Die goldenen Jahre sind vorbei

Massenentlassungen, Konkurse und Auftragsflauten – die Ausstatter von Privatjets in Basel haben es schwer.

Einst liessen Superreiche aus aller Welt ihre Privatjets in Basel vergolden – doch die besten Tage der Flugzeugausstatter liegen weit zurück. (Bild: zVg)

Massenentlassungen, Konkurse und Auftragsflauten – die Ausstatter von Privatjets in Basel haben es schwer.

Neben den üblichen Reisenden geht am EuroAirport in Basel/Mulhouse seit vielen Jahren eine ganz ­andere Klientel ein und aus. Ver­schiedene Unternehmen bieten hier unter Begriffen wie «Completion» und «Maintenance» einen Service an, der mit Rucksacktouristen oder Warteschlangen vor dem Check-in wenig ­gemein hat. «Completion» meint den Innenausbau von Privat- und Geschäfts­flugzeugen (auf der Rückseite dieses Artikels findet sich eine Broschüre mit entsprechenden Beispielen), «Maintenance» deren Wartung.

Die bedeutendsten Anbieter dieser Dienstleistungen in Basel sind AMAC Aerospace und Jet Aviation (JA); beide Unternehmen haben Schweizer Wurzeln. JA befindet sich seit 2008 jedoch in den Händen des amerikanischen Konzerns General Dynamics.
Die Flugzeugausstatter locken Kunden aus der ganzen Welt nach Basel, im privaten Segment stammen diese vorwiegend aus dem Nahen Osten und Russland. Das Geschäft ist lukrativ, die Aufträge schlagen oft mit einem höheren zweistelligen Millionenbetrag zu Buche.

Schlechte Aussichten

Die Perspektiven in diesem Luxus­geschäft sind allerdings schon länger nicht mehr die besten – die Krisenstimmung der Luftfahrtbranche macht auch vor dem Premiumsegment nicht Halt. In dieser Woche musste die Lufthansa Technik Switzerland (LTSW) bekannt geben, dass die Existenz des Unternehmens akut gefährdet ist und die Entlassung aller übrig gebliebenen 60 Angestellten nicht mehr länger ausgeschlossen werden kann.

Bereits im letzten Frühjahr sah sich die LTSW gezwungen, 220 Personen zu entlassen. Aus dem Geschäft mit den Privatjets hat sich die LTSW schon lange zurückgezogen. Ein Kenner der Branche, der allerdings nicht mit Namen in der Zeitung stehen mag, glaubt zu wissen, weshalb sich die LTSW im lukrativen Markt der Wartung von Privatflugzeugen nie etablieren konnte. Die Belegschaft der LTSW sei technisch zwar auf einem guten Stand gewesen, habe aber über keine eigene Verkaufsorganisation verfügt. Deshalb sei die LTSW darauf angewiesen gewesen, von der deutschen Muttergesellschaft Aufträge ­zugeschanzt zu bekommen. Dies sei viel zu wenig geschehen, wie ein ehemaliger Mitarbeiter gegenüber der TagesWoche klagt. Man habe die meisten Aufträge direkt in Deutschland erledigt, die Tochter sei zu kurz gekommen.

Zu wenig Aufträge, zu viele Angestellte

Aber auch der Konkurrenz geht es nicht besser. Jet Aviation beispielsweise hatte seit 2009 jährlich Massenentlassungen zu vermelden; von ihren einst knapp 1900 Angestellten musste bis heute jeder Dritte gehen. Gemäss Marketingchef Heinz Aebi habe der Stellenabbau vor allem den Bereich Innenausbau betroffen. Optimistischer beurteilt er den Bereich Wartung, hier habe man den Betrieb neu strukturiert, um den Kundenbedürfnissen besser gerecht zu werden.

Den Überblick über die Entlassungen im Raum Basel hat das Amt für Wirtschaft und Arbeit. Amtsleiter Hansjürg Dolder bestätigt, dass im Bereich der Flugzeugwartung in den letzten Jahren grosse Entlassungswellen stattfanden. Der Blick zurück zeigt: Zu den besten Zeiten, 2009, waren am EuroAirport rund 2300 Per­sonen im weiteren Sinne mit der Wartung von Flugzeugen beschäftigt. Heute, drei Jahre später, sind es 600 Leute weniger. Dolder gibt aber zu ­bedenken: «Dieses Geschäft ist sehr volatil und dank der Globalisierung unglaublich wettbewerbsintensiv.» Die Finanzkrise habe sich besonders im Bereich der Luxusgüter bemerkbar gemacht.

Das ganze Netzwerk an die Konkurrenz verloren

Die grosse Ausnahme am Euro­Airport stellt AMAC dar, diese befindet sich seit der Gründung durch ehemalige Manager von Jet Aviation auf einem strammen Erfolgskurs. Erst im letzten September hat AMAC ihren dritten Hangar eröffnet und mit 150 neuen Stellen einen Teil der Massenentlassungen der Konkurrenz auffangen können.

Gemäss dem Brancheninsider sei das Geschäft mit reichen VIP und ihren Flugzeugen stark von persön­lichen Beziehungen geprägt. Es sei deshalb nicht verwunderlich, dass sich die Aufträge von Jet Aviation zu AMAC verlagert haben, schliesslich sei mit den ehemaligen Führungsleuten auch ein ganzes Netzwerk zur neuen Konkurrenz abgewandert. Die vielen Entlassungen seien überdies darauf zurückzuführen, dass 2009 massive personelle Überkapazitäten bestanden hätten. Zu viele Unternehmen hätten sich am lukrativen Geschäft beteiligen wollen, obwohl dieses rückblickend offensichtlich bereits maximal ausgereizt gewesen sei.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.01.13

Nächster Artikel