Die EBL will nicht auf Gesetze warten

Die Elektra Baselland (EBL) steigt ins Autogeschäft ein. Dabei wird sie weder zum Hersteller noch zum Händler, sondern zur Tankstelle. Ihr Ziel: 10’000 Elektrofahrzeuge im Raum Basel bis 2018 – und eigene Stromzapfsäulen in 60 Gemeinden.

Die Elektra Baselland (EBL) steigt ins Autogeschäft ein. Dabei wird sie weder zum Hersteller noch zum Händler, sondern zur Tankstelle. Ihr Ziel: 10’000 Elektrofahrzeuge im Raum Basel bis 2018 – und eigene Stromzapfsäulen in 60 Gemeinden.

Eigentlich überrascht es nicht, dass die Elektra Baselland (EBL) nun auf Elektromobilität setzt. Schliesslich umfasst das Kerngeschäft der Genossenschaft den Verkauf von Strom. Und immerhin ein Drittel der verbrauchten Energie in der Schweiz geht aufs Konto der Mobilität. «Die EBL hat E-Mobility schon sehr lange auf dem Radar. Jetzt ist die Zeit reif, dass wir uns diesem Thema annehmen», erklärte Beat Andrist, stellvertretender CEO der EBL am Mittwochabend.

Dann nämlich präsentierte der Energieversorger seine neue Sparte Elektromobilität Medien und Öffentlichkeit mit viel Brimborium. E-Autos von BMW, Renault, VW und Tesla standen zur Ansicht und für Probefahrten bereit, und Andrist frohlockte: «Die EBL will ein Pionier in der E-Mobility sein. Wir wollen nicht auf Gesetze warten.»

Damit spielte er auf die fehlenden Anreize an, mit denen sich die Elektromobilität in der Schweiz konfrontiert sieht. Wie es gehen könnte, das liess er Erik Figenbaum vom Institute of Transport Economics in Oslo zeigen. Dieser beschrieb den Siegeszug der E-Autos in Norwegen (siehe Box).

 

10’000 E-Fahrzeuge jetzt!

Die EBL hat die Ziele hoch gesteckt. Eins lautet: 10’000 Elektrofahrzeuge im Raum Basel bis 2018. Bis dahin sollen zudem in allen 60 von der EBL versorgten Baselbieter Gemeinden Stromtankstellen zur Verfügung stehen. Kostenpunkt: 600’000 Franken. Ob und wie viel der Strom kosten soll, steht noch nicht fest. Man darf jedoch von einem günstigen Tarif ausgehen.

Womit sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit aufdrängt. Doch die steht laut Andrist ganz und gar nicht im Zentrum. Auch nicht das Image. Es gehe um Umweltschutz. Und darum, die Nordwestschweiz zur Vorzeigeregion punkto elektrischer Mobilität zu machen.

Dass der Stromverkauf an Autofahrer eines Tages rentieren wird, damit liebäugelt die Firma allerdings schon. Dafür hat sie mit namhaften Partnern zusammengespannt. Wichtigster ist wohl die Basellandschaftliche Kantonalbank BLKB. Wie die EBL stellt auch die Bank ihre hauseigene Flotte nach und nach auf Elektrofahrzeuge um. EBL-CEO Urs Steiner fährt ab Juni ein Model S von Tesla. «Wir wollen auch den Kanton Baselland ins Boot holen», sagte sein Stellvertreter Beat Andrist.




«Grosses Interesse»: Die Bilanz der EBL fiel positiv aus.

Umweltschutz soll Spass machen

Natürlich wagt sich der Energieversorger nicht gänzlich ohne Absicherung auf die Äste. Das Unternehmen hat zunächst beim Marktforschungsinstitut gfs Bern eine Studie in Auftrag gegeben. Die besagt: Ein Viertel der 800 Befragten kann sich die Anschaffung eines Elektroautos vorstellen, 61 Prozent eher oder gar nicht. Das realistische Potenzial beträgt letztlich vier Prozent aller Neuinverkehrsetzungen. «Das klingt nach wenig», sagt Lukas Golder von gfs. «Es wären aber allein in den Kantonen Baselland, Basel-Stadt und Aargau mehrere Tausend Fahrzeuge.»

Was die Studie ebenfalls herausgefunden hat: «Der eigentliche Treiber für die Anschaffung eines E-Autos ist der Lebensstil. Es ist eine Lifestyle-Entscheidung für Menschen, die es sich leisten können.» Genau da liegt einer der Nachteile – neben den beschränkten Reichweiten elektrischer Fahrzeuge: der Preis. Während es den günstigsten VW up! ab rund 13’000 Franken zu kaufen gibt, kostet der e-up! satte 33’000 Franken.

Springen EBL und BLKB also auf den Elektro-Zug, weil er gerade Mode ist? Beide verneinen und verweisen auf Überzeugungen, Umweltschutz, Förderung von Technologie. BLKB-CEO Beat Oberlin spricht vom Umweltschutz mit Spassfaktor statt Wollsocken, schliesslich habe Ökologie nicht nur die Farbe Grün.

Bessere Stadtluft

Bei der Ökologie geht es ans Eingemachte. Gemäss Florian Rothfuss vom Stuttgarter Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation sterben in Deutschland jährlich 10’000 Menschen durch verkehrsbedingte Schadstoffemissionen. «Das Leben in der Stadt wird durch E-Autos deutlich gesünder», verspricht er.

Seine Überzeugung ist gross, dass die Mobilität der Zukunft vernetzt und automatisiert stattfinden muss und auch wird. Über kurz oder lang werde jedes Fahrzeug zumindest teilelektrisch unterwegs sein.

_
Um die Elektromobilität spür- und vor allem auch fahrbar zu machen, plant die EBL grossangelegte Roadshows in Sissach (29./30. Mai) und Pratteln (4./5. September). Wie kraftvoll ein Elektroauto sein kann, hat Autor Lucas Huber hat bei einer Tesla-Probefahrt im Januar erlebt. Lesen Sie seinen Testbericht.

Siegeszug des E-Autos in Norwegen
Norwegen ist das gelobte Land in Sachen Elektromobilität. 2014 waren zwölf Prozent der eingelösten Neufahrzeuge strombetrieben, 2015 sind es sogar 18 Prozent. Jedes 30. Fahrzeug im Raum Oslo fährt elektrisch, landesweit sind es 1,8 Prozent oder knapp 40’000 Personenwagen. In der Schweiz sind es rund 4500.
Grund für den Siegeszug in Norwegen sind vor allem finanzielle Anreize. Etwa die Befreiung von Verkehrssteuer und Maut, freies Parken und freie Fahrt auf Busstreifen. Dazu kommt ein staatliches Konjunkturprogramm für Elektrotankstellen und ein CO2-Emissions-Ziel von 85 Gramm pro Kilometer bis 2020. Zum Vergleich: Die Schweiz ist heute bei 130 Gramm und will auf 95 runter.

Nächster Artikel