Die Flasche ist leer

Die Alkoholberatung Blaues Kreuz kämpft um ihre Existenz. Spendenerträge sind weggebrochen und die Reserven aufgebraucht. In der Kritik steht auch das Basler Gesundheitsdepartement.

Reif fürs Recycling: Das Blaue Kreuz hat seine Ressourcen allesamt verbraucht. (Bild: Hansjörg Walter)

Die Alkoholberatung Blaues Kreuz kämpft um ihre Existenz. Spendenerträge sind weggebrochen und die Reserven aufgebraucht. In der Kritik steht auch das Basler Gesundheitsdepartement.

Seit Jahren schreibt die Basler Alkoholberatungsstelle Blaues Kreuz rote Zahlen. Auch ein riskanter Befreiungsschlag ging schief. Nach einem Spendeneinbruch vor zwei Jahren steckte die Organisation ihr letztes Geld in die Öffentlichkeitsarbeit. Das ernüchternde Ergebnis: Spenden sprudeln noch immer nur ungenügend – aber die Reserven sind trockengelegt.

Dabei ist die Beratung gefragt: 500 Klienten berät die Stelle jedes Jahr. Es sind Alkoholiker und deren Angehörige, die Hilfe suchen. Das Blaue Kreuz versucht in Einzel- und Gruppengesprächen, die Betroffenen zurück in die Spur zu bringen. Ein vergleichbares Angebot fehlt weit und breit.

Blind ins Verderben geschlittert

«Wir waren blauäugig», sagt Alice Zimmerli, Vorstandsmitglied des Trägervereins. Damit meint sie nicht allein die gescheiterte teure Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch die jahrelange Überzeugung, die Spenden würden weiterhin fliessen. Das Blaue Kreuz finanziert sich zu rund 40 Prozent über Eigenmittel, den Rest steuert der Staat bei. Diese Eigenmittel fehlen nun.

Wichtige Spender sind abgesprungen, etwa die Pharmaindustrie. «Früher reichte es, den Pharmaunternehmen ein Gesuch zu stellen und das Geld wurde überwiesen», sagt Zimmerli. Nun fliesst kein Geld mehr. Das Defizit 2011 beträgt rund 50’000 Franken, 2010 fehlten gar 170’000.

Harsche Kritik

Die existenzielle Notlage der Beratungsstelle hat die Politik alarmiert. Die Gesundheitskommission des Grossen Rats übt in ihrem letzten Bericht harsche Kritik an der Verwaltung des Blauen Kreuzes. Kommissionspräsident Philippe Macherel (SP) ist hörbar verärgert: «Wir haben schon vor drei Jahren auf den Ernst der Lage hingewiesen, doch nichts ist passiert. Ich frage mich schon, ob die Verantwortlichen verstehen, was es geschlagen hat.» Statt die strukturellen Probleme anzugehen, habe das Blaue Kreuz massiv Geld für Werbung ausgegeben, dabei die Suche nach Partnern vernachlässigt – und schliesslich nach mehr Subventionen verlangt.

Für Macherel liegt die Schuld an dieser Entwicklung nicht allein beim überforderten Verein: «Man fragt sich, wo die Kontrolle durch das Gesundheitsdepartement war.» Das Departement bezahlt für Leistungen der Fachstelle 210’000 Franken jährlich, dazu kommen Subventionen über 175’000 Franken aus der Alkoholsteuer.

Qualitativ gute Arbeit

Im Gesundheitsdepartement reagiert man «gelassen» auf die Kritik, wie Philipp Waibel, Leiter Gesundheitsdienste, sagt: «Wir können nicht direkt in das operative Geschäft eingreifen, der Verein kann selber entscheiden, wie er seine Mittel einsetzt.» Die einzige Möglichkeit wäre gewesen, dem Blauen Kreuz «den Hahn zuzudrehen». Doch das sei nicht infrage gekommen, schliesslich sei die Beratungsarbeit qualitativ sehr gut. Das bestätigt auch die Gesundheitskommission in ihrem Bericht.

Die strukturellen Probleme des Blauen Kreuzes fänden sich bei vielen teilsubventionierten Organisationen, sagt Waibel. «Was beim Blauen Kreuz passiert, geschieht vielen Ortes. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten brechen die Spendenerträge weg. Das sind oft fragile Gebilde.» Der Staat sei aber auf die Leistungen dieser Institutionen angewiesen. Er könne sie zwar auch selber erbringen, doch das wäre mit einer Erhöhung des Budgets verbunden, was wiederum auf politischen Widerstand stossen würde, glaubt Waibel.

Mehr Subventionen

Im Falle des schwer defizitären Blauen Kreuzes, hat man sich nun auf eine Erhöhung der Subventionen geeinigt. Auf ein Jahr befristet erhält der Verein 50’000 Franken mehr pro Jahr, sofern er denselben Betrag über zusätzliche Drittmittel organisieren kann. Gleichzeitig wurden Sanierungsschritte eingeleitet. Trotzdem ist die Zukunft höchst unsicher. «Es gibt einen Plan B», sagt Waibel. Der kann aber nur lauten: Der Staat übernimmt die Aufgaben des Blauen Kreuzes selbst.

Wahrscheinlicher wäre angesichts des Widerstands gegen einen Ausbau der Verwaltung aber ein anderes Szenario: Das Beratungsangebot würde ersatzlos verschwinden.

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