Bei den Riehener Gemeinderatswahlen wurde die LDP für ihren Alleingang abgestraft. Vor dem zweiten Wahlgang ist sie dennoch in einer komfortablen Lage. Sie steht im Zentrum komplizierter strategischer Spielchen.
Damit konnte Eduard Rutschmann nun wirklich nichts anfangen. Dabei hatte der Riehener SVP-Chef nur freundlich sein wollen, als er sich zu SP-Präsident Martin Leschhorn beugte und ihm zum Wahlerfolg beglückwünschte. «Jene, die die Probleme direkt ansprechen, haben gewonnen. Es ist nur richtig, dass SP und SVP gewonnen haben», meinte Rutschmann, hoffend auf nicht viel mehr als eine kurze Würdigung des Kompliments, ein Lächeln, eine stumme Anerkennung.
Diesen Gefallen tat ihm Leschhorn nicht: «Es gibt einen grossen Unterschied zwischen uns – wir sind konstruktiv, ihr einfach nur destruktiv.» Rutschmann wendete sich eingeschnappt ab: «Ich wollte doch nur gratulieren.»
Versöhnlicher dürfte der Ton auch in Zukunft nicht werden. Denn die SP hat vor allem etwas als grosses Riehener Problem identifiziert: die SVP. «Wir wollen mit allen Mitteln verhindern, dass die SVP zwei Sitze im Gemeinderat erhält», sagt Leschhorn. Tatsächlich ist es noch zu früh, Bilanz zu ziehen in Riehen. Im ersten Wahlgang hat es nur CVP-Politiker Daniel Albietz in den Gemeinderat geschafft. Auch in der Präsidiumswahl ist alles offen. Ob es der parteilose Hansjörg Wilde, den Leschhorn für einen verkappten SVPler hält, trotz seines grossen Vorsprungs schafft, ist ungewiss.
Klar ist allein, dass der grosse Neuanfang in der Basler Landgemeinde, von dem vor den Wahlen so viel zu hören war, weitgehend ausgeblieben – oder zumindest aufgeschoben ist.
Bürgerliche zerstritten
Gleich vier der sieben Sitze im Gemeinderat waren frei geworden, darüber hinaus hatten sich die Partnerschaften im bürgerlichen Lager verändert. FDP und CVP gingen mit der SVP zusammen, aussen vor blieb die LDP, die sich in den Vorgesprächen mit den anderen überworfen hatten.
Nun, nachdem alle Stimmen ausgezählt sind, lässt sich sagen: Die Verschiebungen der Parteienstärken sind überschaubar. Sie folgen einer gesamtschweizerischen Tendenz: Die SP gewinnt ihren Sitz im Einwohnerrat zurück, den sie vor vier Jahren an die Grünen verloren hat und kommt neu auf 8 Sitze im 40-köpfigen Parlament. Auch die SVP, auf der anderen Seite der politischen Polung, legt leicht zu und stellt jetzt neun Vertreter. Bedenklich ist die Entwicklung der Grünliberalen, die, nachdem sie vor vier Jahren aus dem Nichts zwei Sitze gewonnen haben, einen davon wieder abgeben müssen.
Ein Debakel erlebte auch Thomas Strahm, LDP-Grossrat. Die LDP wollte die zwei Sitze im Gemeinderat im Alleingang verteidigen, zudem ins Präsidium vorstossen. Das Resultat ist eine tiefe Schlappe. UBS-Banker Strahm liegt an letzter Stelle nach dem ersten Wahlgang, den Protestkandidaten Hans-Peter «Bölle» Börlin mal ausgenommen. Auch der bisherige Christoph Bürgenmeier enttäuschte.
Karten werden neu gemischt
Ob er jetzt aus dem Rennen steige, müsse die Partei entscheiden, sagt Strahm. «Wenn es nach mir geht…» – er macht eine eindeutige Geste. Der Rückzug ist aber nur eine von mehreren Optionen, welche die LDP hat. Sie ist plötzlich in einer starken Position. «Wir sind das Zünglein an der Waage», sagt Strahm, durchaus angetan von der neuen Situation.
Schliesst sich die LDP der bürgerlichen Allianz an, wäre der parteilose Wilde, der von CVP, FDP und SVP getragen wird, so gut wie gewählt. Wilde schwang im ersten Wahlgang oben aus, doch nun ist er auf die Stimmen der LDP angewiesen. Ob sich Strahm hinter einen Kandidaten Wilde stellt, lässt er offen. Wie wenig er vom politischen Quereinsteiger hält, der bereits vor vier Jahren als Gemeindepräsident kandidierte, ist offensichtlich. «Die LDP kann sich nur hinter eine Allianz stellen, die für einen regierungsfähigen Gemeinderat sorgt.»
Alle Optionen offen
Damit legt Strahm den Boden für eine Argumentation, welche es den Liberalen erlauben würde, mit der Mitte-Links-Koalition aus SP, Grünen und EVP zusammenzugehen. Diese dürfte sich hinter EVP-Präsidiumskandidatin Kaufmann stellen. Für diese Allianz spricht auch, dass es bei einer Präsidentin Kaufmann Platz für einen zweiten LDP-Gemeinderat geben würde, da Kaufmann doppelt kandidiert hat. Sollten die Liberalen sich der bürgerlichen Allianz anschliessen, dürfte es kaum gelingen, beide Kandidaten in den Gemeinderat zu bringen.
Die strategischen Spielchen laufen bereits, noch am Wahltag führten die Parteien erste Sondierungsgespräche. Doch die Lage scheint komplizierter, als sie ist: Wem auch immer sich die LDP anschliesst, der hat die besten Karten für den zweiten Wahlgang am 23. Februar.