In drei Monaten wird in Basel-Stadt gewählt. Um die Gunst der Wähler buhlen bisher einzig die Jungparteien. Der gemeinsame Wunsch nach einer Jugendbewilligung hat sie kurzzeitig zusammengeschweisst. Nun wird die Petition eingereicht – ein Rückblick auf eine schwierige Freundschaft auf Zeit.
Es hatte vielversprechend begonnen. Der Wunsch nach einer Jugendbewilligung hat im Mai geeint, was nicht vereinbar schien: Juso, Jungfreisinnnige, Junge CVP, Jungliberale, Junges Grünes Bündnis und Junge SVP. Gemeinsam machten sich die Parteien für eine Petition zur Einführung einer Jugendbewilligung in Basel-Stadt stark.
Mit der Jugendbewilligung hatten die Jungparteien ein dankbares Thema für die Grossratswahlen vom 28. Oktober gefunden. Das Bündnis bescherte ihnen jene Aufmerksamkeit, die sie für einen schnellen Erfolg ihrer Forderung benötigen. Doch es dauerte nicht lange, bis die ersten Risse im jungen Bündnis sichtbar wurden: Anfang Juni nahm Juso-Präsidentin Sarah Wyss an der illegalen Party auf dem nt/Areal teil – für die Bürgerlichen ein nicht tolerierbarer Akt. Sie sahen nicht nur das Bündnis gefährdet, sondern auch das gemeinsame Ziel. In einer Mitteilung liessen sie Dampf ab: «Leider halten es nicht alle der an der Petition beteiligten Jungparteien für nötig, sich von den inakzeptablen und für die Petition kontraproduktiven Vorkommnissen auf dem nt/Areal zu distanzieren, sondern wohnen diesen sogar noch, wenn auch nur passiv, bei.»
Diesen Vorwurf wiederrum wollte Sarah Wyss nicht auf sich sitzen lassen – sie konterte in einer Stellungnahme: «Die bürgerlichen Jungparteien haben eine inhaltliche Kehrtwende vollzogen und verstecken sich nun hinter Widersprüchen.» Einerseits werde das Bedürfnis junger Menschen nach Freiraum weiterhin formal anerkannt, andererseits werde mehr Repression gefordert. «Wir vermuten, dass auch den Exponent/innen der bürgerlichen Jungparteien klar ist, dass dies so nicht umsetzbar ist. Dies läst uns schliessen, dass es ihnen nicht ernst ist mit dem Anliegen nach mehr Freiraum.»
Junge SVP droht mit Anzeige
Der Ärger war aber rasch verflogen. Plötzlich hatte man sich wieder gern. Und zwar so gern, dass man am Rhein zusammen Würste brutzelte und Bier trank. In einem gemeinsamen Communiqué zelebrierten die Jungparteien dieses Mal den Frieden: «Die Basler Parteien setzten sich gemeinsam für ein Interesse der Jugend ein. Trotz den meist sehr grossen Meinungsdifferenzen gibt es einen gemeinsamen Nenner: die Jugendbewilligung. Das Anliegen des Freiraums für junge Leute wird somit von links bis rechts geteilt.»
Das Grillfest ist jedoch schon ein paar Wochen her. Inzwischen sieht die Situation wieder ganz anders aus. Auslöser ist – wieder einmal – Sarah Wyss. Ihre Partei veranstaltete letztes Wochenende auf dem Markpatz eine Gedenkfeier für die Opfer von Utoya. Die Junge SVP wift der Juso-Präsidentin nun vor, Wahlkampf mit Anders Breivik zu betreiben. Zudem habe Sarah Wyss die SVP in der Sendung «7vor7» von «Telebasel» als «Nährboden für Massenmörder» bezeichnet. Die junge Rechtspartei ist über diese Aussage derart «entsetzt und schockiert», dass sie rechtliche Schritte gegen Wyss in Erwägung zieht, sollte sie ihre «ehrverletzenden und pauschalisierenden Aussagen» nicht zurücknehmen wollen.
Jugendbewilligung hat Vorrang
Die Juso-Präsidentin denkt gar nicht daran. «Die rechtsbürgerlichen Parteien, insbesondere die SVP, müssen sich bewusst sein, dass sie mit ihrer Politik der Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit den Boden bereiten für Extremisten», sagt sie und betont, «ich stehe ich zu 100 Prozent zu meiner Aussage.» Die Anschuldigungen der Jungen SVP seien haltlos und «skandalös». Zum Vorwuf, die Juso würde Wahlkampf mit Breivik betreiben, meint Wyss: «Wir haben bereits vor einem Jahr eine Mahnwache auf dem Marktplatz abgehalten und werden dies in zehn Jahren noch tun. Wahlpropaganda ist das nicht.» Was die Junge SVP jetzt treibe, sei Wahlpropaganda und Verleumdung, in dem sie falsch zitiere. Sie habe kein Problem damit, angezeigt zu werden.
Entsetzen hier, Skandal da – die Juso und JSVP kämpfen mit harten Bandagen und das ist der Zusammenarbeit nicht förderlich. Eine Anzeige wäre das Letzte, dass es jetzt noch braucht, wie Wyss selbst sagt: «Für die Zusammenarbeit wäre dies wohl nicht gut.» Aber es gebe ohnehin wenige Themen, bei der sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen kann. «Die Jugendbewilligung ist eine Ausnahme.»
Bald gehen sie getrennte Wege
So «geschmacklos» er die Aussage von Wyss findet, entschieden hat JSVP-Vizepräsident Pascal Messerli noch nicht, ob seine Partei juristisch gegen die Juso-Präsidentin vorgeht. Und der Grund ist einfach: Die Jugendbewilligung geniesst bei der JSVP ganz klar Vorrang vor allen anderen Themen. Der Streit erinnert letztlich an die Auseinandersetzung nach der Sauvage auf dem n/t-Areal. Vorwürfe, Gegenvorwürfe, ein paar politische Statements platziert und dann wieder zusammen grillieren. Die Jungparteien liefern einander – wohl unbemerkt – die perfekten Vorlagen für die Wahlen: Beim Dampfablassen etwas Wahlkampf, Aufmerksamkeit nutzen und das gemeinsame Ziel wieder verfolgen: die Jugendbewilligung.
Die Jungfreisinnige haben sich aus dem Konflikt bisher rausgehalten. Verpassten damit aber die Chance sich vor den Wahlen Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die Erklärung dafür ist einfach. Präsident Carol Baltermia sieht die Stärke seiner Partei in den «gemässigten Tönen». Eigentlich habe die Zusammenarbeit bis jetzt «meistens herrvorragend» funktioniert. «Probleme haben jetzt nur die Junge SVP und Juso miteinander.»
So oder so müssen sich die Jungparteien der Jugendbewilligung zuliebe nicht mehr lange zusammenreissen. Bereits am Donnerstag, 26. Juli 2012 wird die Petition eingereicht. Dann gehen sie alle wieder getrennte Wege. Und der Wahlkampf geht wohl erst richtig los.