«Die SP-Fraktion ist brav geworden»

Im  Interview mit der TagesWoche erklärt Rudolf Rechsteiner, weshalb er wieder in den Grossrat möchte und was ihn an der Grossratsfraktion stört: Sie sei zu brav geworden. Und weil das Grossratsmandat kein Vollzeitjob sei, will sich der alt Nationalrat die Zeit dafür nehmen.

Ruedi Rechsteiner will nach einer zweijährgen Pause wieder in die Politik. (Bild: ZVG)

Im  Interview mit der TagesWoche erklärt Rudolf Rechsteiner, weshalb er wieder in den Grossrat möchte und was ihn an der Grossratsfraktion stört: Sie sei zu brav geworden. Und weil das Grossratsmandat kein Vollzeitjob sei, will sich der alt Nationalrat die Zeit dafür nehmen.

Sie befindet sich nicht in einer guten Lage, die Basler SP: Bei den letzten Nationalratswahlen verlor die traditionell starke kantonale Sektion massive 6,6 Prozent Wähleranteil. Für die kommenden Grossratswahlen am 28. Oktober 2012 ist die SP deshalb mehr denn je auf gute Köpfe angewiesen, wenn sie ihre Sitze im Grossen Rat halten – oder gar zulegen – möchte. Köpfe wie Rudolf Rechsteiner – es erstaunt deshalb nicht, dass die Partei ihren ehemaligen Nationalrat angefragt hat, ob er sich für eine Grossratskandidatur zur Verfügung stellt. Und sie hat Glück: Ruedi Rechsteiner, der 15 Jahre lang in der grossen Kammer sass, will nach einer zweijährigen politischen Auszeit wieder für seine Partei aktiv werden.

Der Parteivorstand hat den 54-jährigen Ökonomen gestern Abend für den Grossen Rat nominiert. Am Mittwoch, 7. März 2012, entscheidet die Delegiertenversammlung darüber. SP-Präsident Martin Lüchinger freut sich über die namhafte Kandidatur: «Damit wir die Wahlen gewinnen können, ist es wichtig, dass wir eine klare ausgewogene Liste haben – und zwar mit profilierten wie auch jungen motivierten Leuten.» Im Interview mit der TagesWoche erklärt Rudolf Rechsteiner, weshalb er sich nochmals auf das politische Parkett wagt und was die SP-Grossratsfraktion besser machen sollte.

Herr Rechsteiner, vor zwei Jahren haben Sie sich als Nationalrat aus der Politik zurückgezogen. Nun kandidieren Sie für den Grossen Rat. Es muss Ihnen als Nicht-Politiker ja sehr langweilig sein.

Nein, überhaupt nicht. Ich geniesse mein Privatleben sehr. Es ist wunderschön, mehr Zeit für meine Kinder zu haben.

Und wieso denn das Comeback?

Beim Grossratsmandat handelt es sich, anders als beim Nationalratsmandat, nicht um einen Vollzeitjob. Massgeblich für den Entscheid war aber, dass viele Leute mit diesem Anliegen auf mich zugekommen sind. Und nebenbei hat auch Fukushima Einfluss auf meine Kandidatur. Denn in der Kantonspolitik muss es nun schneller vorwärts gehen.

Die Basler SP steht nicht gut da, wie die letzten Nationalratwahlen bewiesen haben. Inwiefern spielte auch diese Tatsache für Sie eine Rolle?

Das war nicht das Ausschlaggebende. Ich habe nach wie vor Freude an der Politik und freue mich, wenn ich den Kolleginnen und Kollegen Inputs geben darf.

Sie sind mit der Arbeit der SP-Grossratsfraktion also zufrieden?

Es ist sicher so, dass eine starke Regierung im Parlament eine starke Abstützung braucht. Das heisst aber nicht, dass die Fraktion gegenüber den eigenen Leuten nicht kritisch sein darf. Sie braucht eine eigene Linie.

Und die hat die SP-Fraktion nicht?

Sie ist brav geworden. Man hat dort das Gefühl, dass die Regierung alles erledigen werde – und das ist ja nicht der Fall. Die Regierung muss doch den Druck von unten spüren. In diesem Sinne wünsche ich mir eine SP-Fraktion, die auch prononciert auftritt und heisse Themen anspricht. Man hat in den letzten Jahren nicht viel von der Fraktion gehört. Nichtsdestotrotz hat sie solide Arbeit geleistet.

In diesem Fall dürfen wir davon ausgehen, dass Sie künftig im Parlament Ihren Genossen Eva Herzog, Hans-Peter Wessels und Christoph Brutschin an die Gurgel springen werden?

Ich kandidiere bestimmt nicht, um Lobeshymnen für Eva Herzog, Hans-Peter Wessels und Christoph Brutschin zu singen. Aus dem Amt hieven möchte ich sie aber auch nicht (lacht).

Für was wollen Sie sich in Basel einsetzen?

Mein erstes Anliegen im Grossen Rat wäre, dass es für Sonnenanlagen auf den Dächern keine Bewilligung mehr braucht – ausser bei denkmalgeschützten Gebäuden. Zudem ist mir auch wichtig, dass wir nicht so enden wie unser Nachbarkanton Baselland. Mit Steuersenkungen muss man sehr vorsichtig sein. Man darf den Staat nicht aushöhlen, wie es die Bürgerlichen immer wollen.

Fast zwei Jahrzehnte lang haben Sie in Bern politisiert und waren in den nationalen Medien sehr gefragt. Fällt es Ihnen nicht schwer, wieder in der Provinzstadt Basel Politik zu machen?  

Nein, im Gegenteil. Hier ist es wahnsinnig heimelig. Es ist doch schön, wenn man in seiner direkten Umgebung etwas bewirken kann.

Quellen

– Medienmitteilung der Basler SP

– Telefoninterview mit Ruedi Rechsteiner

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