Die Doppelrolle der Bankräte im Steuerdeal

Das Büro des Nationalrats hat den Steuerdeal auf die Traktandenliste gesetzt, ein Streichungsantrag der SVP wird am Mittwoch behandelt. Eine besondere Rolle in der Debatte werden Markus Lehmann und Sebastian Frehner spielen: Sie sind Bankräte der bedrohten Basler Kantonalbank.

Grauzone Doppelmandat: Die beiden Bankrat-Mitglieder Sebastian Frehner und Markus Lehmann müssen im Nationalrat über den Steuerdeal abstimmen. (Bild: Roland Schmid)

Das Büro des Nationalrats hat den Steuerdeal auf die Traktandenliste gesetzt, ein Streichungsantrag der SVP wird am Mittwoch behandelt. Eine besondere Rolle in der Debatte werden Markus Lehmann und Sebastian Frehner spielen: Sie sind Bankräte der bedrohten Basler Kantonalbank.

«Wollen Sie mich nicht etwas Anderes fragen? Irgendetwas?»

Sebastian Frehner seufzt ins Telefon. Die heute Montag beginnende Sommersession wird schwierig für den Basler SVP-Nationalrat werden. Das alles überstrahlende Thema der Session ist der Steuerdeal des Bundesrats mit den amerikanischen Steuerbehörden, der in drei Wochen in höchster Geschwindigkeit und gleich in beiden Räten durchgepeitscht werden soll.

Die SVP, Frehners Partei, ist gegen den Deal und gegen die dringliche Behandlung. Und stellt damit zwei eigene Fraktionsmitglieder vor ein Dilemma. Frehner ist Bankrat der Basler Kantonalbank (BKB), Hans Kaufmann der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Die beiden Kantonalbanken sind mitverantwortlich für den Deal des Bundesrats: Gemeinsam mit zwölf anderen Schweizer Instituten stehen sie im Fokus der US-Behörden und sind mit der Drohung konfrontiert, bei einem Nein zum Deal «ausgeknipst» zu werden. Die Haltung der Banken ist klar; sie brauchen ein Ja des Parlaments, um danach mit den USA eine gütliche Lösung zu finden.

Frehner schwankt

Frehner, der als Bankrat im vergangenen Jahr 43’688 Franken brutto kassiert hat, schwankt im Moment noch. Einerseits: «Die Marschroute von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf ist nicht akzeptabel. Warum muss das so schrecklich schnell gehen?» Andererseits: «Wenn die Lösung dazu führt, dass es die Banken danach tatsächlich einfacher haben, dann müsste ich zustimmen.» Das Problem sei die mangelnde Transparenz. Weder die Politik noch die betroffenen Banken wüssten genau, was in den von den USA vorgeschlagenen «Programmen» tatsächlich enthalten sei. Ausserdem fehle bei einem Ja die Garantie, dass die Sache für die Banken wirklich bald bereinigt ist.

Um das Thema wird Frehner nicht herumkommen: Ein Antrag der SVP im Büro des Nationalrats, den Steuerdeal von der Traktandenliste zu streichen, scheiterte am frühen Montagnachmittag mit 9 zu 4 Stimmen. Am Montagabend wird die Wirtschaftskommission des Ständerats das Rahmengesetz beraten, am Dienstagnachmittag nehmen sich die Fraktionen der Sache an und am Mittwochmorgen wird der Nationalrat definitiv entscheiden, ob er die «Lex USA» in dieser Session behandeln will – ein entsprechender Ordnungsantrag wurde von SVP-Nationalrat Thomas Aeschi gestellt (siehe auch Box «So geht es weiter»).
Frehner hat also noch zwei Tage Zeit, um sich eine Meinung zu bilden.

Oder auch nicht: Als in der Frühlingssession 2012 über das Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA befunden wurde (das die BKB wollte und die SVP ablehnte), verliess Sebastian Frehner im entscheidenden Moment vor der Abstimmung den Saal.

Lehmann ist für den Deal

Bereits eine Entscheidung getroffen hat Markus Lehmann. Der Basler CVP-Nationalrat ist ebenfalls Bankrat, hat im vergangenen Jahr brutto 42’441 Franken für sein Mandat erhalten und wird im Rat für den Deal stimmen. «Dieses Gesetz ist vermutlich der einzig richtige Weg für die BKB und die anderen Banken, einen Schlussstrich unter den Steuerstreit mit den USA zu ziehen», sagte er am Montag in der «Basler Zeitung» (online nicht verfügbar). Die Schweiz sei in einer dermassen schlechten Lage, dass man gar nicht anders könne, als den Steuerstreit möglichst rasch zu beenden.

So geht es weiter

Am Montagabend wird die Wirtschaftskommission des Ständerats Hearings durchführen, am Donnerstag entscheidet sie offiziell. Behandelt werden soll das Geschäft am Mittwoch, 12. Juni. Verabschiedet der Ständerat das Gesetz, wird sich die nationalrätliche Kommission an die Beratung machen. Behandlungstermin im Nationalrat ist der 18. Juni. Dazu wird es aber nur kommen, wenn der Nationalrat diesen Mittwoch einen SVP-Streichungsantrag ablehnt. Sind all diese Hürden genommen, findet am letzten Freitag der Session, dem 21. Juni, noch die Schlussabstimmung statt.

Um als dringliches Gesetz verabschiedet zu werden, braucht es in beiden Kammern ein qualifiziertes Mehr (Nationalrat: 101 Stimmen, Ständerat 24 Stimmen). Dazu wird es wohl eher nicht kommen: SVP und SP lehnen den Deal ab, die FDP will den Vertrag an den Bundesrat zurückschicken und ihn so dazu bringen, Notrecht anzuwenden. Davor warnte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf dieses Wochenende in einem schriftlich geführten Interview mit der «Sonntagszeitung»: Notrecht sei nur für Fälle vorgesehen, bei denen so hohe Dringlichkeit gegeben sei, dass auf parlamentarischem Weg keine gesetzliche Grundlage mehr geschaffen werden könne. «Das ist hier nicht gegeben», sagte sie im kurzen Gespräch mit der «Sonntagszeitung».

Gleichzeitig wurde am Wochenende auch bekannt, warum der Bundesrat derart aufs Tempo drückt: Laut «NZZ am Sonntag» bleiben den Banken nur 120 Tage, um mit den US-Behörden eine Lösung zu finden. Wird das Gesetz in einer allfälligen Schlussabstimmung für nicht dringlich erklärt, ist es referendumsfähig – und würde damit über die 120 Tage hinaus verzögert. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird in einem solchen Fall übrigens nicht in die Bresche für die Banken springen und allfällige Bussen übernehmen – das hat SNB-Chef Thomas Jordan in einem Interview mit der «Schweiz am Sonntag» klar gemacht. Die Situation bleibt also heikel für die Banken. Wo genau die Gefahr liegt, ist hier nachzulesen.

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