Ohne grosse Reden feierte die SP Basel am 27. Juni ihr 125-jähriges Bestehen. Zum Jubiläum liess man lieber Bilder sprechen und versteigerte historische Wahlplakate.
Es passiert nicht oft, dass Anita Fetz von ihrer Partei gebeten wird, die Klappe zu halten. Umso amüsanter ist es, wenn das doch einmal der Fall ist. Als Fetz am vergangenen Samstag vor die Türe des SUD trat um frische Luft zu schnappen und mit lauter Stimme die verrauchte Luft monierte, schallte ihr ein dutzendfaches «Pssst!» entgegen.
Die Grande Dame der Basler SP schaute erstaunt, der Lärmschutz im Burgfelderweg war dahin. Drinnen im SUD feierte die SP Basel ihr 125-jähriges Bestehen, draussen brach man in Gelächter aus.
Auch sonst eher authentisch als politisch feierte sich Basels sozialdemokratische Partei vor der Sommerpause, bevor im Herbst der Wahlkampf ansteht. Mit etwa 150 Besuchern hatte die SP Basel gerechnet, es kamen trotz des guten Wetters und einiger Konkurrenzveranstaltungen knapp 100, der Grossteil davon in Feierlaune.
125 Jahre, damit ist die SP Basel drei Jahre älter als der FCB, was für Basel eine stabile Vergleichsgrösse abgibt. Lange Reden und elaborierte Rückblicke gab es nicht. Spannend war nicht die lokale Politprominenz sondern etwas anderes.
Die SP liess statt Menschen Bilder sprechen und versteigerte alte Wahlplakate zugunsten der Wahlkampfkasse der JUSO. Für zwischen 100 und 500 Franken gingen die die Werke über den Tisch. Etliche dieser Zeitzeugnisse würden heute nicht weiter auffallen, andere schon. Ob das ein Zeichen des Fortschritts ist, davon, dass Geschichte sich wiederholt, oder dass Wahlplakate Kunst und somit zeitlos sind, blieb unentschieden.
1927: Gegen Spiessbürger und für das Frauenstimmrecht
Eines der älteren versteigerten Wahlplakate stammt von 1927, gezeichnet wurde es von Willi Wenk. Es handelt vom Frauenstimmrecht, das bis zu seiner Einführung bekanntlich noch ein paar Jahre warten musste.
Wahlwerbung damals: Dieses Wahlplakat anlässlich einer Abstimmung vom 15. Mai 1927 stammt von Willi Wenk. (Bild: Daniela Gschweng)
1958 führte Riehen als erste Schweizer Gemeinde das Frauenstimmreicht ein. Der Spiessbürger im Bild sagt übrigens «Der Staat bin ich, was geht das die Frauen an?», was für Unkundige heute nicht mehr ohne weiteres lesbar ist.
1932: Für legale Abtreibung
Ganz anders diese Veranstaltungsankündigung des Grafikers und Lithografen Theo Ballmer, der bekannt ist für seine grafischen Plakate. Vorgestellt wurde die Vortragsankündigung des Aktionskomitees für Geburtenregelung und Sexualberatung, gerichtet gegen das Abtreibungsverbot, natürlich, von Anita Fetz.
Dieses Plakat von Theo Ballmer wurde 1932 für so anstössig befunden, dass die Zeichnung überklebt werden musste. Der Text durfte bleiben. (Bild: Daniela Gschweng)
An der Lesbarkeit konnte da kein Zweifel bestehen. Der katholische Frauentag befand das Plakat vom November 1932 als so anstössig, dass die Zeichnung überklebt werden musste. Erst 70 Jahre nach diesem Plakat wurde die bis heute geltende Fristenregelung zur Abtreibung eingeführt.
1920: Für den acht-Stunden-Tag
Thematisch irgendwie bekannt könnte einem dieses Werk vorkommen. Es stammt vom Februar 1920 und wirbt für den acht-Stunden-Tag. Bezogen auf die damals übliche sechs-Tage-Woche, wohlgemerkt.
Erstellt 1920, thematisch aber ziemlich modern: Ein Plakat zur kantonalen Abstimmung über den 8-Stunden-Tag von Carl Scherer. (Bild: Daniela Gschweng)
1936: Kantonsfusion
Genauso wie dieses hier. Ein Wiedergänger und ein rares Stück, vermutlich. Über die Wiedervereinigung beider Basel wurde nicht nur einmal abgestimmt. Die Wiedervereinigungsinitiative von 1936 wurde zwar an- aber auch kontrovers aufgenommen.
Plakat zur Wiedervereinigungsinitative vom 23. Februar 1936 von Louis Moor. (Bild: Daniela Gschweng)
Die meisten Plakate wurden im Wahlkampf zerstört. Ob die Charaktere auf diesem Plakat die Baslerstäbe nun eher auseinandernehmen oder zusammenfügen wollen, darüber ist man sich bis heute nicht einig.
1935: Kriseninitiative
Und Krise, ja die kennt man auch. Hier auf einem Plakat von Johann Arnold vom Juni 1935 anlässlich der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren, die viele Schweizer in Not brachte. Wogegen die SGB und SP sich ein aktiveres Handeln der Regierung wünschten.
Johann Arnold fertigte dieses Plakat zur Kriseninitiative, über die am 02. Juni 1935 abgestimmt wurde. (Bild: Daniela Gschweng)
Erfolglos – die Kriseninitiative wurde in Basel zwar angenommen, gesamtschweizerisch jedoch abgelehnt.
Fotografischer Klassiker von 1931
Ebenfalls aus den 1930ern stammt dieser Klassiker. Dieses Plakat ist noch dazu eines der ersten, auf denen eine Fotografie verwendet wurde. Fotografiert wurde es von Fotoreporter Paul Senn, einem der ersten Fotografen, der das Alltagsleben in der Schweiz dokumentierte. Vorgestellt und ersteigert wurde es von Mustafa Atici «für das Nationalratsbüro». Da war dann doch schon wieder Wahlkampf.
Ein klassisches politisches Plakat: hier fotografierte Paul Senn ein Paar aus dem Arbeiterturnverein Bümpitz. (Bild: Daniela Gschweng)