Die Helvetia-Versicherung darf ihre umstrittenen Neubaupläne am Steinengraben verwirklichen. Das hat das Basler Verwaltungsgericht in einem Urteil entschieden. «Diese Häuserzeile ist ein Anachronismus. Eine Stadt entwickelt sich, das muss sie auch können», sagte der Anwalt der Hausbesitzerin – und das Gericht teilte seine Meinung vollumfänglich. Die Helvetia kann also historische Wohnhäuser aus dem Jahr 1870 abreissen und einen Bürobau mit Penthouse-Wohnungen hinstellen.
Abgewiesen wurden auch Bedenken hinsichtlich des Baumschutzes, des Naturschutzes und der Zweckentfremdung von Wohnraum. Die fünf geschützten Bäume dürfen gefällt und ersetzt, der von der Stadtgärtnerei als schützenswert eingestufte Garten im Hinterhof darf zerstört werden. In beiden Fällen machte das Gericht ein höher gelagertes Interesse der Bauherrin an einer Tiefgarage geltend. Das Dreiergericht, bestehend aus je einem Vertreter der FDP, der SP und der Grünen, stützte dabei einen Entscheid des Baudepartements.
Die Gelegenheit, die Auslegung des Wohnraumfördergesetzes zu ändern, liess das Gericht aus. Gefordert hatte das der Mieterverband in einer Verbandsklage. Das Gesetz verlangt, dass bei einem Abriss mindestens gleich viel Wohnraum neu entstehen muss. Vor Gericht ging es nun konkret um die Frage, ob es im Sinne des Gesetzgebers war, dass sich etwa Parkplätze als erweiterte Wohnfläche anrechnen lassen. Die Richter bejahten die Berechnungsweise über die sogenannte Nettogeschossfläche und stützen damit die aktuelle Wohnbaupolitik.
«Planungssicherheit für Investoren und Hausbesitzer»
Gerichtspräsident Stephan Wullschleger argumentierte, es sei im Sinne des Gesetzgebers gewesen, «Planungssicherheit für Investoren und Hausbesitzer» zu schaffen.
Für Beat Leuthardt, Leiter der Rechtsabteilung des Mieterverbands, kommt das Urteil «überraschend». Es sei sehr einseitig zugunsten der Helvetia ausgefallen. Von einem rot-grün besetzten Gericht hätte er eine Korrektur an der investorenfreundlichen Praxis in Basel erwartet. Ein Weiterzug des Urteils ans Bundesgericht werde nun geprüft.