Die Leistungschecks gibt es seit 2013. Viermal werden die Schüler in den Kantonen Aargau, Solothurn, Basel-Landschaft und Basel-Stadt auf einheitliche Weise getestet. Jeweils zu Beginn des dritten und sechsten Primarschuljahres sowie im zweiten und letzten Sekundarschuljahr.
Die Resultate sollten den Firmen die Rekrutierung von Lernenden erleichtern – auf Zeugnisse allein vertrauen die Arbeitgeber schon lange nicht mehr.
«Die Wirtschaft begrüsst den Trend, Bewertungen in der Schule zu harmonisieren», sagte Reto Baumgartner, Leiter Berufsbildung im Basler Gewerbeverband, der «Basellandschaftlichen Zeitung». Anders als die oft nur bedingt vergleichbaren Zeugnisnoten der verschiedenen Kantone sollen die Leistungschecks einen Standard schaffen.
Checks, Checks und noch mehr Checks
Helfen sollten die Leistungschecks auch den Schülern. Diese mussten bislang ausserhalb der Schule private Eignungstests absolvieren, wenn sie sich auf eine Stelle bewarben. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern und eine lange Liste von Tests: Multi Checks, Basic Checks und Berufschecks. Die schulische Überprüfung der Leistung sollte diese überflüssig machen. Diesen Effekt hatten die Checks allerdings nicht.
Die schulexternen Eignungstests werden weiterhin als zusätzliches Instrument zu Zeugnis und Leistungschecks verlangt. Für die privaten Anbieter bedeutet das: «business as usual», weiter wie bisher. Einige haben sogar neue Tests geschaffen.
Zum Beispiel Yousty: Die gemäss eigenen Angaben grösste Lehrstellen-Plattform der Schweiz hat vor Kurzem ihren ersten eigenen Eignungstest entwickelt. Der sogenannte «Berufscheck» fragt in 90 Minuten Fachwissen und Persönlichkeitsmerkmale ab. Bezahlt wird er von den potenziellen Arbeitgebern. Das Geschäft brummt dabei. Auch weil das Vertrauen der Unternehmen in die schulischen Checks nicht immer gegeben ist. «Die ganze Rekrutierung ist von Firma zu Firma anders», schreibt Yousty.
Gewerbe beurteilt drei von vier Checks als «nicht relevant»
Der einst euphorische Gewerbeverband Basel-Stadt äussert sich mittlerweile zurückhaltend zum Nutzen der Leistungschecks. Er interessiert sich nur für den Check S2, der für die 8. und 9. Klasse in den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau und Solothurn obligatorisch ist. «Dieser ist für die Auswertung von Bewerbungen sehr hilfreich», sagt Mediensprecher David Weber. «Es liegt in unserem Interesse, ihn zu behalten.»
Bloss mit der Durchführung dieses Checks sind die KMU-Vertreter nicht ganz zufrieden: «Im Moment ist der S2 im Februar dran. Sinnvoller wäre Mai. Damit vor den Sommerferien ein aktueller Test vorliegt, der dem Bewerbungsschreiben beigelegt werden kann», sagt Weber.
Zu den anderen Checks (S3, P3 und P6) äussert sich der Gewerbeverband nicht. «Die sind für uns vielleicht nicht relevant», sagt Weber. «Ob diese beibehalten oder abgeschafft werden sollen, müssen andere entscheiden.»
Dass die Zahl der Checks und Tests jedes Jahr grösser statt kleiner wird, scheint keinen zu stören: «Die Leistungschecks sind heute eine Ergänzung zu den Eignungstests privater Anbieter und haben diese noch nicht abgelöst. Insofern sind die Eignungstests (Multi-Checks, Basis Checks und Berufschecks) nach wie vor relevant für die Ausbildungsbetriebe und werden entsprechend auch von den meisten verlangt», sagt Weber.
Aleksandra Despotovic, Nachhilfelehrerin beim Lernhaus CO13, ist anderer Meinung. CO13 begleitet arbeitslose junge Erwachsene bei der Jobsuche. «Ich habe ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Leistungschecks und Eignungstests», sagt sie. «Einerseits sind die Ergebnisse davon etwas Zusätzliches zum Vorweisen – neben dem Zeugnis. Andererseits ist es nicht ganz überschaubar, welche Fragen gestellt werden, und die Teilnehmenden müssen oft blind lernen.»
«Mit schulischen Mitteln nicht zu lösen»
Insgesamt ist Despotovic sich nicht sicher, wie viel Sinn die verschiedenen Prüfungen ergeben. Sie stellt zum einen den pädagogischen Nutzen der Leistungschecks infrage und kritisiert zum anderen den grossen Aufwand. «Es gibt häufig Fragen, die nicht mit schulischen Mitteln zu lösen sind», sagt Despotovic.
Damit meint sie Fragen, die nicht das Grundwissen der Schülerinnen und Schüler testen, sondern andere Fähigkeiten wie etwa die Konzentrationsfähigkeit. «Das ist ärgerlich und nicht nachvollziehbar. Vor allem, weil ich sie darauf nicht richtig vorbereiten kann.»
«Mit den Checks möchte die Volksschule die Hoheit über die Beurteilung von Schulleistungen wieder zurückgewinnen.»
Simon Thiriet, Mediensprecher des Erziehungsdepartement, verteidigt die Checks gegen die Kritik: «Die Checks ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit ihren objektiven Leistungsstand bei Lehrstellenbewerbungen ausweisen zu können.»
Er hält nach wie vor am Ziel fest, die privaten Anbieter zurückzubinden. «Mit der Einführung der Checks möchte die Volksschule die Hoheit über die Beurteilung von Schulleistungen wieder zurückgewinnen», sagt er.
Thiriet versichert, dass die Tests laufend verbessert würden: «Wir haben bereits viele Änderungswünsche der Praxis aufgenommen.» Fundamentale Änderungen sind aber nicht zu erwarten. Erziehungsdirektor Conradin Cramer spricht von «einer laufenden Einführungsphase». Es wäre unfair den anderen Kantonen gegenüber, jetzt auszusteigen.
Grosser Rat für Abschaffung
Der politische Druck steigt indes. Die Mehrheit im Grossen Rat will die Leistungschecks innert Jahresfrist ersatzlos streichen lassen und hat im Mai 2018 eine breit abgestützte Motion mit dieser Forderung mit 50 gegen 40 Stimmen bei zwei Enthaltungen an die Regierung überwiesen.
Die Motion verweist auf eine im März 2017 deutlich verabschiedete Resolution von Lehrkräften aller Schulstufen mit der Forderung, die Leistungschecks abzuschaffen. Im Resolutionstext heisst es, die Tests seien förderdiagnostisch unbrauchbar und würden zu einem «Unterrichten auf den Test hin» führen. Zudem bestehe die Gefahr von «unsinnigen Rankings» bis auf Kantonsebene.
Gut möglich, dass sich Basel bald von den Leistungschecks verabschiedet. Und beim derzeitigen Stand der Dinge dürften ihnen auch die Arbeitgeber nur leise nachtrauern.