Während bei US-Unternehmen die anfängliche Kuba-Euphorie verflogen zu sein scheint, wird die Karibikinsel als Markt für Schweizer Firmen immer interessanter. Doch die US-Blockade sorgt noch immer für Hindernisse.
Sie waren die Gesichter des Tauwetters zwischen den USA und Kuba, doch nun haben sich Saúl Berenthal und Horace Clemmons von der Insel abgewandt. Berenthal, als Spross einer jüdischen Familie in Havanna geboren, und sein Partner Horace Clemmons sind die Eigentümer des Traktorenherstellers Cleber LLC. Sie waren seit 50 Jahren die ersten Unternehmer, denen die US-Regierung erlaubte, ein Werk in Kuba zu eröffnen.
In der Sonderwirtschaftszone Mariel (ZEDM) vor den Toren Havannas, einem Prestigeprojekt der kubanischen Regierung, sollte eine Fertigungsstätte der eigens für die Anforderungen der kubanischen Landwirtschaft entworfenen Modelle des Traktorenbauers aus Alabama entstehen.
Ein Jahr später ist das Projekt still und leise begraben worden. Die kubanische Seite hat dem Werk in Mariel die Genehmigung verweigert. Eines der Ziele der Sonderwirtschaftszone sei es, Hochtechologie und umweltfreundliche Verfahren anzusiedeln. Das sei bei Cleber nicht der Fall gewesen, weshalb das Projekt in der beantragten Form abgelehnt wurde, erklärt die für die Genehmigungsverfahren in Mariel zuständige Direktorin, Wendy Miranda Borroto.
Aufgeben wolle Cleber jedoch noch nicht, sagt Berenthal. Man suche nun nach anderen Wegen. Wahrscheinlich werde man die Traktoren in den USA zusammenbauen und dann exportieren.
Beat Agostini ist Chef der Agostini GmbH, eines Schweizer Familienunternehmens, das nach eigenen Angaben seit 20 Jahren auf Kuba präsent ist und Technologie-Hersteller aus verschiedenen Ländern, vor allem aus der Druckindustrie, vertritt. Er pflichtet Miranda bei. Dass es erst relativ wenige konkrete Projekte gebe, hänge mit der sehr frühen Ausschreibung zusammen und damit, dass die Infrastruktur noch nicht komplett fertig sei.
Zudem sei die US-Politik weiter ein Problem: «Viele Unternehmen, die dort vielleicht investieren könnten und wollten, vor allem grössere Firmen, machen das nicht, weil das US-Embargo für sie eine grosse Gefahr ist. Wenn das Embargo einmal gefallen ist, werden die Investitionen zunehmen und es wird mehr konkrete Projekte geben.»
Für Schweizer Unternehmen treffe die Zurückhaltung jedoch nur bedingt zu. «Da gibt es nicht unbedingt einen Stillstand», so Agostini. «Aus der Schweiz gibt es ein relativ grosses Interesse.» Das zeigt auch die Tatsache, dass die Schweizerisch-Kubanische Handelskammer, eine nichtstaatliche Organisation, in der eidgenössische Unternehmen mit Geschäftsinteressen auf Kuba zusammengeschlossen sind und deren Vorstandsmitglied Agostini ist, derzeit 60 Mitglieder hat, davon zehn multinationale Unternehmen. «Es warten alle so ein bisschen auf die Gelegenheit und den idealen Zeitpunkt, um Projekte zu realisieren.»
Banken arbeiten nicht mit Kuba
Dazu passt, dass der Schweizer Auftritt auf der Havanna-Messe grösser ist als in den vorangegangenen Jahren. Überhaupt hält Agostini Kuba für einen sehr attraktiven Markt, der zudem einiges mit der Schweiz gemein habe: «Es sind zwei kleine Länder, politisch stabil, wenn auch sehr unterschiedlich, beide haben ein kulturell hohes Niveau, beide sind irgendwie eine Insel …»
Kuba habe, wie andere Standorte auch, seine Vor- und Nachteile: Auf der einen Seite gebe es viel Bürokratie; «auf der anderen Seite hat man einen sehr soliden Partner, der beispielsweise, was Finanzen anbetrifft, mit überschaubaren Verzögerungen seinen Verpflichtungen immer nachgekommen ist.» Apropos Geld. Ein Problem seien die Finanzierungsmöglichkeiten, räumt Agostini ein. «Es gibt keine Schweizer Bank mehr, die mit Kuba zusammenarbeitet.»
Im Jahr 2009 war die Credit Suisse wegen Geschäften mit Kuba in den USA zu einer Strafe von 536 Millionen US-Dollar verdonnert worden. Die zweitgrösste Bank der Schweiz weigert sich seitdem, Gelder nach Kuba zu überweisen. Im Dezember 2012 hatte zudem die staatliche Zürcher Kantonalbank (ZKB), die grösste Kantonalbank und viertgrösste Schweizer Bank, auf Druck der USA den Zahlungsverkehr mit Kuba eingestellt.
Gute Aussichten für Schweizer Firmen
In die Bresche springen private Finanzierer. Laut Agostini zeigten diese sich zunehmend flexibler, da die Zinssätze sehr interessant seien und das Ausfallsrisiko in Kuba im Grunde gegen null tendiere. Agostini verweist auch auf die SERV, die Schweizerische Exportrisikoversicherung. Wenn man ein Schweizer Produkt anbiete, könne man diese in Anspruch nehmen und «dann hat man eine sehr elegante Absicherung mit einem eleganten Zins und wahrscheinlich kann man sehr gute Geschäfte abschliessen».
Die Aussichten jedenfalls hält der Mann von der Handelskammer für sehr gut: «Kuba ist sehr interessiert an Geschäften mit der Schweiz. Jetzt geht es darum, Projekte zum Laufen zu bringen.»