Die Frau, die im Soca den Ton angibt

Tanya Gavrancic bringt neuen Schwung ins Sommercasino: Die gut vernetzte Musikpromoterin will das Programm in der Villa breit fächern.

«Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und will alles lernen.» Tanya Gavrancic will frischen Wind ins Sommercasino bringen.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Tanya Gavrancic bringt neuen Schwung ins Sommercasino: Die gut vernetzte Musikpromoterin will das Programm in der Villa breit fächern.

Das Basler Sommercasino hat turbulente Jahre hinter sich: Nachdem die Villa runtergerockt worden war, folgte der grosse Schnitt und die Neubesinnung. Jetzt soll es ein neues Team richten. Für frischen Wind im Musikprogramm ist dabei Tanya Gavrancic besorgt.

Sie stammt aus Deutschland, lebt in Bern – und hat entsprechend unbefangen ihre Arbeit aufgenommen. Unverkrampft wirkt sie auch in der Begegnung, lädt in den Backstage-Bereich des Sommercasinos ein, setzt sich im Schneidersitz auf ein ausgeleiertes Sofa und zündet sich eine Zigarette an. Ihre Haltung ist entspannt, aber bestimmt, ihr Blick eindringlich.

Passt, denn als Bookerin muss sie jetzt Musiker engagieren und vom Sommercasino überzeugen. Aufbauarbeit.

Dass sie eines Tages Bands in der Schweiz buchen würde, hätte sie sich vor zehn Jahren noch nicht ausmalen können. Ihre berufliche Laufbahn begann in der Gastronomie, führte dann zur Promotion. An einem Event in Deutschland lernte sie 2006 Frank Lenggenhager kennen, «wo ich ihn vermutlich mit meiner grossen Klappe beeindruckte», sagt sie und lacht.

Der Gründer der Berner Promotionsagentur Lautstark war tatsächlich beeindruckt und bot ihr einen Job an. «Ich überlegte: Musik und Arbeit. Warum nicht?» Innert vier Wochen zog Gavrancic, deren Eltern ursprünglich aus Serbien stammen, von Reutlingen nach Bern.

Neuanfang in Bern

«Zu Hause verkündete ich stolz, dass ich auswandern würde. Mein Umfeld lächelte und meinte: Die Schweiz ist doch Deutschland light.» Und, ist es so? «Überhaupt nicht. Die Schweiz ist ein völlig anderes Land. Als ich in Bern ankam, verstand ich kein Wort. Da merkte ich: Man kann mit 27 noch sehr naiv sein.»

Gavrancic lacht, sie lacht viel. Und versteht längst Schwiizerdütsch, ja, in ihrem Schwäbisch haben sich sogar einige Mundartausdrücke eingeschlichen. «Es ist ein Chrüsimüsi, ich weiss», sagt sie. Und bereut sie den Schritt in die Schweiz? «Nein, überhaupt nicht.»

Der Einstieg in die Musikbranche fiel ihr, die selber noch nie auf einer Bühne stand, leicht. Das sagt ihr früherer Chef, Frank Lenggenhager: «Sie ist eine geschickte Netzwerkerin und eine grossartige Promoterin», lobt er.

Nur ungern liess er sie nach ein paar Jahren ziehen: Der Jugendsender Joiz warb sie ab. Dort baute sie ihr Netzwerk aus, aber auch als Künstlerbetreuerin und Tourmanagerin (Steffe La Cheffe) knüpfte sie zahlreiche Kontakte.

Seit Juni 2016 steht sie auf der anderen Seite des Musikgeschäfts: Jetzt erhält sie die Mails von Promotern und muss entscheiden, wem sie eine Plattform geben will auf der Bühne und wem nicht.

Die Aufgabe gefällt ihr sehr, wie sie sagt: «Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und will alles lernen. So möchte ich auch mal einen ganzen Tag die Ton- und Lichtmenschen hier im Club begleiten, damit ich mitkriege, was sie an einem Konzerttag machen müssen.»

«Jetzt wird angemalt!»

Ihr Aufgabenbereich ist mit 50 Prozent definiert. Nicht viel, gerade wenn man bedenkt, wie lange manche Konzertnächte sein können. «Aber wir haben Produktionsleitungen, sodass ich nicht an allen Abenden anwesend sein muss», sagt sie.

Zu ihrem Glück, denn ihr Wohnort ist nach wie vor Bern. Warum eigentlich?

«Ich finde Bern wunderschön, da nehm ich das Pendeln gern in Kauf. Und Netflix hilft, auch im Zug.» Allerdings werden manche Konzertnächte im Sommercasino dazu führen, dass sie erst um 5 Uhr morgens zurückkehren kann nach Bern. «Mal schauen, wie das wird. Hier im Haus wurden bereits Wetten abgeschlossen, dass ich bald nach Basel ziehen werde.»

Die Distanz zum neuen Arbeitsort habe auch etwas Gutes: «Ich liebe Musik – aber auch Abende auf meinem Sofa, bei einem guten Buch und mit meinen zwei Katzen», sagt sie. Welche Musik hört sie dann? «Gerne spezielle, experimentelle Sachen, sei es die Instrumentalmusik von Olafur Arnalds oder die tiefsinnigen Songs von Tina Dico.»

«Das Sommercasino ist für mich ein unbeschriebenes Blatt. Für mich heisst das: Buntstifte rausholen und anmalen!»

Für das Soca aber schwebt ihr ein breites Programm vor, für das sie ihre persönlichen Interessen zurückbindet. Nicht aber ihre Risikolust. Ihr freien Lauf zu lassen, das empfiehlt auch Gavrancics ehemaliger Chef Frank Lenggenhager: «Tanya überrascht immer wieder mit ihrem Ideenreichtum, mit Ideen, die ungewöhnlich oder radikal sein können. Wenn man sie machen lässt, wird sie ein Glücksfall für das Sommercasino sein», ist er überzeugt.

Dass ihr die Geschichte ihres neuen Arbeitsortes bislang fremd war, hilft sicher dabei, sich unvoreingenommen an die Basler Szene heranzuwagen. «Das Sommercasino ist für mich ein unbeschriebenes Blatt. Für mich heisst das: Buntstifte rausholen und anmalen!»

Doch wie findet man den richtigen Buntstift für das weisse Blatt? «Ich will musikalisch nichts ausschliessen, das Angebot soll breit gefächert sein.» Und was, wenn eine Reihe, eine Sparte nicht gut ankommt? «Ich habe keine Angst hinzufallen – das gehört dazu. Dann steh ich auf und mache weiter.»
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Auftakt Sommercasino Saal, Sommercasino Basel, Münchensteinerstrasse 1, Basel, Samstag 17. September, 20 Uhr.


 

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