eigentlich bekannt
Neun Jahre zuvor, im 2003, ist es schon einmal zu einem sehr ähnlichen Ausbruch gekommen, die entsprechende Backsteinwand war also als Sicherheitslücke bekannt. Im Nachgang des Ausbruches 2003 hat der Grosse Rat einen Kredit zur Erneuerung und Verbesserung der Sicherheitseinrichtungen im Waaghof gesprochen. Umfang: 3.8 Millionen. Ein kleiner Teil dieser Summe (rund 100 000 Franken) war dazu gedacht, die betreffende Mauer mit einem «Flächenschutz» auszustatten. Diese dünne Folie soll bei Beschädigung einen Alarm auslösen.
Wie die GPK nun festgestellt hat, wurde ebendieser Flächenschutz nicht vollständig angebracht. Eine Stelle in einem Lüftungsschacht wurde, wohl völlig bewusst und aus Kostengründen, wie die GPK vermutet, nicht mit der Folie gesichert. Obwohl diese Fehlleistung so offensichtlich war, dass die Ausbrecher sie auf den ersten Blick entdecken mussten, wurde das Protokoll der Bauabnahme von allen vier zuständigen Personen unterzeichnet und damit die Backsteinwand als «vollständig gesichert» deklariert. Im GPK-Bericht heisst es denn auch, dass man den Ausbrechern damit «ihr Tun beträchtlich erleichtert» habe. Weiter vermuten die Verfasser des Berichtes, dass die zur Bauabnahme «gehörige Sichtkontrolle, wenn überhaupt, nur höchst summarisch durchgeführt» wurde. Man habe sich wohl (buchstäblich) blind auf die Aussagen der entsprechenden Baufachleute verlassen, wonach alle Arbeiten auftragsgemäss durchgeführt wurden.
Nicht auf Hinweise reagiert
Zu dieser «schwerwiegenden Verletzung der Sorgfaltspflichten durch die Bauaufsicht» (Zitat GPK) kam hinzu, dass die Gefängnisleitung nicht ausreichend sorgfältig auf Hinweise des Mieters der Nachbarliegenschaft reagiert hatte. Dieser hatte nämlich «Klopf- und Grabungsgeräusche» festgestellt und der Polizei entsprechend Meldung erstattet. Die Untersuchungen der GPK ergaben zwar, dass man den Hinweisen nachgegangen sei, dies aber nicht mit der gebührenden Sorgfalt. Lärmklagen aus diesem Umfeld waren keine Seltenheit, also habe man sie wohl nicht ernst genug genommen, schliesst die GPK und stellt als Ursachen für das Ausbruchsdebakel eine Kombination aus mangelhafter Kommunikation, Betriebsblindheit, Gutgläubigkeit sowie unterlassener Kontrollen fest.
Aktuell ist bei der Staatsanwaltschaft eine Untersuchung der Verantwortlichkeiten im Gange. Es gelte zu klären, wer für die Behebung des Schadens und die neuerliche Beseitigung der Baumängel haften soll, fordert die GPK abschliessend. Zusätzlich kündigen die Mitglieder der GPK an, im Januar einen Anzug einzureichen. Darin wird die Regierung aufgefordert, zu prüfen wie das Parlament künftig besser über den Vollzug von Massnahmen informiert werden kann.