Nach ihrem direkten Einzug in die Regierung steht Elisabeth Ackermann nun kurz vor ihrer Wahl zur Regierungspräsidentin. Von ihrem Vorgänger Guy Morin wird sie sich nicht gross unterscheiden. Der Wahlkampf habe sie selbstsicherer und stärker gemacht, sagt Ackermann im Interview.
Elisabeth Ackermann ist Beifahrerin im zweiten Wahlgang der Regierungsratswahlen, der kommenden Sonntag stattfindet. Für die Grüne geht es um nichts mehr. Mit dem Rückzug von Baschi Dürr (FDP) ist die 53-Jährige quasi unangefochten Kandidatin fürs Regierungspräsidium. Ihre Wahl ist nur noch Formsache.
Im Interview kann sie sich deshalb auch schon über ihre künftige Funktion als Sitzungsleiterin der Regierung und Vorsteherin des Präsidialdepartements äussern. Sie lege viel Wert auf Loyalität und Spielregeln, sagt sie.
Elisabeth Ackermann, noch vor dem Wahlsonntag steht bereits fest: Sie sind Basels neue Regierungspräsidentin. Ein komisches Gefühl für Sie?
Ein bisschen, zumal ich in einer speziellen Zwischenphase bin: Ich bin bereits als Regierungsrätin gewählt, aber noch nicht als Präsidentin und befinde mich dafür noch im Wahlkampf.
Wie schon 2008 bei Guy Morin hat Basel erneut keine wirkliche Wahl fürs Regierungspräsidium. Nur Sie und Eric Weber stehen für das Amt zur Verfügung, was ziemlich langweilig ist.
Dieses Mal ist die Situation anders als vor acht Jahren. Damals wurde Guy Morin ja in stiller Wahl gewählt. Dieses Mal gab es einen ersten Wahlgang – in diesem erzielte ich 3500 Stimmen mehr als mein Kontrahent Baschi Dürr. Das ist ein eindeutiges Ergebnis. Dass ich nun faktisch bereits zur Regierungspräsidentin gewählt bin, hat mit dem Rückzug von Baschi Dürr zu tun, der mich sehr überrascht hat. Aber 3500 Stimmen Vorsprung sind beinahe nicht einzuholen – es ist deshalb verständlich, dass er sich zurückgezogen hat.
Sie waren in den letzten Wochen im Wahlkampf nicht mehr wirklich präsent. Sind Sie froh darüber?
Es ist verständlich, dass sich die Medien auf die Kandidaten konzentrieren, die noch nicht gewählt sind. Dennoch war ich in den vergangenen Wochen viel mit Hans-Peter Wessels und Heidi Mück unterwegs. Das hat Spass gemacht, zumal viele Leute auf mich zukamen und das Gespräch mit mir suchten.
Entgegen allen Erwartungen wurden Sie auf Anhieb in die Regierung gewählt. Ist diese Situation immer noch surreal für Sie?
Es kommt mir manchmal immer noch wie in einem Film vor. Dieses Resultat freut mich unbeschreiblich. Ich wurde auch von vielen Leuten, die ich nicht kenne, darauf angesprochen. Das ist toll.
«Äusserst wichtig ist mir, dass man die Spielregeln einhält, hier bin ich relativ strikt.»
Sie waren nun lange im Wahlkampf. Inwiefern hat Sie dieser in den letzten Monaten verändert?
Ich glaube, dass ich selbstsicherer und stärker geworden bin. Aber man muss auch einiges einstecken. Das geht nicht spurlos an einem vorbei.
Sie wurden beispielsweise für Ihren Kleidungsstil kritisiert. Immer wieder wurden Sie auch als Gitarrenlehrerin abgestempelt. Traf Sie das?
Es gibt Kritik, die mich trifft, und solche, die mich nicht kümmert. Das mit der Gitarrenlehrerin geht an mir vorbei. Denn das bin ich – und darauf bin ich auch stolz. Ich weiss nicht, weshalb ich deshalb angegriffen werde. Es ist klar, dass ich meine Führungserfahrung nicht im Beruf, sondern in meiner politischen Arbeit gesammelt habe. Dann gibt es Kritik – wie jene für den Kleidungsstil –, die man hinterfragt.
Im Februar 2017 treten Sie Ihr Amt an. Was macht Ihnen am meisten Angst?
Angst ist das falsche Wort, denn hätte ich Angst, hätte ich mich nicht für das Amt beworben. Aber eine grosse Herausforderung wird sicher die Sitzungsleitung der Regierung sein. Ich werde die Sitzungen eines Gremiums führen, ohne jemals daran teilgenommen zu haben. Das ist schon speziell. Ich gehe aber mal davon aus, dass ich gute Unterstützung erhalten werde.
Als Regierungspräsidentin werden Sie auch permanent im Rampenlicht stehen. Macht Ihnen das keine Mühe?
Ich denke nicht, zumal ich es von meinem Amtsjahr als Grossratspräsidentin gewöhnt bin.
Das ist kein wirklicher Vergleich: Grossratspräsidentin ist man während eines Jahres, Regierungspräsidentin wohl viele Jahre.
Klar, das ist ein Unterschied. Ich blicke dieser Tatsache aber gelassen entgegen – da ich auch auf persönliche Unterstützung und Beratung zählen kann.
Inwiefern werden Sie sich als Regierungspräsidentin von Ihrem Vorgänger Guy Morin unterscheiden?
Wir sind unterschiedliche Personen und gehen sicher anders auf die Leute zu. Ich habe aber immer gesagt, dass ich vieles von seiner Arbeit fortsetzen möchte. Ein paar Sachen werde ich bestimmt anders machen: So möchte ich die Wiedereinführung der Behindertenfachstelle prüfen und eine neue Städtepartnerschaft aufgleisen. Ich werde bei meinem Amtsantritt im Februar aber sicher das ganze Departement grundsätzlich anschauen, das ist klar.
«Es ist verständlich, dass Baschi Dürr sich zurückgezogen hat.»
Was kann man von Ihnen als Chefin erwarten?
Mir ist der persönliche Kontakt zu meinen künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr wichtig. Ich lege auch viel Wert auf persönliche Gespräche. Äusserst wichtig ist mir, dass man die Spielregeln einhält, hier bin ich relativ strikt. Ich lasse nicht auf mir herumtrampeln.
In Ihrem künftigen Departement gibt es auch starke Persönlichkeiten wie den Kantons- und Stadtentwickler Thomas Kessler, der ab und zu vom Gesamtregierungsrat Kritik einstecken muss. Werden Sie ihn strenger führen als Guy Morin?
Im Prinzip finde ich starke Persönlichkeiten als Chefbeamte in der Verwaltung, die auch mal was sagen und anregen, sehr gut. Es braucht solche Leute. Aber es ist klar: Sie müssen mir, dem Departement und dem Kanton gegenüber loyal sein. Sonst funktioniert es nicht.
Ein solches Amt verändert bestimmt auch. Wie wollen Sie auf keinen Fall werden?
Ich hoffe, dass ich nicht zu misstrauisch werde. Ich kann mir vorstellen, dass diese Gefahr besteht, wenn so viele Menschen auf einen zukommen und man nie wissen kann, was für konkrete Absichten dahinterstecken könnten.