Die Schöne im Wolfspelz

Sie ist 22 Jahre jung, heisst Le Pen – und ist seit Sonntag neue Abgeordnete des Front National im französischen Parlament. Wer ist Marion Le Pen?

Die Jungpolitikerin Marion Le Pen zeigt sich volksnah. (Bild: Keystone)

Sie ist 22 Jahre jung, heisst Le Pen – und ist seit Sonntag neue Abgeordnete des Front National im französischen Parlament. Wer ist Marion Le Pen?

Sie hat nicht den Hass ihres Grossvaters, nicht die Häme ihrer Tante. Aber Marion Maréchal-Le Pen (hier im Youtube-Video) trägt ihren Namen – «eine Last und eine Ehre», wie sie im Wahlkampf sagte. Und sie vertritt auch ihre Ideen: Die 22-jährige Jurastudentin hat am Sonntag als eine von zwei Front National-Kandidaten den Einzug in die Nationalversammlung geschafft. Damit ist sie die jüngste Abgeordnete der Fünften Republik. Sie macht gerade ihre Doktorarbeit, doch ihre Pfirsichhaut und die schüchternen Auftritte lassen eher an einen Teenager denken, der zu früh in die Erwachsenenwelt gestossen wurde.

Und gestossen wurde die schlanke Blonde, auch wenn sie das heftig bestreitet. Ihr Grossvater Jean-Marie Le Pen, Gründer des rechtsextremen Front National (FN), der das unschöne Gesicht Frankreichs verkörpert, wollte Rache nehmen an Carpentras, der Provence-Stadt, wo man seine Anhänger 1990 fälschlicherweise der Schändung des jüdischen Friedhofs bezichtigt hatte. «Der Alte» schickte seine Enkelin Marion vor, eine von der «guten Rasse» Le Pen, wie er sich auszudrücken beliebt.

Sie, die unbedarfte Studentin, die im Pariser Nobelvorort Saint-Cloud aufgewachsen ist und von Carpentras so gut wie nichts kannte, sollte zwei engagierte Linkskandidaten ausbremsen und den lokalen, mit allen Wassern gewaschenen Platzhirsch der bürgerlichen Partei UMP vom Sockel stossen. Marion in der Löwengrube, feixten viele, die etwas von den vertrackten Klientelbeziehungen der Provence wissen.

Löwenkind mit Jugendcharme

Doch Marion, das Löwenkind, frass sie alle auf. Auf den Marktplätzen liess sie ihren jugendlichen Charme spielen; lächelnd sprach sie sich gegen Vetternwirtschaft und Immigration aus. Das schöne Gesicht des unschönen Front-Gesichts punktete als Light-Ausgabe ihrer Tante Marine Le Pen, der heutigen FN-Präsidentin, die poltert und wettert wie ihr Vater Jean-Marie. Marion bringt es harmlos. Aber wenn ihr Opa geifert und herfällt über die Araber, die Juden und die «Sozialokommunisten» (dazu zählt er auch die Bürgerlichen), dann applaudiert Marion. Den Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit weist sie zurück. Aber den Hasstiraden ihrer älteren Verwandten jubelt sie trotzdem zu, von den Online-Kommentaren ihrer Anhänger, die sie als Jeanne d’Arc gegen die «Zionisten und Freimaurer» feiern, distanziert sie sich nie.

In der Nationalversammlung muss Marion Le Pen selber ran. Neben ihr sitzt nur noch Gilbert Collard, ein redegewandter Staranwalt, für den FN im Parlament. Für die schüchterne und doch verwegene Marion scheint der Job angesichts der anstehenden Redeschlachten gegen 575 gegnerischer Abgeordnete noch eine Nummer zu gross. Aber das behauptete schon ihr gewiefter Rivale im Wahlkreis von Carpentras. «Ich werde nicht nur eine Attraktion für die Klatschpresse sein», warnt sie voraus. Nein, Marion will Politik machen. Die Politik ihrer Rasse.

Quellen

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